Es gibt sie noch, kleine italienische Horrorperlen, die noch relativ unbekannt sind. Genau so ein Film ist „Il Profumo della Signora in Nero“ von Francesco Barilli. Dies wird sich jetzt hoffentlich ändern.
Silvia Hachmann (Mimsy Farmer) wirkt auf dem ersten Blick wie eine selbstbewusste junge Frau, die mitten im Leben steht und auch einen erfolgreichen Job hat. Hinzu hat sie einen Freund, Roberto, es könnte kaum besser sein.
Eines Abends wartet Silvia auf ihren Freund Roberto in dessen Wohnung. Im Spiegel sieht sie plötzlich eine unbekannte Frau. Voller Panik will sie die Wohnung verlassen, doch dann steht Roberto in der Tür. Die Dame im Spiegel ist aber verschwunden. Von dem Zeitpunkt an ändert sich Silvias Leben. Nicht nur das ihr Freund Roberto neue afrikanische Freunde hat, die oft vom Voodookult erzählen, auch sieht Silvia weitere Personen, die außer ihr keiner sieht. Zum Beispiel betritt einfach immer ein kleines blondes Mädchen Silvias Zimmer. Langsam schließt sich der Kreis. In ihrer frühen Kindheit musste Silvia oft auf ihren Vater verzichten, der als Kapitän zur See fuhr, ihre Mutter vergnügte sich in der Zwischenzeit mit anderen Männern. Einmal konnte sie ihre Mutter beim Akt mit einem fremden Mann überraschen, doch es wurde munter weiter gemacht und die Person attackierte Silvia auch.
Liegen Silvias Probleme in ihrer Vergangenheit oder hat noch jemand anderes Interesse, Silvia zu schaden...?
Man sieht, die Inhaltsangabe ist recht lang, und dennoch habe ich nicht alles erzählt. Dies würde den Film auch komplett zerstören, wenn man direkt alles wüsste.
Der Film beginnt wie jeder andere auch, doch schon im ersten Augenblick erkennt man, irgendwas stimmt mit besagter Silvia nicht. Wer macht schon extra das Licht an, wenn er seine Wohnung verlässt? Nun gut, der Zuschauer wird weiter in dunklen gelassen, erst langsam begreift man, was hier eigentlich abgeht. Natürlich bleiben für jedermann noch genug Interpretationsspielräume, auch nach dem Film.
Der Film baut eine gruselige Atmosphäre auf, schon allein, weil man einfach nicht weiß, was hier überhaupt passiert. Es tauchen komische Personen auf, die nur Silvia sehen kann und auch mit Silvias Freunden scheint nicht alles so zu sein, wie es den Anschein hat.
Francesco Barilli hat nicht viele Filme gedreht, leider muss man sagen, wenn man diesen Film sieht, der wohl zur damaligen Zeit auch ein Kassenschlager war. Man fühlt sich teilweise in Filme von Dario Argento versetzt, wenn man die Kameraarbeit von Barelli sieht. Es werden schöne Bilder eingefangen, dazu auch welche, die wie gesagt auch aus der Hand von Argento stammen könnten.
Hinzu kommt Musik von Nicola Piovani, die auf der einen Seite schön entspannend ist, dann gibt es aber Passagen, wo schon allein die Musik andeutet, jetzt muss was passieren. Unheimliche Geigenmusik, mit einem leicht nervtötenden Unterton (positiv gemeint!) deutet diese Passagen an.
Auch schauspielerisch kann man zufrieden sein, auch wenn man bis auf Mimsy Farmer die Darsteller überhaupt nicht kennt. Gerade Mimsy Farmer überzeugt als zunächst voll im Leben stehende Frau, die je länger der Film dauert, wohl in den Wahnsinn abdriftet...man weiß es aber nicht genau. Insbesondere muss man sich nicht wundern, wenn der Film oft mit „Rosemary’s Baby“ von Polanski verglichen wird, auch wenn der Vergleich selber hinkt. Spannend ist „Il Profumo della Signora in Nero“ aber allemal, keine Frage.
Außerdem baut Barilla noch Elemente von Lewis Carroll’s „Alice im Wunderland“ ein. Warum? Wer das Interview mit Barilla sieht, wird es verstehen. Barilla sieht die Person Alice und die ganze Truppe wie der verrückte Hutmacher etc. ebenfalls als verrückt an. Wer sich so was ausdenkt wie die Person Alice, kann in den Augen von Barilla eigentlich nur verrückt sein. Deswegen taucht diese Geschichte bei Silvia so oft auf.
Ohne hier massiv zu spoilern, gegen Ende wird der komplette Film einmal richtig auf den Kopf gestellt, damit hat wirklich keiner gerechnet, was hier in den letzten 5-10 Minuten abgeht. Der vorher so ruhige und gruselige Film driftet vollkommen in andere Gefilde ab.
Das Ende setzt dem ganzen die Krone auf, so dass man seine komplette Theorie vielleicht komplett über Board werfen kann, falls man je eine gehabt hatte. Im Nachhinein wird man im Film wohl selber Anhaltspunkte finden, aber wer damit gerechnet hat, der lügt. So bleibt die Frage, in welches Genre man den Film einordnen kann, vollkommen offen, dank dem glorreichen Ende.
Fazit: „Il Profumo della Signora in Nero“ ist eine Filmperle, die es verdient hat, doch mal ein wenig bekannter zu werden. Aus Italien kommen nicht immer nur Filme à la Fulci und Co, wo sinnlos gesplattert wird. Barillas Film geht einen neuen Weg im italienischen Film. Ein ruhiger Film, der mit einigen Schocks unterbrochen wird und auf ein recht derbes Finale hinausläuft. Nur man muss halt etwas Zeit investieren. Wer mit ruhigen Filmen nichts anfangen kann, wird auch hier seine Probleme bekommen. Barillas Film erinnert mich auch von der Vorgehensweise an Polanskis Werke wie „Der Mieter“ oder „Ekel“, beide laufen ebenfalls auf ein grausames Finale hin. Eine bessere Empfehlung kann man einem Film doch nicht geben, oder? Fans italienischer Filme müssen sich diesen Film anschauen, er ist definitiv ein Pflichtprogramm.