Review

Als "Fischköppe" werden wir Nordlichter gerne verschrien, gar als "Krabbenpuler" wurde ich letztens tituliert. Doch der Schleswig-Holsteiner steht über so etwas drüber. Seine gemütliche Art, sein ruhiges Wesen, die Dinge auch mal eher gemächlich, ohne Hast anzugehen, aber auch seine kumpelhafte Offenheit zeichnen ihn unter anderem aus. Der gebürtige Bad Segeberger (Landesteil Holstein) Detlev Buck greift diese typisch norddeutschen Werte und Tugenden in "Erst die Arbeit und dann" auf und zeichnet diese in seiner wunderbaren Ode an die Heimat; garniert mit dem unvergleichlich trockenem Humor des Landes...

Der Film ist quasi ein Selbstporträt Bucks: selber auf einem Bauernhof aufgewachsen, spielt er in "Erst die Arbeit und dann" einen jungen Bauernsohn in besten Jahren. Zwischen Fallobst, Kuhfütterung, Plumpsklo und Schweinebesamung muß es doch noch mehr geben, oder? Zwar geht es nicht über "den großen Teich", doch mit Papas Benz gen Hamburg: Großstadt, Metropole, Partyort - kein Vergleich zum dörflichen Kreis Niebüll, wo die Bürgersteige bereits am Nachmittag hochgeklappt werden. Dort trifft Detlev Chantalle, Modedesignerin: flippig, kokett, lebenslustig. Gemeinsam verbringen sie einen unvergeßlichen Abend...

Dieses Frühwerk buck´schen Treibens zählt für mich zu seinen besten Werken: fernab jeden Mainstreams - auf deren Pfaden er auch in späteren Filmen nicht wirklich wanderte - ist "Erst die Arbeit und dann" jedoch sein persönlichstes, sein "authentischtes" Werk - quasi aus dem Leben gegriffen. Die Geschichte um Gerhard Ramm (dargestellt von Detlev Buck selbst) ist im wesentlichen eine leicht überspitzte Darstellung eines typisch holsteinischen Bauern: etwas gutmütig-einfach, aber im Grunde genommen ein lieber Kerl. Buck schafft es diesen Charakter eine Seele zu geben, eine Sympathiefigur von Anfang an. Auch die restlichen Darsteller sind "authentisch" und aus dem Leben gegriffen - wohl aus dem Bekanntenkreis rekrutiert. Das gibt dem Film den unglaublich nordischen Flair; natürlich mit "platt snacken", wenn auch nur - stilecht - bei der älteren Generation.

Doch nicht nur bei den Generationen verschwimmen die Grenzen - auch geographisch: zwischen behäbiger Dorfatmosphäre und schnellem Hamburg, unübersichtlich und multi-kulti. Buck schafft es auch trotz Ortswechsel die ruhige Atmosphäre, die den Film zeichnet, in die hektische Großstadt zu transferieren. Sind dort Anfangs die Schnitte noch schnell und hektisch, bringt die Figur Gerhard alsbald Ruhe rein. Und das paßt einfach nicht wirklich - der Bauer in der Großstadt in der Edelkneipe. Aber dies macht gerade den vermeintlichen Witz aus. Die unverkrampfte Art Gerhards läßt auch schnell Chantalle (Ela Nitsche), welche anfänglich noch die kühle Hanseatin mimt, erweichen. Das Ende ist noch ein wahres Aufgebot an Feinsinn und "Dramaturgie", herrlich. Glücklich darf sich der schätzen, der vor knapp 20 Jahren die Free-TV-Ausstahlung aufnahm; da heutzutage jede mickrige Makrele veröffentlicht wird - wo bleibt dieser famose Klassiker?

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