„Hattet ihr jemals irgendeinen Bezug zum Teufel?“
1972 drehte der spanische Exploitation-Vielfilmer Jess Franco („Der Hexentöter von Blackmoor“) mit der spanisch-französisch-portugiesischen Koproduktion „Die Nonnen von Clichy“ einen eigenwilligen Bastard aus Hexenjägerfilm und früher Nunploitation nach einer vorgeblichen Romanvorlage David Khunnes (das jedoch ein Pseudonym Francos ist) und unter deutlichem Einfluss von Ken Russells „Die Teufel“ stehend:
Die christliche Inquisition verbrennt eine Hexe, die sich jedoch nicht in ihr Schicksal ergibt, ohne ihre Peiniger zu verfluchen und anzukündigen, dass ihre Töchter sie rächen würden. Da wird Madame de Winter (Karin Field, „Dracula im Schloss des Schreckens“) dann doch etwas mulmig zumute, weshalb sie jene Töchter ausfindig machen lässt: Katrine (Anne Libert, „Die Nacht der offenen Särge“) und Margaret (Britt Nichols, „Die Nacht der reitenden Leichen“) leben als junge Nonnen in einem Kloster, seit es sie als Waisenkinder dorthin verschlug. Katrine hält man nun ebenfalls für eine Hexe und verurteilt sie zum Tode. Margaret wiederum erscheint ihre tote Mutter, die tatsächlich mit dem Teufel im Bunde stand und ihr eröffnet, dass Malcolm de Winter (Howard Vernon, „Das blutige Schloss der lebenden Leichen“) – Madame de Winters Gemahl – ihr Vater sei. Nun ist es an Margaret, den Racheplan ihrer Mutter in die Tat umzusetzen…
„Vielleicht ist dieses Mädchen von Dämonen besessen!“
Dankenswerterweise leidet Francos Film nicht, wie sonst später bekanntermaßen nicht unüblich, unter technischen Unzulänglichkeiten, formellen Fehlern und billigem Trash-Look, so dass man sich gänzlich der erzählten Geschichte widmen kann. Diese beginnt mit dem Prolog, der die berüchtigten „Hexentests“ zeigt und damit an die vorausgegangenen Hexenjägerfilme erinnert. Katrine entdeckt ihre Sexualität und nackte Nonnen räkeln sich in ihren Betten, man hadert mit der lustfeindlichen Auslegung des Glaubens. Schließlich sieht sich auch Katrine den Folterungen ausgesetzt, die sie als Hexe überführen sollen. Madame de Winters männliche Affäre (Ryanfair o.ä., habe ich leider in keiner Besetzungsliste finden können) jedoch glaubt an Katrines Unschuld, worauf Madame eifersüchtig reagiert. Dennoch gibt man sich bald wieder einem sadomasochistischen Rollenspiel hin, in dem er sie als Hexe bezeichnet und peitscht.
„Warum sollte ich daran zweifeln?“
Nach Margarets Vision ihrer Mutter wird sie vergewaltigt, während parallel der Maler Brian de Carsi (Andrea Montchal, „Vampyros Lesbos“) Katrine hilft, der zuvor auch Malcom de Winter zur Flucht verhalf, nachdem er in Ungnade gefallen war. Madame de Winter beschuldigt jedoch Ryanfair; Margaret schert das wenig und verführt eine Nonne, die daraufhin Selbstmord begeht. Der große Inquisitor Jeffries (Cihangir Gaffari, „Liebesgrüße aus Pistolen“) sucht den in Ketten liegenden Ryanfair auf, befreit ihn und gewährt ihm eine dreitägige Schonfrist, um Katrine aufzuspüren. Auf der Flucht trifft Margaret auf eine wirkliche Hexe, die ihr die Mörder ihrer Mutter verrät: Madame de Winter und Jeffries. Katrine bändelt mit dem Maler an, wird jedoch geschnappt. Ryanfair gesteht ihr daraufhin seine Zuneigung und versichert ihr, sie nicht auszuliefern. Sie beschließen, gemeinsam durchzubrennen, werden jedoch erwischt. Man foltert nun auch den bemitleidenswerten Rynafair.
„Nonne, Hexe, Hure – eine interessante Kombination!“
Um Gnade für Jeffries zu erwirken, erniedrigt sie sich bis zur Selbstaufgabe vor Jeffries. Dieser nutzt die Situation für sich aus, um Sex mit ihr zu haben, was Franco jedoch in diesem Falle nicht zeigt. Natürlich hält der schmierige Jeffries nicht sein Wort, will aber, dass Katrine an einem Fest zu Ehren Madame de Winters teilnimmt. Dort befindet sich auch Margaret unter anderer Identität. Auf dem Fest soll Katrine zu Tode gequält werden, doch zu Margrets Racheplan zählt auch die lesbische Verführung Madame de Winters, die sich daraufhin in einem schlechten Spezialeffekt auflöst. Malcolm de Winter und Konsorten rebellieren und befreien die Gefangenen, doch Jeffries lässt alle verhaften. Ein Kampf entbrennt, es gibt Tote. Margaret löst letztlich auch Ryanfair auf, worüber die Geschwister in Streit geraten. Katrine hetzt den Mob auf Margaret, die nun gefoltert und verbrannt wird…
Francos Film setzt sich also viel aus Rein-in-den-Kerker,-raus-aus-dem-Kerker-Wechselspielchen, garniert mit Folter- und Erotikszenen, zusammen und ist allein schon deshalb ein etwas unbefriedigender Genre-Mix, weil man es hier – für Hexenjägerfilme unüblich – tatsächlich mit Hexen zu tun bekommt, was die Inquisition somit ein Stück weit rechtfertigt. Diese wiederum wird jedoch eindeutig negativ konnotiert, ihre Taten sind schlimmer als die der Hexen. Der Nunploitation-Aspekt gerät dabei schnell ins Hintertreffen, wenngleich gerade dieser für die eine oder andere gelungene Erotikszene sorgt. Diese sind auch bitter nötig, um das etwas anstrengende Kostüm-Historientreiben aufzupeppen. Obwohl weitestgehend seriös geschauspielert und umgesetzt, ist „Die Nonnen von Clichy“ nie ernstzunehmen und erreicht nie die intensive Wirkung seiner Vorbilder. Das absurde Ende mit Versöhnungskuss und dem Epilog mit einer blinden Hexe setzt dem die Krone auf.
Da jedoch auch Ambiente und Ausstattung stimmen, der Film über weite Strecken durchaus opulent anzusehen ist und sich Franco im Zweifelsfall jeweils für Stil und Ästhetik statt für Schmodder und Softporno entschied, bleibt ein durchschnittliches Filmvergnügen, das in die Kerbe der Inquisitionskritik schlägt und Motive der Nunploitation-Welle vorwegnimmt.