In "Hard-Boiled" muss es der Superbulle Tequila im Namen der Hong Konger Polizei mit einem Waffenschiebersyndikat aufnehmen. Der Undercovercop Tony marodiert zum selben Zweck die üblen Burschen. Erst nachdem sich die beiden hart gekochten beschnüffelt haben, machen sie tatsächlich gemeinsame Sache, bis es schließlich zum Höhepunkt in einem Krankenhaus kommt!
So sehr wie in diesem Film wird die Action selten zelebriert und John Woo macht eindeutig klar, dass er einer der ganz großen Actionmeister ist. Bei den übertriebenen Ballereien kämpfen teilweise mehrere Dutzend schwer bewaffnete Personen gegeneinander und zerlegen dabei nicht nur sich selbst, sondern natürlich alles, was in der Nähe ist, seien es nun Autos, sonstiges explosives Zeugs oder sogar massive Wände. Damit diese Symphonie-artigen Waffenorgien stilecht herübergebracht werden, gibt es reichlich Perspektiven und natürlich Zeitlupen am laufenden Band. Dass Woo sich nicht lumpen lässt und seine eigenen Facetten einbaut, muss eigentlich nicht erwähnt werden. So sei zumindest gesagt, dass man auch wieder in den Genuss des berüchtigten Akimbostils kommt. Wahrlich: Die Actionszenen sind ein Fest für Fans des Genres und nur an einigen, wenigen Stellen zum Schluss hin zu lang.
In der ersten Hälfte findet der Film eine beinahe optimale Mischung zwischen Action und Aufbau der Story, also Einführung der Charaktere und deren spezifischen Eigenheiten sowie der sozialen Peripherie. Sowohl Tequila als auch Tony werden fast schon alternierend und ein bisschen konventionell dem Zuschauer näher gebracht; man erfährt die Motivation, aus der jede Handlung resultiert und auch das Gerüst des Plots wird optimal aufgebaut. Als Sinuskurven-artig auftretende Spannungsspitzen kommen dann noch ein paar Actionszenen hinzu, wobei die zweite Hälfte des Films dann durch die extreme Schussarie in einem Lagerhaus eingeläutet wird. Diese Sequenz selbst besitzt schon eine eigene Spannungskurve und bereitet optimal darauf vor, was später, in den letzten 40 Minuten des Films, gezeigt wird.
Demnach ist die zweite Hälfte noch stärker von der überwältigenden Action gekennzeichnet und offenbart ein dezentes Missverhältnis; die Handlung schaltet hier in den Leerlauf und Woo setzt praktisch nur noch auf Adrenalin. Eine Straffung dieser Sequenz zu Gunsten des Flusses hätte dem Film zu noch höheren Sphären verholfen. Trotzdem ist man geradezu an den Bildschirm gefesselt.
Grund hierfür ist natürlich nicht nur John Woo, sondern auch ein routiniert spielender Chow-Yun Fat, der ein ganzes Arsenal nicht nur an Waffen, sondern auch an Sprüchen mit sich trägt. Ein dickes Lob an dieser Stelle für seine tolle Synchronisation im Deutschen. Als sein Charakter Tequila am Ende in Flammen zu stehen beginnt und das in seinen Armen befindliche Kind das Feuer mit einem Urinbeguss zu löschen vermag, kommentiert das Tequlia in aller Coolness mit "Ein starker Strahl!". Solche Szenen ergänzen die Action natürlich in ihrer Pracht und zeigen, dass das Konzept John Woo und Chow-Yun Fat mal wieder exzellent aufgegangen ist. Doch auch Tony Leung, der Tony spielt, glänzt. Während er zu der Genialität seiner Einführungsszene wenig beitragen muss, da ja die Musik schon alles übernimmt, beweist er gerade in der Lagerhausszene, als er seinen ehemaligen Boss killen muss, dass er einer Figur eine gehörige Portion Tiefe einhauchen kann. Man kann sich hier sicherlich streiten, aber ich finde, dass ihm die Rolle des coolen Actionhelden besser steht als die des Mönchs in "A Chinese Ghost Story 3", obwohl er hier natürlich auch beinahe brillant war.
Von der technischen Seite her muss nicht mehr viel gesagt werden: Die Actionszenen sind toll inszeniert, wenn auch mit etwas zu wenig Kamerafahrten und bisweilen sogar zu viel Zeitlupe. Auch außerhalb der Actionszenen baut der Film eine stimmige Atmosphäre durch ausreichend Alternanz im Bild auf. Nur die vereinzelt anzutreffenden Standbilder und Farbfilter finde ich deplaziert. Die Musik hingegen hätte in einigen Szenen ausgefeilter sein dürfen, bietet aber trotzdem ein paar schöne Stücke.
John Woo zeigt, wie hart gekocht er seine Eier bevorzugt: "Hard Boiled" ist toll ausgearbeitet und verirrt sich nur gegen Ende hin in zu viel Action, die natürlich trotzdem schön anzuschauen ist. Ein Film, der viele geniale Stellen offenbart und auch durch Tony Leung sowie Chow-Yun Fat glänzt.