Review

Mit „Reeker“ erwartete ich den überraschungsarmen Teenieslasher, also das Übliche für einen gemütlichen Herrenabend. Glücklicherweise unterscheidet er sich aber von einfallslosen Beiträgen, bei denen es inhaltlich lediglich um das Auslöschen einer stereotypen Gruppe per Monster geht. Zwar fühlt man sich stellenweise an „Jeepers Creepers“ erinnert, aber wer will schon etwas komplett Neues erschaffen, was im Verlauf der Filmjahre ohnehin immer schwieriger wird…

Fulminant bereits der Prolog: Ein Auto mit Familie drin erfasst auf dem Highway innerhalb einer Einöde ein Reh. Man will nachsehen, steigt aus dem Wagen und „Etwas“ schlägt gnadenlos tödlich zu…
Eben auf diesem Highway befinden sich wenig später fünf Twens auf dem Weg zu einem Festival. Doch nach einem Zwischenstopp bei einem Motel springt ihr Wagen nicht mehr an. Das Motel ist menschenleer und sämtliche Telefone sind tot, zudem funktionieren weder Radio noch Handy. Noch bevor die Leute eine Möglichkeit finden, ihren Wagen wieder fahrtüchtig zu machen, liegt ein merkwürdiger Geruch in der Luft, mit dem sich ein Kampf um Leben und Tod anbahnt…

…und trotzdem verläuft die Sache nicht so vorhersehbar nach dem üblichen Muster ab. Die Bedrohung ist als solche zunächst nicht zu identifizieren. Mit Begriffen wie „Area 52“ wird der Zuschauer schnell auf eine falsche Fährte gelockt und lange Zeit wird kein todbringender Gegner sichtbar, was die Spannung steigert. Auch das Erscheinungsbild der Protagonisten ist nicht ganz so austauschbar wie gewohnt, lediglich zwei unscheinbare Blondchen mischen mit - aber nicht allzu lange. Neben der markanten Hauptdarstellerin ist vor allem die Integration eines Blinden fast schon ein Novum. Seine Fähigkeiten - stark ausgeprägter Geruchssinn und ein feines Gehör - geben der Geschichte ein paar abwechslungsreiche Momente und glücklicherweise führt das Handicap weder zur Abstufung der Person, noch wird diese mit Samthandschuhen angefasst.

Die Atmosphäre ist stimmig: Die verlassene Einöde, „dreckige“ Requisiten, unaufdringlich leiser Score - man fühlt sich wohlig unwohl innerhalb dieses latent bedrohlich wirkenden Schauplatzes.
Das Erscheinen des „Reekers“ raubt ein wenig von dieser Stimmung, da diese Figur zu konstruiert wirkt, mit seinen Waffen und der Maskerade von „Dr. Tod“. Immerhin sorgt er für ein paar ordentlich inszenierte Splatter-FX. Und einige Schockmomente, wie der „halbe Mann“ auf der Flucht, sitzen.

Der finale Plot-Twist krempelt das Geschehen noch einmal um. Nicht unbedingt vorhersehbar, aber in den letzten Jahren ein beliebtes Motiv, um ein mysteriöses Treiben zu erklären. Nicht komplett zufrieden stellend, aber ohne offen stehende Fragen, fügt sich dieser in ein positives Gesamtbild ein.
Gut, man hätte es erahnen können, aber wenn man die ganze Zeit auf dem Alien-Trip ist…

Atmosphärisch dicht, handwerklich ansprechend, brauchbare Darsteller, wenig nackte Haut und fast noch weniger Blut, - es geht also auch anders.
„Reeker“ ist zwar kein Meisterwerk geworden, unterscheidet sich aber angenehm positiv von einigen ideenlosen Gurken des Genres.
7 von 10 Punkten

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