Natürlich geht es auch in diesem indischen Film um das Heiraten. Aber „Liebe lieber indisch“
ist dennoch etwas untypisch, denn statt drei ein halb Stunden ist das Machwerk nur knapp zwei Stunden lang und dann zeigt er auch noch einige typische Szenen aus Indien (beispielsweise marode Flughäfen und chaotischen Straßenverkehr). „Westler“ bekommen also erstmals einen (halbwegs) realistischen Eindruck von indischen Gegebenheiten – und tatsächlich scheint das auch eines Hauptanliegen des Films zu sein (den Miramax mitproduzierte hat ). Also ein bisschen Anschauungsunterricht: Dem Westen mal zeigen, wie Indien aussieht (natürlich werden dann trotzdem in erster Linie Villen und schönste Orte gezeigt) – aber gleichzeitig geht es auch darum „Westlern“ einen Spiegel vorzuhalten, inwiefern sie bereit sind wirklich hinzugucken oder nur ihr Yoga und Meditationsland sehen wollen.
Überraschend hart geht der Film dann mit Indern um, die es im Ausland geschafft haben und dabei zu albernen Witzfiguren ohne Wurzeln verkommen sind (denkt Regisseurin Gurinder Chadha („Kick it like Beckham“) dabei an sich?)
Also Nationalität ist wichtig. Und das große Loblied der liebenden Familie in Indien wird natürlich auch lautstark gegen die kalte Familie im Westen angestimmt. Wirklich störend ist das nicht, weil da ja auch einiges dran ist.
Sehenswert ist der Film auf jeden Fall auch wegen seiner
visuellen Reize. Es gibt wieder alle typischen Zutaten eines Bollywood-Machwerks: Gesungene Liebeserklärungen, schönste bunten Kleider und Massentanzszenen – und zusätzlich gibt es diesmal eine besondere Auswahl an sehr attraktiven Darstellern.
Die sind allesamt schöner als sonst in indischen Filmen üblich. Allen voran natürlich Aishwarya Rai als Perle von Amritsar (die Miss World von 1994).
Dennoch hinterlässt der Film einen leicht faden Nachgeschmack. Denn der Versuch gesellschaftliche Inhalte in einem leichten Film zu integrieren geht zu Lasten des Unterhaltungsanspruchs. Die Figuren verlieren an Glaubwürdigkeit und der Film wird dadurch etwas langweilig.
Einiges wirkt ohnehin zu stark an den Haaren herbeigezogen. Beispielsweise die wunderschöne Lalita (Aishwarya Rai), die so gebildet ist, dass sie auch besonders dicke Bücher am Pool liest oder Gitarre spielen kann (ich persönlich kenne keine Inderin die das kann – ist nun mal ein sehr, sehr untypisches Instrument für Indien). Oder auch der extrem smarte Darcy (Martin Henderson) leuchtet etwas zu hell. Der ist nämlich Geschäftsmann, aber überhaupt nicht schmierig und immer nur aufrichtig, ehrlich und ritterlich.
Gleichzeitig gibt es einige handwerkliche Fehler, wie die Figur des Inders Balraj, der in den ersten 20 Minuten fast jede Szene dominiert, dann vollständig abtaucht, erst kurz vor Ende ein Mal durchs Bild huscht.
Komplett absurd ist zudem die Vorstellung, dass indische Eltern ihren Töchtern erlauben komplett unbeobachtet Zeit mit fremden (ausländischen) Männern zu verbringen. Im Film lassen die Eltern sogar zwei ihrer Töchter mit fremden Männern nach Goa (Strand) fliegen (im wirklichen Leben wäre da immer eine Mutter oder Tante mit dabei und die würde nicht eine Minute von der Seite der jungen Frau weichen!!!)
Aber wirklich schlecht ist der Film trotzdem nicht, denn es gibt jede Menge schöner Tanzszenen, sogar einen Kobratanz (!), vier Powerschwestern, die wunderbar sängerisch parodierend ihre Vorstellung von Zukunft darstellen (!!!). Es gibt einen wirklich lustig trotteligen Auslandsinder mit Greencard – und natürlich gibt es auch die extrem schöne Aishwarya Rai und für die weiblichen Zuschauer den sehr schönen Martin Henderson (eine Mischung aus Tom Cruise und Hugh Grant). Insofern lohnt sich der Film, wenngleich er ein paar Abzüge in der B-Note kriegt.