Review

Irgendwann in den guten alten Zeiten, von denen Oma und Opa noch schwärmten, als sowieso alles besser war. Als Deutschland noch geteilt war und die Mauer noch stand, da schwenken wir die Kamera in die Sonnenallee nach Berlin-Ost. Der Mufuti (Multifunktionstisch) macht den Ehrenreichs zu schaffen, dem Onkel aus dem Westen die geschmuggelten Litschis - überhaupt hat so jeder sein Kreuz zu tragen, insbesondere die Jugend beim Erwachen der ersten Frühlingsgefühle.

Aber auch Oberwachtmeister Horkefeld (Detlev Buck) kämpft: völlig überfordert mit verschwundenen Pässen und durchdrehenden Jugendlichen leistet er sich einige Schnitzer.

"Sonnenallee" ist ein absolut witziger und unterhaltsamer "Ossistreifen" und spielt in einer Qualitätsliga mit "Good Bye Lenin" und vergleichbare. Es zeigt sich deutlich: Es handelt sich um eine typische BojeBuck-Produktion.

Die Schauspieler sind allesamt extraklasse und authentisch. Insbesondere Henry Hübchen als Familienpapa schließen wir so richtig ins Herz, die Rolle ist wirklich passend und seit seinem Auftritt in "Ein Mann für jede Tonart" haben wir ihn nicht mehr in einer so glänzenden Form bewundern dürfen.

Sein Sohn Micha ist richtig schräg drauf und mächtig verliebt in die Quotenblondine Miriam. Alexander Scheer und Teresa Weißbach glänzen als Teens in ihren Rollen und wissen zu begeistern. Scheer mimt den 17jährigen Pubertierenden absolut klasse, insbesondere die Haschrauchszene ist einfach kultig!

Der Film glänzt eigentlich weniger durch Handlung als vielmehr durch zahlreiche Gags. Einer nach dem anderen aneinandergereiht, strengen das Zwerchfell wirklich an, die Rahmenhandlungen sind absolut klasse - wer den Film zum wiederholten Male sieht entdeckt immer wieder was neues. In jeder Szene ist ein Brüller versteckt, hinzu kommt das absolut hippe und schräge Ostklamotten-Outfit, das insbesondere bei der Disco-Szene cool rüberkommt. Der völlig überforderte Micha beim hilflosen Mädchenangebaggere in 70er-Jahre-Outfit - Lachsalve garantiert! Wenn ich da an meine eigenen ersten Anbaggerversuche denke, ohjeee...

Aber die Jungs erleben allesamt der Reihe nach ihre Mannwerdung, keine Sorge - es kommt niemand zu kurz ("Das Land kam ihnen riesig vor. Das kann aber auch daran gelegen haben, daß ihr Moped so langsam war"). Jeder auf seine eigene Art und Weise. Nur Oberwachtmeister Horkefeld entwickelt sich irgendwie konträr: auf einmal ist er nur noch Wachtmeister - tja, scheiss Wessi-Mucke, wa. Zum durchdrehen... und schon stresst er die Anwohner penetrant.

Achja, auch der Besuch aus Dresden darf standesgemäß sächseln: "Isch bin der Ooolaf aus Dräsdn." - "Isch bin der Udoooo!" Die beiden Vögel sind ebenfalls eines der vielen Highlights, die Regisseur Leander Haußmann komödiantisch perfekt eingearbeitet hat.

Insgesamt ein großes Kompliment an Haußmann und Buck, es zeigt sich wieder einmal: die großen Deutschen Filmemacher verstehen ihr Handwerk. Einzig und allein mehr Tiefe, mehr "Sinn" und mehr "Aussage" - das wäre noch was wert gewesen. Aber ansonsten bleibt das Fazit: Unterhaltsam, amüsant, kurzweilig - Prädikat empfehlenswert!

(8/10)

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