Achtung: Enthält Spoiler!
Viel mehr Mad-Scientist- denn Tierhorror ist US-Regisseur Bernard L. Kowalskis Film „Sssssnake Kobra“ aus dem Jahre 1973, den ich irgendwann – es müsste Anfang der 1990er gewesen – auf einem deutschen Privatsender sah. Meine Erinnerung konnte ich dank der hervorragenden DVD-Veröffentlichung von Koch Media auffrischen.
Dr. Stoner (Strother Martin, „Schwingen der Angst“) stellt den Studenten David (Dirk Benedict, niemand Geringerer als „Faceman“ aus dem „A-Team“!) als Aushilfe für sein Labor ein, hegt aber den sinisteren Plan, ihn mittels eines Serums langsam in eine biologische Neuschöpfung zu verwandeln – eine Kreuzung aus Humanoid und Königskobra.
„Sssssnake Kobra“ ist ein schöner US-B-Movie aus den Siebzigern, der in gemächlichem Tempo eine Menge altertümlicher Wohlfühlatmosphäre verströmt und seine krude Idee durch, wenn auch durchschaubare, doch sehr gelungene Masken- und Make-up-Effekte visualisiert, die, sparsam dosiert, die Höhepunkt des Films darstellen. Erfreulich und ungewöhnlich ist die differenzierte Charakterisierung Dr. Stoners, der keinesfalls als klar erkennbarer Bösewicht erscheint, sondern aus nachvollziehbaren Gründen mit der selbstzerstörerischen Menschheit hadert, von der er sich weitestgehend abgekapselt hat, um sich in seine Forschung zu stürzen und sich seiner Schlangensammlung zu widmen – sein „Harry“ getauftes Exemplar hält er gar liebevoll als Haustier. Diesem kauzigen Mann traut man ein derartiges Vorhaben gar nicht so recht zu, was durchaus für eine gewisse unwohlige Gänsehaut sorgt. Die eingeflochtene Romanze zwischen David und Dr. Stoners Tochter Kristina (Heather Menzies) verschärft das Konfliktpotential zusätzlich.
Lange Zeit passiert nicht wirklich viel, doch der Spielraum, die Charaktere dem Zuschauer näherzubringen, wird gut genutzt, auch die Dialoge unterschreiten nie ein gewisses Niveau. Die erste Konfrontation mit einem Mensch/Schlangen-Hybrid, die man als Zuschauer zunächst noch nicht richtig zuordnen kann, findet im Rahmen einer Freakshow auf einem Rummelplatz statt und ist schon ein kleiner Schocker. Im Finale zieht das Tempo dann ordentlich an, wobei die finale Verwandlung in eine äußerlich herkömmliche Schlange reichlich eigenartig anmutet, hatte man doch eher mit einem Mutantenwesen gerechnet. Der Abspann setzt sodann auch sehr abrupt ein und lässt uns über das endgültige Schicksal der David-Schlange im Unklaren, setzt dafür aber Heather Menzies als „Scream Queen“ gut in Szene.
Für Schlangenliebhaber ist „Sssssnake Kobra“ in jedem Falle erste Wahl, schließlich wurde mit zahlreichen echten Giftschlangen gedreht. Faszinierende Wesen, die die heimlichen, allgegenwärtigen Hauptdarsteller sind. Ihre menschlichen Kollegen durften dabei keinerlei Scheu vor diesen Tieren haben, denn immer wieder kommt es zu direktem Kontakt. Das Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier ist hier ausgezeichnet geglückt, nichts wirkt billig improvisiert oder herbeigetrickst.
Unterm Strich ist „Sssssnake Kobra“ sicherlich kein Genre-Highlight, aber gewiss ein kleiner Geheimtipp für Freunde des eigenständigen, sorgfältig inszenierten B-Horrors jenes Jahrzehnts, die sich zudem für züngelnde Kriechtiere erwärmen können. Mich hat Kowalskis Film, der zudem einen sehr stimmigen Klaviersoundtrack für sich verbuchen kann, gut unterhalten und sich mit einigen Bildern in meinem Gedächtnis festgesetzt, weshalb ich guten Gewissens eine Empfehlung für Genrefans aussprechen kann. „Sssssss….“