Wolf Creek strahlt im Gegensatz zu dem momentanem Survivalhorror-Boom und den unzähligen Remakes alter Horrorikonen (z.b The Texas Chainsaw Massacre, The Hills Have Eyes) dieses gewisse etwas aus, dass bei Filmen wie Hostel oder Saw 2 gänzlich fehlt, und zwar Realismus. Und den nicht zu wenig. Bei der Einführung der Charaktere wird sich genügend Zeit genommen, was auch sehr wichtig ist, um überhaupt einen Bezug oder eher gesagt eine Identifikation mit den Protagonisten gewährleisten zu können. Auch wenn manche Dialoge nicht sonderlich tiefsinnig sind und infantil wirken, steigert dies nur das authentische Miteinander dreier Teenager, die zusammen etwas Spaß haben wollen und guter Dinge sind. Umso schlimmer die sich entwickelnde Liebesbeziehung von zwei der drei Backpacktouristen, für welche sich ausreichend Zeit genommen wurde, so dass die Agonie jedes Einzelnen noch tragischer für den Betrachter wird. Der Handlungsort des Geschehens, der australische Outback, dient als klaustrophobischer Spannungsgarant und wird klasse umgesetzt. Eine desolate Umgebung und eine Kameraführung, die gekonnt die Psyche des Zuschauers fasst und Freiraum schafft, um sich den Ausmaßen der Unmenschlichkeit eines Menschen anzunähern, ruft eine latente Spannung hervor. Es folgt auch nicht eine Goreszene auf die andere, ganz im Gegenteil, es folgen nur ein paar – aber diese werden sehr langsam aufgebaut und umgesetzt, umso grausamer die Wirkung. Der Fokus sollte hier ganz klar auf den Einsiedler Mick gelenkt werden, welcher eine formidable schauspielerische Leistung zu Tage bringt: Zuvor der charmante Einsiedler, der Sprüche klopft, und hinterher der eiskalte Psychopath ohne Reue, der perfekt zu dem Ambiente des Outbacks passt. Das Motiv für seine Taten bleibt jedoch ungeklärt und kann nur erahnt werden. Als Manko könnten die teilweise unbegereifbaren Fehlentscheidungen der Charaktere angesehen werden, aber diese spiegeln letztendlich nur die Verzweiflung und die Hilflosigkeit jedes Einzelnen wieder. Wer würde schon mit solch einer Situation gut klar kommen?
10/10