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Ein Jahr nach „Dressed to Kill“ drehte US-Regisseur Brian De Palma („Carrie“) mit „Blow Out“ einen weiteren Thriller, erneut mit italienischen Zügen. Der Titel suggeriert bereits die Verwandtschaft mit dem 1966 veröffentlichten „Blow Up“ von Michelangelo Antonioni, zudem werden bisweilen vorsichtig Erinnerungen an Dario Argentos „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ wach.

Jack Terry (John Travolta, „Carrie“) ist Toningenieur und arbeitet gerade an den Klängen eines Horrorfilms im Auftrage einer Filmproduktion, konkret sucht er einen passenden weiblichen Schrei für eine Mordszene. Abends nimmt er Naturgeräusche auf und wird dabei Zeuge, wie ein Auto von der Straße abkommt und in einen Fluss stürzt. Jack springt geistesgegenwärtig hinterher und rettet die Prostituierte Sally (Nancy Allen, „Dressed to Kill“), für den Fahrer – den Präsidentschaftskandidaten McRyan – kommt jede Hilfe zu spät. Jack wird gebeten, die Anwesenheit der käuflichen Dame für sich zu behalten und generell wenig über den Unfall zu sprechen. Doch beim Abhören der Tonbandaufnahmen ist ein Schuss zu hören, Jack kommt einem Mordkomplott auf die Spur. Allerdings will ihm niemand Glauben schenken und der kaltblütige Auftragsmörder (John Lithgow, „Unheimliche Schattenlichter“) ist ihm und Sally bereits auf den Fersen, um alle Spuren zu beseitigen…

Der noch junge Travolta in einem Film, der zum Glück nicht das Geringste mit Tanzen zu tun hat, in dem er im Gegenteil jemanden spielen darf, dem nicht sonderlich nach Tanz zumute ist. Sein in „Blow Out“ gespielter Charakter symbolisiert in gewisser Weise den Übergang zum endgültigen Erwachsenwerden, hin zum mitunter ermüdenden Ernst des Lebens, weshalb er überraschend gut in die Rolle passt. Der Film, für den er als Tontechniker arbeitet, stellt als Film im Film den Beginn von „Blow Out“ dar, der mit dieser fast schon parodistischen Aneinanderreihung von Slasher-Klischees den Zuschauer zunächst auf eine falsche Fährte führt. Die eigentliche Handlung offenbart dann schnell ihre Parallelen zu „Blow Up“: War es in „Blow Up“ eine zufällig auf Foto eingefangene Leiche, die auf einen Mord hinwies, ist es in „Blow Out“ ein Geräusch, das zufällig auf Jacks Tonband gelangte. Doch während sich „Blow Up“ in indifferenter Gleichgültigkeit auflöst, macht De Palma aus seinem Film einen spannenden Thriller. Dieser weist eine verschwörungspolitische Dimension auf, die nicht von ungefähr an die Ungereimtheiten rund um das Attentat auf John F. Kennedy erinnert und Jack gegen eine Mauer des Schweigens und scheinbaren Desinteresses anstrampeln lässt. Eine seltsame Rolle nimmt zudem die Prostituierte Sally ein, die trotz ihres naiv-kindlichen Gemüts auch nicht ganz ohne ist.

Jack liefert sich hitzige Wortgefechte mit dem Polizeichef, doch letztlich ist er auf sich allein gestellt bzw. kann nur noch auf Sallys Mithilfe hoffen. Zwischen anspruchsvollerem Polit-Thriller und gewohnter Genre-Kost pendelt De Palma immer ein wenig hin und her; wenn er den Auftragskiller von der Leine lässt, tritt der politische Aspekt eindeutig in den Hintergrund – was indes schade ist. Nichtsdestotrotz steuert „Blow Out“ auf ein nervenaufreibend inszeniertes Finale zu, das mit einer zynischen Pointe eine Brücke zum Beginn schlägt. Erzählerisch wie inhaltlich erscheint mir „Blow Out“ bisweilen etwas eigenartig. So erzählt Jack immer wieder von zwei Knallen, obwohl nur einer zu hören ist. Gemeint ist, dass sowohl ein Schuss, als auch der dadurch platzende Reifen zu hören sein sollen – für den Zuschauer entsprechend aufbereitet wurde das aber nicht. Sallys Rolle erscheint mir etwas zu sehr konstruiert, um „Blow Out“ mit größerem Realismus zu versehen. Generell vermengt De Palma hier Realismus oder zumindest Glaubwürdigkeit mit Unwahrscheinlichkeiten und bleibt oberflächlich, wo Tiefgang interessant gewesen wäre.

Stilistisch arbeitet De Palma neben einem Klassik-Soundtrack thematisch passend mit einer Klangkulisse, die dazu übergeht, Geräusche überzubetonen. Die ernst, doch leicht konsumierbar erzählte Handlung wird aufgelockert durch wenige humoristische Einsprengsel wie z.B. den Schreierinnen auf dem Sofa des Filmmachers. Filmplakate an den Wänden, beispielsweise von „Boogey Man“, liefern Referenzen an manch Genre-Kleinod. Visuell fiel mir zudem eine irgendwie anheimelnde Farbgebung auf, die ich jedoch nicht so richtig einordnen konnte. Einen entscheidenden Hinweis liefert der Kollege Gregor Torinus von Filmtipps.at, der auf die subtile, doch allgegenwärtige Verwendung der Farben rot, blau und weiß, den US-amerikanischen Nationalfarben also, hinwies – was wiederum genial ist und zeigt, wozu Brian De Palma in der Lage ist. Unterm Strich ist „Blow Out“ ein guter, uneingeschränkt sehenswerter Film, der jedoch sowohl hinter wirklichen Polit-Thriller-Monumenten wie „I wie Ikarus“ als auch manch Genre-Thriller dann doch die zweite Geige spielt.

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