Den meisten hier wird an Stelle des später reißerisch als The Punishment of Anne umbenannten The Image von Radley Metzger mit Secretary - Womit kann ich dienen? von Steven Shainberg ein viel jüngeres Beispiel der vorurteilsfreieren Behandlung sadomasochistischer Themen ein Begriff sein. Doch wo Shainberg seinen Protagonisten letztendlich doch eine Manie andichtet, die nur als Perversion scheint, so lange seine Hauptfiguren sich nicht zusammen in einer gemeinsamen Normalität finden und sich quasi entladen können, stellt Metzger eine Perversion gar nicht zur Diskussion. In poetischen Bildern wagt er der Neugierde viel, zeigt ein Feingefühl für ein erotisches Prickeln, in dem er weit mehr zeigt als der gewöhnliche Spielfilm, dann aber doch immer wieder die Linse abwendet, als könne man lustvoll die Augen schließen, anstatt wirklich jedes Detail graphisch sehen zu müssen.
Basierend auf dem Roman L'Image von Catherine Robbe-Grillet (unter dem Pseudonym Jean de Berg) erzählt Metzger in 10 Kapiteln von der Begegnung zwischen dem Schriftsteller Jean und seiner Bekannten Claire, die auf einer Party von ihrer Freundin Anne begleitet wird. Der Zuschauer ist im Folgenden eingeladen einem modernen Liebesdrama zu folgen, einer fleischlichen Abenteuerreise, die sich zwar auch Lustphantasien beinhaltet, jedoch vor allem natürlichen Gesetzen von Anziehungskräften, Neugierde und Hingabe unterstellt ist.
So führt Claire wissend um das Interesse Jeans an Anne diese als ihre Unterworfene vor. Sie genießt es, gleichzeitig Anne durch bloßstellende Handlungen zu erniedrigen und Jean durch den Anblick zu erregen, wobei Anne in dieser Ménage à trois durch ihre Vorlieben keinesfalls benachteiligt ist. Vorurteile des Zuschauers werden umgehend ausradiert, als Jean zufällig Anne an einem Buchstand beobachtet, wo sie plötzlich ein bestimmtes, energisches Auftreten besitzt und Jean bei seinem Annäherungsversuch schnell in seine Schranken verweist. Ihre Beziehung kann erst durch Claire wachsen, die Anne sogar gern als Gespielin verleihen mag. Mit der Zeit stellt sich jedoch heraus, daß Claire in Anne eine Projektionsfläche für ihre Gelüste sucht, eine subtile Spur von Aufforderungen gelegt hat, bis sie sich schließlich switchend dem Drängen Jeans hingeben kann.
Genaugenommen müßte man The Image als Pornographie bezeichnen. Radley Metzger scheut sich nicht, Geschlechtsteile vor die Kamera zu bringen, wobei Anne zweifach zum Urinieren angehalten ist, während Jean oft sein steifes Glied zum Oralverkehr feilbietet. Doch tatsächlich erzählen diese Bilder, nebst Peitschenhieben und Bondagespielen, einfach eine Geschichte, die sogar schauspielerisch so gut gelöst ist, daß man nur schwerlich von ausschließlicher Mimik ausgehen mag. Metzgers Film verurteilt das Geschehen nicht, genauso wie er auch nicht vorraussetzt, daß jeder diese Handlungen nachahmen müsse. Er stellt die Szenen glaubhaft dar, so wie sie möglich wären und er überläßt es dem Zuschauer zu erforschen, ob es einen Reiz auf ihn ausüben könnte.
Erfrischend anders als ein herkömmlicher Folterfilm, in dem das Opfer selten eine Alternative zu haben scheint, stellt Metzger vielleicht viel mehr einen Lückenschluß zur Malerei her. Er bildet innerhalb idealer Grenzen extrem ausgelotete Beziehungsgeflechte ab, die in ihrer Ausführung sicher Anstoßmöglichkeiten bieten, jedoch in einer so gewählten Photographie erstrahlen, daß man - zumindest vom heutigen Standpunkt - ein schmuddeliges Pornokino nicht als den richtigen Ort erachtet, The Image vorzuführen. Metzgers damalige Freundin Rebecca Brooke, die vor diesem Film auch an der Broadwayversion von Hair mitgewirkt hatte, unterstützt in ihrer Rolle der Anne als Motiv selbstverständlich den Eindruck von Schönheit, fasziniert jedoch auch als Rätsel zwischen Unterwürfigkeit und heimlicher Herrschaft in diesem Spiel.
Daß wir den Hintergrund der Figuren nicht kennen, erweist sich als durchaus positiv, entsteht so doch der Eindruck, daß der Moment von Interesse ist und nicht die Vergangenheit. In der Gegenwart aber gibt es genügend Gelegenheit, sich in die Figuren einzufühlen, ja sogar Lust, Qual und Eifersucht aus ihrer Perspektive zu erleben. Dies harmoniert auch mit der Zeit die sich Metzger für die unterschiedlichen Momente nimmt. The Image fungiert nicht als Wichsvorlage, weshalb er auch nicht von einem Höhepunkt zum nächsten hetzen muß. Passend dazu sieht man auch keine Ejakulation. Daß der Film dennoch anregend wirkt, liegt an der individuellen Reflektierbarkeit der Rollen. Das Kunststück ist also, daß die Bilder für ein Kribbeln sorgen oder gar aufwühlen können, die Befriedigung jedoch auf geistiger Stimuli beruht. Ein sicher seltenes Erlebnis in der Erotiksparte.