Review

Zu Beginn seiner Karriere zeichnete sich zwar bereits Tsui Harks Expertise in Sachen Action und Kampfkunst ab, doch er kanalisierte das in unterschiedliche Richtungen, von düsteren Actiondramen wie „Söldner kennen keine Gnade“ über epische Fantasy wie „Zu – Warriors from the Magic Mountain“ bis hin zu Klopperei-Klamotten wie „Mad Mission 3“.
„Wir kommen und werden euch fressen“, manchmal auch als „Kung Fu Kannibalen“ veröffentlicht, arbeitet sich – der Titel sagt es bereits – am Horror- und Kannibalengenre ab. Vielleicht wollte Hark damit auch dem italienischen Genrefilm Referenz erweisen, weshalb er Goblins psychedelisches „Witch“ aus „Suspiria“ hier verwendet. Mit dessen kunstvoller Finesse hat „Wir kommen und werden euch fressen“ allerdings weniger zu tun, eher mit platter Italo-Exploitation, wie man schon im plumpen Auftakt sehen kann, in dem ein paar arme Tropfe im Dschungel von maskentragenden Wilden angegriffen, in deren Dorf verschleppt und fachgerecht filetiert werden, während man die mitgebrachten Hühner gleich lebend in den Topf schmeißt.
Bald schon bringt der Fährmann die nächsten Männer an jene Uferseite, auf der die Kannibalen hausen. Zum einen dauerpaffenden Agent 999 (Norman Tsui Siu-Keung), der nach dem berühmten Banditen Rolex (Melvin Wong) sucht, zum anderen einen Taschendieb (Hon Kwok-Choi), der Agent 999 beklaut, sobald der in der ersten Kannibalenfalle zappelt. Die haben jedoch nicht mit der Wehrhaftigkeit des Gesetzeshüters gerechnet, der seine Häscher zu Kleinholz verarbeitet, sich befreit und jenes Dorf aufsucht, in dem die Kannibalen eine Fassade der Zivilisation aufrecht erhalten. Denn die Einwohner sind ursprünglich aufgrund von Nahrungsknappheit zu Menschenfressern geworden, bevorzugen diese Speise inzwischen aber allen anderen Gaumenfreuden.

Während Agent 999 noch gar nicht ahnt, in welcher Gefahr er schwebt, wetzen die Dorfbewohner unter der Leitung ihres Captains (Eddy Ko) schon die Messer. Doch mit der Wehrhaftigkeit ihres Opfers haben sie nicht gerechnet…
Es trifft sich auch gut, dass der Agent gut austeilen kann, denn um Qualitäten wie gesunden Menschenverstand oder Ermittlerfähigkeiten ist es eher schlecht bestellt. So wundert er sich nie, dass er andauernd in dem Dorf von Mördern angegriffen wird und verdächtigt die Bewohner nicht, weder er noch der Dieb ziehen trotz offensichtlicher Hinweise in Betracht, dass der Fährmann mit den Kannibalen gemeinsame Sache usw. Andrerseits wäre der Film auch in Rekordzeit vorbei, denn so kann man die Figuren durch lauter schlurig miteinander verbundene Slapstick-, Splatter- und Kampfszenen stolpern lassen, die nur notdürftig von dem roten Faden zusammengehalten werden, dass die Kannibalen den Außenstehenden ans Leder wollen, die das aber nicht möchten.
Aber das Ganze soll ja eine Komödie ja sein, weshalb hier alle maximal dämliche Spaddel sind, nur leider ist nichts an dem grellen Slapstick mit der Extraportion Overacting so wirklich witzig. Besonders bizarr: Der liebestolle Riesentransvestit, der die anderen bekocht und jedes männliche Wesen durchnudeln will, intradiegetisch aber wohl tatsächlich eine Frau sein soll. Zwischen diese dürftigen Kalauer werden dann noch ein paar zarte Ansätze von Handlung gestreut, etwa ein Mädel als potentielles Love Interest für den Helden oder ein Sinneswandel bei Rolex, doch all das dient nur dazu den stotternden Handlungsmotor notdürftig am Laufen zu halten. Zwischendrin ist auch mal Hackepeter angesagt, wenn Kannibalenopfer durch- und Hände abgesäbelt werden, doch das bisschen Gore ist weder besonders schockierend noch mehr als solide getrickst.

Immerhin: Zwischendrin gibt es reichlich auf die Glocke und das ist ganz gut choreographiert, wird von der Regie allerdings nicht sonderlich inspiriert in Szene gesetzt. Doch Agent 999 bekommt immer reichlich Feinde zum Verhauen vorgesetzt, die auf verschiedenstes Schlachterwerkzeug zurückgreifen, damit ein bisschen Abwechslung da ist; im Finale kommen Rollschuhe bei der Actiongestaltung zum Einsatz und wenn es dann zum Kampf mit einem ebenbürtigen Gegner wie dem Captain kommt, dann kann der Film derartige Duelle sogar noch fast so gut ausschlachten die Kannibalen ihre Opfer, doch viele Begegnungen auf Augenhöhe gibt es hier nicht.
Während „Wir kommen und werden euch fressen“ dann sowohl als Martial-Arts-Klopper als auch als Horrorfilm als auch als Komödie nur mäßig funktioniert, soll das Ganze noch als Kritik an kommunistischen Praktiken fungieren, wenn der Captain des Dorfs den Löwenanteil der erbeuteten Menschenfleisches für sich und seine Leute behält, was nicht nur ungeheuer platt ist, sondern auch der einzig ansatzweise kritische Aspekt des Films. Immerhin ist Eddy Ko als Schurke ordentlich schmierig, so wie Norman Tsui Siu-Keung als tougher Held recht brauchbar ist. Überraschend nuanciert kommt Melvin Wong als Bandit mit Gewissensbissen daher, während der Rest vom Fest sich leider nur dem groben Overacting hingibt.

Als Mix aus Klopperei, Kannibalenhorror und grobem Slapstick ist „Wir kommen und werden euch fressen“ auf jeden Fall ein Unikum – nur kein sonderlich gutes. Die Qualität der Action ist schwankend, ein Plot kaum vorhanden und der Humor ist zwar teilweise bizarr, aber trifft nur selten ins Schwarze. Als alberner Klopper mit einigen Gore-Momenten noch halbwegs goutierbar, aber insgesamt doch eher Übungsfilm für Tsui Hark, der zu ganz anderer Form fähig ist.

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