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So langsam aber sicher gehen Hollywood die Comichelden aus. Deshalb wird inzwischen, wie mit den beiden feminin geprägten Flops „Catwoman“ und „Elektra“ bewiesen, entweder auf Nebencharaktere oder eben unbekanntere Figuren, wie „Hellboy“, zurückgegriffen. Zur letzten Fraktion gehört dann auch „Constantine“. Der aus der „Hellblazer“ – Comicreihe entstammende Titelgeber wurde kurzerhand von den Drehbuchautoren von einem Briten in einen Amerikaner verwandelt, der in Los Angeles sein täglich Brot mit Dämonenaustreibung verdient.

Nun wurde im Vorfeld von den Marketingstrategen massivst mit Sunnyboy Keanu Reeves („Point Break“, „Speed“) geworben, der nach seinen drei „Matrix“ – Auftritten auch erst mal wieder Fuß fassen musste. Denn erstens ist Reeves kein sonderlich guter Schauspieler und zweitens hielten sich auch vor „Matrix“ für ihn die guten Rollenangebote doch in Grenzen. Im Rahmen seiner baddy „Mich kotz dieser ganze Scheiß an“ – Mentalität mausert er sich als abgehalftertes Wrack John Constantine hier aber überraschend zu dem Pluspunkt, den der Film auch bitter nötig hat. Der mit einer Gabe gesegnete Mann kann die auf Erden wandelnden Himmels- und Höllenwesen sehen und kämpft seit seinem Selbstmord (eine Todsünde und damit das sichere Ticket gen Hölle) um den Einlass im Himmel. Der Dämonenjäger ist seit seiner Wiedergeburt darauf erpicht so viele Ausgeburten des Bösen zurück in die Hölle zu schicken, um endlich Gottes Gnade zu erfahren. Doch der zeigt sich vom streng egoistischen Krieger wenig beeindruckt. Als Lungenkrebs man bei ihm diagnostiziert, wird ihm klar, dass die Zeit knapp wird...

Es bereitet durchaus Vergnügen Constantine bei seiner Arbeit zuzuschauen, denn Reeves muss hier einfach nur das tun, was er am besten kann. Der abgehalftert und fertig ausschauende Dämonenfeind begrüßt Besessene zunächst mit einem „Ich bin Constantine, John Constantine, Arschloch“, raucht Zigarette in Kette, ist nie um einen Oneliner verlegen und legt bei all diesen Exorzismusritualen und Kämpfen gegen die Höllenwesen jeweils eine coole Routine an den Tag, während er seine Gabe und die damit verbundenen Kräfte leichtfertig als selbstverständlich hin nimmt. Sein Hobby ist übrigens das Sammeln religiöser Reliquien, die er auch mal für gutes Geld verscheuert – nicht der umgänglichste Zeitgenossen, aber auch nicht unsympathisch.

„Constantine“ ist in sofern anders, als dass man weder einen wirklich schlüssigen, einführenden Off-Kommentator, noch eine Exposition seitens des exzentrischen Antihelden bekommt. Grundsätzlich muss sich der Zuschauer anhand einiger Kommentare das Meiste selbst zusammenreimen. Soviel sei gesagt: Gott und Teufel ist langweilig, denn so eine Ewigkeit vergeht ja bekanntlich nicht und so spielen sie um die Seelen der Menschen. Sie selbst dürfen dabei nicht eingreifen, wohl aber ihre Handlager, die darauf auf der Erde auch kräftig manipulieren, um möglichst viele Seelen für das Reich ihres Herrn zu gewinnen. Constantine fightet eben notgedrungen auf der Seite des Himmels, um ja kann zweites Mal in die Hölle zu fahren. Aufopferung und Nächstenliebe, also genau das, was man braucht um aufzufahren, sollen ihm bis dato aber Fremdwörter bleiben.


Leider weiß der ehemalige Musikclip-Regisseur Francis Lawrence in seinem Spielfilmdebüt nichts mit dieser Hauptfigur anzufangen und reibt sich deshalb an Dialogen und Nebenschauplätzen auf. Dabei ist der fulminante Einstieg ein vielversprechender Appetitanreger, der nur leider später den Hunger auf mehr nicht stillen kann. „Constantine“ hat keine echten Höhepunkte, keine *staun* - Situationen und keinen fulminanten Schlussspurt. Das höllische Zerbröseln des Warner-Zeichens versprach da vorweg doch etwas viel – wobei Constantines Kurztrips in die Hölle visuell wirklich nicht von schlechten Eltern sind.

Mit dem Einstieg von Angela Dodson (Rachel Weisz, „The Mummy“, „Enemy at the Gates“) beginnt der Plot dann auch noch munter auf der Stelle zu trampeln. Während Constantine die junge, um ihre tote Zwillingsschwester trauernde Polizistin an die Wahrheit heranführt, etabliert Lawrence zwar einen schmutzigen, gleißenden Look, der zur pessimistischen Stimmung der sich androhenden Apokalypse passt, doch ansonsten passiert einfach nichts Nennenswertes. Die Nebencharaktere stören entweder (Shia LaBeouf hat nach „I, Robot“ wieder die Rolle des jungen, geschwätzigen Sidekick) oder werden sträflich vernachlässigt (Djimon Hounsous („Deep Rising“, „Gladiator“) neutraler Midnite war beispielsweise eine interessante, unterbeschäftigte Figur).

Bisweilen kann der Humor von der viele Antworten schuldig bleibenden Story (Stichwort: Stuhl) jedoch ablenken. Wenn Constantine sich beispielsweise die krebsgeschädigte Lunge auf offener Straße fast aus dem Leib hustet und unter ihm plötzlich ein Krebs entlang krabbelt, kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen. Auch visuelle Spielereien, wie die des nachts langsam verlöschenden Straßenlichter sind einen Blick wert. Nun sind das jedoch leider nur Momentaufnahmen, die nicht über die fehlenden Qualitäten des Ganzen hinwegtäuschen können. Völlig anders als die bisherigen Comicadaptionen zu sein reicht halt nicht - auch wenn der Film seinen Exotenstatus weg hat. Dabei lassen sich auch inhaltlich hin und wieder interessante Ansätze wiederfinden, die dann aber flux wieder fallen gelassen werden. Insbesondere Constantines lässig ablehnende Haltung gegenüber dem Glauben (als man für ihn betet, winkt er unwirsch ab) sind diesbezüglich zu erwähnen.

Francis Lawrence fährt immer wieder optische Gimmicks auf, die so nicht erwartet werden, nur den eigentlichen Film, das finale Produkt, das verliert er zu oft aus den Augen. Der Speerträger wird beispielsweise während des gesamten Films sträflich vernachlässigt und schreitet unbehelligt voran, obwohl selbst eine Herde Kühe vor ihm zugrunde geht (by the way auch eine dieser bedeutungsschwangeren, ohne viel Aufwand ihr Ziel findenden Szenen). Während Hans Zimmers Assistent Klaus Badelt („Basic“, „Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl”) sich hier nach „Catwoman” schon wieder eine Auszeit nahm, findet sich Rachel Weisz mit ihrer Figur überhaupt nicht zurecht und verkommt zu einem austauschbaren Medium, das gar nicht die Aufmerksamkeit auf sich lenkt, obwohl sie als Schlüssel zum Ganzen sie eigentlich verdient hätte. Bleibt neben Reeves also nur Peter Stormare („Armageddon“, „Bad Boys II“) übrig, der mit einem kultverdächtigen Auftritt wieder alle Gunst für sich gewinnt – trotz seiner Rolle.

Es tummeln sich hier noch einige andere nicht ganz unbekannte Figuren in „Constantine“ herum, die über ihre Kurzauftritte aber ebenfalls nicht hinauskommen. Da seien zum einen der Erzengel Gabriel (Tilda Swinton, „The Beach“, „Adaptation.“) und zum anderen Satans Gehilfe Balthazar (Gavin McGregor Rossdale) genannt. Jeweils zwei sehr unterschiedlich verlaufende Begegnungen mit Constantine und das war es dann auch schon. Insbesondere Balthazars Konfrontation mit dem Todkranken enttäuscht aufgrund seiner unspektakulären Kürze.

Das Hauptproblem versteckt sich letztlich in der Erzählung, im Skript selbst. „Constantine“ kommt nicht auf Touren. Ein bisschen Tempo und vor allem eine voranschreitende Story sind hier völlig fremd. Nachdem die Ausgangslage für John und Angela geklärt ist, entwickelt sich der Film bis zum Finale, dem Paukenschlag, nicht weiter. Im übrigen enttäuscht der Showdown dann auch noch. Er ist zwar, nach einem dazwischengeschobenen, dem Endgegner Aufschub gewährenden Dämonengemetzel, anders als erwartet, aber eben dann doch (leider wieder) nicht der erwartete Höhepunkt.


Fazit:
Mit seinen gut zwei Stunden geht „Constantine“ angesichts seines kaum voranschreitenden Plots leider früh die Puste aus. Aufgrund des einfältigen, kaum Überraschungen und Abwechslung bietenden Skripts bleibt hier eigentlich nur das Mittelmaß über. Zu wenig ausstaffiert sind die interessanten Nebenfiguren, zu schwach sind wichtigere Figuren (wie Angela )gespielt, als dass hier noch von echtem Filmvergnügen gesprochen werden kann. Einzig ein paar extravagante, visuelle Schmankerl und der seine Figur mit viel Leben füllende Keanu Reeves retten den Film noch knapp drüber. Erwartet hat man hier nach dem Trailer eigentlich etwas mehr.

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