Review

Sie will nicht abreißen, die Welle blutrünstiger Terrorschocker auf unseren Leinwänden. Nur unbedeutend lange nach „The Hills have Eyes“ und „Hostel“ zeigt uns nun der australische Regisseur Greg McLean, dass man selbst in 'Down Under', weit abseits von düsteren slowakischen Folterkellern oder der Wüste von New Mexiko nicht vor sadistischen Hobbyfolterern sicher ist.
Das Leid, diese Erkenntnis dem Zuschauer nahe zu bringen, übernehmen diesmal drei junge, australische Rucksacktouristen, die auf ihrer Reise quer durch das australische Outback an den titelgebenden Meteoritenkrater gelangen. Dort, mitten im absoluten Nirgendwo passiert natürlich, was passieren muss: Plötzlich streikt der Wagen. Welch „Glück“, dass ihnen rein zufällig ein hilfsbereiter Einheimischer über den Weg läuft...

Dass es den neumodischen Terrorfilmen (welche eigentlich eher als modernisiertes Revival vom Horrorkino der 70ziger Jahre denn als absolute Innovation zu sehen sind) hauptsächlich auf Realismus ankommt, mit dem Ziel den Zuschauer mit einer möglichst authentischen und nachvollziehbaren Extremsituation zu konfrontieren, merkt man an „Wolf Creek“ im Vergleich mit seinen Genrekollegen wohl am deutlichsten.
Keine Zombies, keine Monster, keine Mutanten, keine Blutfontänen, keine herumfliegenden Extremitäten, keine Massaker. Kurzum, „Wolf Creek“ dürfte rein oberflächlich betrachtet, also in Hinblick auf seine Darstellung von graphischer Gewalt unter seinen blutrünstigen Artgenossen wohl der harmloseste sein, was sicher vom Regisseur beabsichtigt, vielleicht aber auch irgendwo auf das geringe Budget von knapp einer Million Dollar zurückzuführen ist, womit McLean’s Regiedebüt als klassischer Low-Budget-Streifen klassifiziert werden kann.

Bis es aber tatsächlich ernst wird für unsere Protagonisten, fahren sie erst einmal in einer sehr ausführlichen Exposition quer durch Australien, erleben eine wilde Party, flirten und verlieben sich ineinander und machen Bekanntschaft mit unfreundlichen Kneipengängern.
Die Exposition war, vor allem in der Horrorfilmgeschichte schon oft ein viel zu unterschätzter Teil des Films, immerhin sind die Sympathien oder Antipathien des Zuschauers zu den Charakteren der Schlüssel zum späteren Mitzittern und somit auch zur Wirkungskraft des Films.
Die gute Nachricht bei „Wolf Creek“ ist, dass Greg McLean der Exposition einen großen Spielraum einräumt. Die schlechte ist, dass er leider nicht viel daraus macht, denn abseits von diversen einprägsam idyllischen Strand- und Landschaftsaufnahmen schafft er es kaum seinen Charakteren Leben einzuhauchen. Und übrig bleiben mal wieder mehr oder weniger austauschbare, facettenarme Charaktere, die sich aber zumindest nicht ausschließlich durch ausgelutschte Genreklischees definieren. Langweilig wird es in der Einleitungsphase zum Glück nicht, wodurch sie sich auch weit von der katastrophalen Hostel-Exposition abhebt, nur bleibt sie letztlich leider ziemlich ungenutzt in Hinblick auf ihre eigentlichen Anforderungen – ein Problem dass sich durch den gesamten Film zieht.
Liegen unsere Touries aber erst einmal nachts, bibbernd vor Kälte in ihrem fahruntüchtigen Auto, kommt endlich richtige Spannung auf. Hier lebt „Wolf Creek“ ganz klar von der Erwartungshaltung des Zuschauers. Obwohl weit und breit keine Menschenseele auszumachen ist, will das bedrohliche Gefühl nicht weichen. In dieser Phase läuft Greg McLean zur Höchstform auf und füllt die Bildfläche dank totaler Dunkelheit und lediglich weniger Lichtquellen zugunsten der unheimlichen Stimmung nur selten ganz aus.

Leider bleibt dieser Spannungshöhepunkt im weiteren Verlauf ziemlich konkurrenzlos, denn wenn endlich das beginnt, worauf der Film ja nun die ganze Zeit zuläuft, überschlagen sich Ungereimtheiten und inszenatorische Schwächen.
Durch den übermäßigen Redeeinsatz verliert zunächst die Person des Killers schon bald ihre unheimliche, angsteinflößende Wirkung. Hier hätte sich McLean besser mal ein Beispiel an Alexandre Aja’s Erstling „High Tension“ nehmen sollen.
Doch mit was für unüberlegten und unlogischen Verhaltensweisen der Zuschauer in Folge konfrontiert wird, dürfte selbst den nachgiebigsten Zuschauer stören.
Im Sinne der Spannungserhaltung wird an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen, aber so kleinlich es auch klingen mag, so überraschend stark beeinflusst dieser Aspekt letztlich auch die Wirkung des Films.
In Hinblick auf den gelungenen Mittelteil muss man McLean aber vor allem auch vorhalten, dass er aus der bedrohlichen Atmosphäre nicht wirklich viel gemacht hat. Er geht mehrere gute Schritte in die richtige Richtung, bleibt dann aber auf halbem Weg stehen und rührt sich nicht mehr von der Stelle. Damit fällt der Film in seinem Hauptteil überraschend unspektakulär und ereignisarm aus, auch wenn man unterm Strich ordentlich spannende Genrekost serviert bekommt.

Ja, ganz ordentlich ist „Wolf Creek“ schon, zu mehr fehlt letztenendes aber dann doch eine ganze Menge, sodass beim Abspann leider ein etwas fader Beigeschmack bleibt. Vielleicht wäre der Film mit einer Videothekenpremiere besser aufgehoben, denn dort darf er sich sicherlich, verglichen mit dem, was sonst so als Videothekenpremiere im Genre Horror/Thriller erscheint, zur qualitativen Oberklasse zählen. Als wirklicher Kinofilm, vor allem in Anbetracht der Konkurrenz, wird sich „Wolf Creek“ aber wohl kaum behaupten können.

6/10

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