Für den zweiten Teil seiner Mütter-Trilogie wiederholte Argento das Konzept des Vorgängers und überbetonte jede Szene mit den knalligsten Farben. Die ganz besondere Aura, die „Inferno“ dabei verströmt, ist mit der von „Suspiria“ durchaus zu vergleichen, doch leidet der Film unter seinem noch schwächeren Drehbuch.
Sehr reizvoll ist noch der ungewöhnliche Umgang mit seinen Hauptfiguren, denn bis er sich endlich für eine entscheidet, ist bereits mehr als ein Drittel verstrichen, während die ursprünglich ausgemachte unversehens aus der Geschichte verschwindet. Wo er vollends versagt, ist das Deutlichmachen der Motivationen der handelnden Akteure, die sich ohne Sinn und Verstand von einem Set zum nächsten bewegen, ohne daß man ansatzweise nachvollziehen könnte, was sie vorhaben bzw. warum sie das tun, was sie tun. Mit gesundem Menschenverstand hat ihr Verhalten nur noch wenig zu tun. Das läßt sich wiederum auch nicht damit entschuldigen, daß alles nur ein böser Traum sein könnte, was ebenso als Argument von vielen Argento-Fans herangezogen wird wie das, daß man sich doch von seinem im Kopf festgelegten Schema eines sinnvollen Handlungsverlaufs verabschieden und sich wie die Protagonisten in den überfallartig daherkommenden Bildern verlieren möge und nicht alles hinterfragen solle. Wer sich davon freimachen kann, okay – ich indes kann es nicht. Idiotie bleibt Idiotie, auch wenn sie hübsch verpackt ist.
Seinen stärksten Trumpf zieht „Inferno“ bereits nach rund zehn Minuten mit dem Tauchgang, der zugleich wie kaum eine andere Szene alle Stärken (optisch und von der Stimmung her) und Schwächen (inhaltlich) des Regisseurs in sich vereint. Danach gelingen Argento zwar in gewohnter Manier immer noch einige atmosphärische Highlights – wie üblich insbesondere beim Inszenieren der Mordszenarien –, aber sie reichen nicht mehr an die Klasse heran, von der finalen Konfrontation mit der Hexe ganz zu schweigen, die logisch nun gar nicht mehr erklärt wird. Hinzu kommt die Abwesenheit des Goblin-Scores, der ja in den Argento-Filmen nicht immer paßte, aber wie schon in „Suspiria“ aufgrund der allgegenwärtigen Irrealität eine gute Wahl gewesen wäre. Die Lücke kann Keith Emerson mit seinem Klangteppich nicht schließen.
Somit ist „Inferno“ in jeder Hinsicht der schwächere „Suspiria“ und tritt den Beweis an, daß Erfolgsformeln nicht beliebig reduplizierbar sind. Wie immer gilt: Form über Inhalt kann funktionieren, aber zu glauben, es reiche aus, Menschen in bunte Sets zu werfen und unverständliche und dumme Dinge tun zu lassen, woraus sich noch unverständlichere Dinge ergeben, wenn die Optik dafür doch umso mehr reinhaut, ist auch etwas kurz gedacht. 6/10.