Anfangs wollte ich es nicht glauben, da ich von dem Film vorher überhaupt nichts gehört hatte. Aber dann hab ich doch mal auf die Empfehlung gehört, und Tigerland ausgeliehen. Wieso hat man denn den Film nicht beworben. Dass der im Kino lief, ist an mir auch total vorbeigegangen. Hätte ich gehört, dass da ein Joel Schumacher Film läuft, wär ich sofort dagewesen. Nach diesem Film ist Full Metal Jacket uninteressant, auch wenn er ebenfalls ein guter Film ist.
Nun aber zur Story. Interessant für einen Anti-Kriegsfilm ist, dass dieser in den USA zur Zeit des Vietnam Kriegs spielt, und nicht in Vietnam selber. Es geht um den Soldaten Roland Bozz. Bozz fällt häufig durch Ungehorsam auf, gleichzeitig aber ist er enorm durchhaltefähig und führunggsqualifiziert, was wohl das ist, was seine Ausbilder am meisten ärgert. Bozz und sein neuer Kumpel Paxton werden in einem Spezial Camp für den Einsatz in Vietnam vorbereitet. Diese Vorbereitung besteht einmal aus einer harten Grundausbildung. Dann werden die Soldaten in das sogenannte Tigerland verfrachtet. Dort hat man den vietnamesichen Dschungel so originalgetreu wie möglich nachgebaut. Hier werden die Soldaten auf die psychologischen Elemente des Krieges vorbereitet, beispielsweise die geringe Menge Schlaf oder wie man Feinde zum Reden bringt. So müssen Bozz und Paxton mit ansehen, was für unmenschliche Ideen der Krieg hervorbringt und wie viele Kameraden daran kaputt gehen, noch bevor sie die Realität in Vietnam überhaupt gesehen haben.
Inhaltlich ist der Film sehr schlüssig und ohne logische Mängel aufgebaut und auch bis zum Schluss gut gemacht. Beängstigend ist vor allem die Tatsache, dass es solche Ausbildungsstätten betimmt wirklich gegeben hat bzw. noch immer gibt. Jedesmal, wenn die Soldaten eine neue Trainingsphase bestreiten, läuft es einem Kalt den Rücken. Besonders weil die Offiziere, die die jeweilige Übung erklären, total gelassen reden, als ob solche schrecklichen Methoden ganz normal wären und es nichts daran zu kritisieren gäbe. Hierbei auch ein grosses Lob an die Schauspieler, die die Ausbilder spielen. Die machen einem richtig Angst. Wenn die losbrüllen und prügeln, sitzt man nur noch fassungslos da, als ob man selbst von ihnen angeschnauzt wird.
Joel Schumacher war als Regisseur eine excellente Wahl, denn seit Falling Down weiss jeder, wenn Schumacher mit einem Film Kritik an etwas üben will, dann nimmt er kein Blatt vor den Mund. Da wird schonungslos bis ins kleinste Detail alles offengelegt, was sich finden lässt. Ich bin sicher: hätte ein anderer den Film gedreht, wär dieser bei weitem nocht so schockierend intensiv. Vor allem die Realitätsnähe hatte dann wohl zum Teil einem Mainstream Konzept weichen müssen. Denn man darf nie vergessen. Die Filme von Joel Schumacher sind ziemlich schwer zu schlucken, nicht weil sie brutal sind, sondern weil sie so erschreckend realistisch sind. Vor allem gibt es bei seinen Filmen nicht das Held/Bösewicht Konstrukt. Man kann nur schwer ausmachen, wer eigentlich Sympathie verdient und wer nicht. Bei Schumacher hat jeder seine dunklen Seiten. Natürlich entwickelt man im Laufe des Films eine Sympathie für einen bestimmten Charakter, dass liegt aber daran, dass es der ist, der versucht, seine Schattenseiten hinter sich zu lassen und sein Leben fortzusetzen, anstatt sich weiterhin gegen alle zu wenden, sich quasi zum Bösen zu machen.
Fazit: Selten ging mir ein Film dermaßen unter die Haut. Man sagt ja immer, die Soldaten in den USA würden mit brutalen Ego Shootern aggressiv gemacht, aber Tigerland zeigt ein ganz anderes Bild von dem Drill, bei dem aus normalen Menschen brutale Soldaten gemacht werden, die auch vor der Anwendung von Folter nicht zurückschrecken, um ihre Mission zu erfüllen.
Ganz klar 10/10