Das nenne ich mal einen Abgang mit Stil.
Mr. Woo geht nach Hollywood, doch nicht ohne gebührend Abschied zu feiern.
Hard-Boiled ist Woo Deluxe, aber gleichzeitig auch Woo Light. Wie das geht?
Nun, Woo inszenierte ein Actionfeuerwerk der Sonderklasse, vernachlässigte dabei aber anders als in Werken wie „A Better Tomorrow“ die Charaktere.
OK, Chow Yun-Fat hat mehr Charisma im kleinen Finger als mancher Actionstar im ganzen Leib und Tequila ist schon eine verdammt coole Sau, was aber nichts daran ändert, dass der Film brutal ins stocken Gerät, sobald er sich ein bisschen um seine Figuren kümmert. Ganz besonders deutlich wird dies kurz vor dem Showdown, wenn Tequila und Tony in einem Kellerraum eingesperrt sind und Woo uns nach langatmigem Dialog mit einem Fast-Tod Tonys weis machen will, dass die beiden Kämpfer gegen das Verbrechen nach all dem was sie durch gemacht haben ein tiefes Band der Freundschaft verbindet. Zonk! Das war nichts...
Im Prinzip verwurstet Woo auch in Hard-Boiled seine Lieblingsthemen, mit dem Unterschied, dass er diese diesmal nur anschneidet und seine Figuren kaum Profil gewinnen, wobei Tony Leung hier sogar eine Ecke besser abschneidet als Yun-Fat, da sein lange zwielichtiger Charakter sogar recht interessant ist.
Doch was Hard-Boiled an Tiefe fehlt, macht der Film durch Action wieder weg.
Mehr als weg wohlgemerkt.
Die Actionszenen sind Adrenalin pur, aber weit entfernt vom Overkill, da Woo erstens immer wieder neue Ideen aus dem Hut zaubert und zweitens weil er die Action aufgeteilt in drei große Stücke gleichmäßig auf die recht stattliche Laufzeit verteilt.
Zunächst wird gleich zu Beginn ein Teehaus zu klump geballert, wobei Woo schon hier wie ein Besessener inszeniert. Blutige Einschüsse, akrobatische Einlagen, Zeitlupe und jede Menge Tote. Ob nun Gut, Böse oder Neutral, Woo macht keine Kompromisse und er weiß sich noch zu steigern.
Bis dahin wird der Zuschauer aber zunächst mit einer ausgiebigen, aber wenig ausgeglichenen Ballerei in einem Lagerhaus bei Laune gehalten, bei dem sich zwei Banden bekriegen, ehe Chow Yun-Fat eingreift und mit einer Schrottflinte ordentlich Rabatz macht. Hier kommen neben dicken Ballermännern auch Granaten ins Spiel und unter anderem werden Motorräder spektakulär in die Luft gejagt.
Endgültig klappt die Kinnlade schließlich im Showdown runter, wo Woo seine Protagonisten auch mal ohne erkennbare Schnitte durch mehrere Gänge eines Krankenhauses hetzt. Draußen werden währenddessen flüchtende Patienten gekillt und Polizeifahrzeuge per Raketenwerfer gesprengt.
Der Showdown geht mal locker über eine halbe Stunde und lässt die versammelte Genrekonkurrenz verdammt blass aussehen.
Woo reiht eine perfekt gefilmte Actionszene an die Nächste, so dass es kaum stört, dass Spannung auf recht banalem Weg erzeugt wird, indem hier Babys ins Spiel gebracht werden.
Fazit: Hard-Boiled hat sich in mein Herz geballert. Woo präsentiert ein großartiges Actionfeuerwerk, einen Adrenalinrausch, ein perfekt durchchoreographiertes Todesballet. Hard-Boiled ist der wahr gewordene Traum eines jeden Actionfans. Ich liebe es! 10/10