Das Dokumentationen schon lange keine reine TV-Ware mehr sind, dürfte allgemein bekannt sein. Bereits seit einigen Jahren schaffen es immer mehr Dokumentationen ins Kino und sind dabei auch meist recht erfolgreich. Allen voran natürlich die Dokumentationen von US-Nestbeschmutzer Michael Moore, die jedes Mal Millionen von Menschen ins Kino zieht. Weitere Glückstreffer: Die aufrüttelnde McDonalds-Reportage von Morgan Spurlock und Brian Grazers gelungener Blick hinter die Kulissen des Erfolgspornos "Deep Throat", mit Namen "Inside Deep Throat". Nach so vielen Genre-Erfolgen hieß es nun endlich auch mal eine Tier-Doku in die Kinos zu bringen. Doch kann eine Doku über Tiere wirklich so viele Menschen in die Kinos ziehen, wenn man sich doch tagtäglich Tier-Reportagen im Fernsehen ansehen kann? Jawohl sie kann! Denn mit "Die Reise der Pinguine" haben wir einen weiteren hocherfolgreichen Genre-Vertreter, der aus den US-Kinocharts derzeit nicht wegzudenken ist, obwohl es sich um einen französischen Beitrag handelt. Und der Erfolg ist auch durchaus gerechtfertigt, den "La Marche de l'empereur" ist wirklich ein verdammt schönes Doku-Filmchen geworden. Leider nur mit einem störenden Haken, zumindest außerhalb der USA!
Aber erst einmal zu den vielen guten Sachen, die uns "Die Reise der Pinguine" bereithält. Regisseur Luc Jacquet hatte sich mit seinem Team vorgenommen, die neun Monatige Reise der Kaiserpinguine, zur ihrer Brutstätte und zurück, zu portraitieren. Detailreich und keine Passage auslassend, beleuchtet er dabei jeden schwierigen Schritt, den die Pinguine hierbei zurücklegen müssen. Angefangen beim tagelangen Marsch zur Brutstätte, über das Liebesspiel der Pinguine, der Brutzeit, dem ersten Marsch der Pinguindamen zurück zum Ozean, dem Standhalten bei eisigen und stürmischen Winter der Männchen während sie die Eier warm halten, dem Schlüpfen der Küken, dem Rückkehren der Weibchen und dem Aufbrechen der Männchen, bis hin zum getrennten Marsch der Familie, zurück zum großen Ozean. Jede einzelne Passage wird durchleuchtet und wirklich kein Teil des mühsamen Gangs wird ausgelassen.
Vor allem nicht die Stellen, die diesen Pinguin-Gang so dramatisch machen. Denn auf einer 9-Monatigen Reise durch Wind und Eis, Schnee und bitterster Kälte, schafft es manchmal nicht einmal der härteste Pinguin zu überleben. Wenn sich z. Bsp. einer der Pinguine während des Gangs, weil er zu langsam war, hoffnungslos verirrt und seinen Genossen nicht folgen kann, dann ist er verloren. Wenn das Ei der Pinguine nicht 24 Stunden von den Eltern geschützt werden kann, z. Bsp. weil sie sich bei der Ei-Übergabe zu tapsig angestellt haben, kann das Junge darin nicht überleben. Und wenn die Weibchen zu lange brauchen, um Nahrung aus dem Ozean zu holen, um es ihren Kindern am anderen Ende des Nordpols zu bringen, dann sind diese Winzlinge ebenfalls nicht lange fähig zu leben. Und vor allen diesen Szenen widmet der Film aufopferungswürdige Minuten, die den Zuschauer regelrecht zu Herzen gehen, obwohl dieser Vorgang ja eigentlich ganz normal ist.
Aber zu einer guten Doku gehören natürlich auch wunderbare Naturaufnahmen und diese gibt es in dem Film eigentlich von der ersten bis zur letzten Filmsekunde. Die wuchtigen Landschaften einer tief vereisten, stürmischen Antarktis brennen sich dem Zuschauer tief in das Bewusstsein ein. Die Aufnahmen sind mitunter so aufwändig geraten, dass sich der Zuschauer regelrecht fragt, wie solch grandiose Aufnahmen überhaupt gelingen konnten. Nicht nur dass es dort, mit über 40 Grad Minus, für den Menschen lebensbedrohlich kalt ist, es erfreuen einen auch einige unglaublich tolle Nahaufnahmen der Tiere, die man so noch nicht gesehen hat. Einige wunderbare Unterwasseraufnahmen bilden dann den Höhepunkt der visuellen, kalten Pracht, die dieser Film zu bieten hat.
Und damit es auch was fürs Ohr zum genießen gibt, wurde der Streifen mit einem absolut wunderbaren Soundtrack unterlegt, der sich hören lassen kann. Ja, es wird mitunter richtig atmosphärisch im Kino, wenn die eisig kalten Windböen durchs Kino ziehen, wenn das Eis laut knackt und natürlich, wenn die Pinguine ihre Laute von sich geben. In wie weit die Soundkulisse noch künstlich verfeinert wurde, mag ich zwar jetzt nicht genau zu wissen, doch zu hören gibt es wirklich allerhand. Vor allem auch eine wunderbare Musik-Untermahlung, die das Geschehen zu jedem Zeitpunkt optimal unterstreicht.
Nach all diesen positiven Details dürfte man jetzt eigentlich der Meinung sein, dass man es mit einem wunderbaren Doku-Ereignis zu tun hat. Wenn..., ja wenn es da nicht von diesem riesigen Manko zu berichten gäbe, was alle Sprachversionen, außer der Englischen, intus haben. Denn bei "Die Reise der Pinguine" gibt es, im Gegensatz zu einer normalen Doku und der US-Version, keinen Erzähler, der dem Zuschauer die interessanten und aufschlussreichen Informationen, zum jährlichen Schauer-Marsch der Pinguine, rüberbringt, sondern es sind die Pinguine selbst, bzw. drei Sprecher die aus der Sicht der Tiere sprechen. Zwar reden die Tiere jetzt nicht direkt zu den Zuschauern, doch aus dem Off berichten ein männliches, ein weibliches und später auch ein "kindliches" Tier, über den Werdegang ihrer Reise. Und das ist, mit Verlaub, schon nach wenigen Minuten recht nervig, zumal die Dialoge auch mitunter sehr schwülstig ausgefallen sind und sich die Pinguine ein ums andere Mal wiederholen. Zwar ist der Informationsgehalt immer noch recht hoch, doch es ist eben eine ziemlich, na sagen wir mal, gewöhnungsbedürftige Art und Weise, wie man hier die Informationen herüber gebracht kriegt, zumindest als Erwachsener. Für Kleinkinder ist diese Idee natürlich sensationell und mit Sicherheit auch sehr unterhaltsam, wobei wiederum der Filminhalt manchmal, trotz oder gerade wegen des Realismus, etwas zu hart für die ganz Kleinen sein dürfte, wenn z. Bsp. einige tote Pinguinkinder gezeigt werden und die Pinguine von tiefer Traurigkeit berichten. Aber ansonsten dürften wohl zumindest diese Zielgruppe vollauf zufrieden.
Fazit: Im Grunde eine wunderbare Dokumentation, die den jährlichen, langen, mühsamen und schicksalsbehafteten Gang der Pinguine, zu ihrer Brutstätte und zurück, aufs wunderbarste portraitiert, ohne dabei auch nur einen wichtigen Punkt zu vergessen, inkl. den vielen bitteren Seiten dieses Marsches, vor allem dem Tod. Grandiose Naturaufnahmen und ein fabelhafter Soundtrack, hätten das Ganze dann fast schon zu einem Meisterwerk unter den Dokus machen können, wenn da nicht die bescheuerte und extrem nervige Idee mit den "denkenden Pinguinen" gewesen wäre, die zwar dennoch Informationen bringt, aber unterm Strich eben doch nicht wirklich überzeugen kann. Somit sei allen Familien mit Kleinkindern und der Gang ins Kino wärmstens empfohlen, genauso wie all jenen die kein Englisch verstehen. Alle anderen versuchen aber lieber an die US-Version zu kommen, in der Morgan Freeman den (einzigen) Erzähler gibt! Dann wird das Erlebnis vielleicht wirklich einzigartig sein!
Wertung: 7/10 Punkte