Der Flug des Navigators beginnt zunächst mit einer typischen Einführung einer normalen, vierköpfigen amerikanischen Familie mit Hund. Der 12-jährige David geht in den Wald, um seinen kleinen Bruder abzuholen. Als er in ein Loch stürzt, wird er kurz ohnmächtig. Dann kehrt er zurück nach Hause, um festzustellen, daß jemand ganz anderes in diesem Heim wohnt.
Selbst heute, als Erwachsener, ist die Vorstellung von einer Welt, die plötzlich vollkommen anders ist ungeheuer grauenvoll. Randal Kleiser benötigt kaum Effekte, um dieses beklemmende Gefühl zu erzeugen. Das Kind wird der Polizei übergeben, die stutzig wird, denn sie erinnern sich an eine Vermisstenanzeige, die exakt auf David zutrifft. Das Problem: Er gleicht einem Jungen, der vor 8 Jahren verloren ging! Entgegen ihrem Sohn ist Davids Familie gealtert und inzwischen umgezogen. Die Zeit scheint nur an dem Jungen spurlos vorübergegangen zu sein.
Als Ärzte das Phänomen untersuchen, steuern die Alphawellen seines Gehirns plötzlich den Computer, welcher fremde Schriftzeichen und eine genaue Skizze eines unidentifizierbaren Flugobjektes ausgibt, das die NASA beschlagnahmt hat. Diese interessieren sich nun sehr für David, halten ihn unter Vortäuschung falscher Tatsachen zu Versuchszwecken gefangen.
Zu Gunsten des erstmaligen Einsatzes der Morphingtechnolgie in einem Spielfilm und zum Wohle der kleinen Zuschauer läßt Kleiser den Jungen in der chromblitzenden Riesenwalnuß entkommen und führt ein seelisch befreiendes Spektakel auf, in dem wenig Platz für nachdenkliche Momente bleibt - ein Zug, der bei dieser Ausgangssituation für Der Flug des Navigators als Familienfilm unbedingt notwendig war.
Obwohl die Flugmaschine namens Max David zum Planeten Phaelon entführt hat, ist er nun beschädigt auf das Gehirn seines Forschungsobjektes angewiesen. Hier hat er nämlich eine Datenbank abgelegt, nachdem er festgestellt hat, daß Menschen eh nur zehn Prozent ihres Hirnes nutzen. So ist David nun der Navigator und hat das Schiff, auf dem sich noch ein paar kuriose bis knuffige außerirdische Kreaturen befinden, unter Kontrolle. Technisch heute zwar betagt aber weiter erstaunlich überzeugend saust David zum Sound der Beach Boys mit Max herum, um sich schließlich wegen mangelnder Kenntnisse in Geographie auf der Erde zu verfransen.
Unterdessen erwartet die NASA David bereits bei seinen Eltern, als würden sie um seine Erkenntnis die Familie über alle Widrigkeiten hinweg zu lieben wissen. Eine Rückkehr scheint unmöglich, weder im Jahr 1986 noch 1978, an der Stelle wo David entführt wurde. Dahin könnte ihn Max durchaus zurückbringen, doch der menschliche Organismus steht in Gefahr, bei dieser Schußfahrt durch Raum und Zeit Schaden zu nehmen.
Mit Der Flug des Navigators variiert Randal Kleiser schließlich nur den in den 80ern von Steven Spielberg mit E.T. - Der Außerirdische maßgeblich geprägten phantastischen Familienfilm. David gerät dabei nahezu unschuldig in die Klemme, denn seine Mutter schickt ihn ja auf den Weg. Grummelig ist er aber schon, denn seine Mutter kommt ihm etwas zu authoritär vor und sein kleiner Bruder ist halt schon manchmal etwas nervig.
Ohne die Entführungshandlung anzuprangern, läßt Kleiser den kleinen David auf dem Abenteuer nun seine Wertevorstellungen überprüfen. Der Zuschauer verzeit Max eigentlich nur deshalb sehr schnell, weil sich David notgedrungen mit der sprechenden Flugmaschine anfreundet und sogar seinen Spaß hat. Damit nimmt Kleiser eine ganze Menge Druck aus Der Flug des Navigators, beruhigt aber eben auch die Kleinen, die sich ansonsten kaum an etwas Freundliches klammern könnten.
Die Erwachsenen im Jahr 1986 sind für David so gar keine Freunde. Zwar scheint ihn die Familie liebend aufzunehmen, ist aber von seiner Erscheinung viel zu verstört und David selbstverständlich nach acht Jahren, die er selber nicht miterlebt hat, vollkommen fremd. Zwischen all den Wissenschaftlern, die ihn nun eingehend inspizieren, ist nur die junge Sarah Jessica Parker in der Rolle der adoleszenten Carolyn eine Verbündete auf der Flucht.
Zu fliehen ist dann auch eine erstaunliche Parallele zum Erwachsenen, der sich heute dennoch dieses Werk ansieht, hat man manchmal doch das Gefühl, die Zeit sei im Fluge vergangen. Wie David sehnt man sich so manchmal in die heile Welt von Früher (Davids 1978) zurück und nur zu gern nutzt man dabei doch die Auszeit in phantastischen Welten, bevor man in die Realität zurückkehren muß, kann bestenfalls noch einmal der kleine Junge von damals sein. Kleiser zeichnet so auch ein klares Warnsignal, sich nicht zu sehr in der Fiktion zu verlieren, denn nicht mit der Zeit gewachsen kann so der Zugang zum Heute genauso versperrt liegen, wie die Geborgenheit von Damals unerreichbar erscheint.
Ein bisschen Kind muß man vielleicht tatsächlich geblieben sein, um Der Flug des Navigators ab seiner weniger drastischen zweiten Hälfte weiter so intensiv zu folgen. Dennoch erreicht Kleiser einen ansprechenden Bogen von Spannung zum Wohlgefühl, mit dem sich die technisch exzessive Spielerei des Mittelteils ausgleichen läßt. Papa freut sich bestimmt, wenn er dieses Abenteuer mit den Kleinen erleben darf.
Obwohl Film für die ganze Familie sollte der Nachwuchs aber reif genug sein, um die angesprochenen Gefühle der Isolation und Verlustängste verkraften zu können. Je nach Entwicklung und Familiensituation kann die Freigabe ab 6 unpassend sein. Stimmt hier alles, sollte der etwas verrückten Reise nichts mehr im Wege stehen.