Bei der Corman-Produktion „Death Race 2000“, oder zu deutsch noch schmissiger „Frankensteins Todesrennen“, bleibt durchgehend die Frage offen, ob sich das Ganze nicht zu sehr dem sich verschriebenen Zynismus hingibt. Allerdings muss man dem Film eine Sache zugutehalten: Er bleibt in allen seinen Ansätzen erfrischend konsequent.
Amerika scheint im Jahr 2000 so weit moralisch bankrott zu sein, dass das Rennen durch die USA als Massenvergnügen installiert wurde, um dem kulturellen Stumpfsinn nicht nur gerecht zu werden, sondern ihn auch noch zu maximieren. Die Sprache ist vereinfacht, das Denken ist vereinfacht und alles wird der Maxime untergeordnet, die durch die Figur Mr. President verkörperte Elite zu stützen. Faschismus-Fantasien vom Feinsten.
Dabei werden Punkte für unbeteiligte Todesopfer vergeben. Kinder und Alte geben mehr Punkte und so gilt es, sich der Unmoral wortwörtlich ungebremst hinzugeben. Was für ein Ansatz!
Dass das alles nicht als düstere Dystopie daherkommt, sondern vielmehr als sarkastischer Kommentar zur amerikanischen Unterhaltungsindustrie, macht diesen Film zu einem schillernden Kleinod der anarchischen Welt der Low-Budget-Produktionen, die viele Elemente des abseitigen Kinos in sich vereint.
Aufgetunte Karren in teils halsbrecherischen Manövern? - Check.
Hakenkreuzgeschmückte Nazi-Wallküre mit Nazi-Terminologie, die durch einen gemalten Tunnel in den Tod gelockt wird, als hätte Wile E. Coyote am Drehbuch mitgeschrieben? - Whuuuut? Aber: Check.
Sinnentleerte Tötungsszenen während der Rennen? - Check.
Steigerungen in den Actionszenen inklusive Flugzeug und explodierende Handprotesen? - Check.
Den Faschismus hingebungsvoll unterstützende Propaganda, die dafür aber auch mit dem Tod bestraft wird? - Check.
Eine Alibi-Story, um dem Ganzen etwas Halt zu geben? - Check.
Handlungsszenen ohne Action durch Nacktheit aller (!) Nebendarsteller einfach kurzerhand aufpimpen? - Check.
Und so weiter.
Unterstützt werden die einzelnen Szenen mit einem Score, der so viel Zeitkolorit verbreitet und sich dem V8-Fauchen dabei gerne unterordnet, um im nächsten Augenblick mit einem stilistischen Bruch in den Vordergrund zu drängen, Szenen zu kommentieren oder ironisch zu brechen, dass es fast wirkt, als hätten vier Komponisten gleichzeitig ihre Arbeit verrichtet.
Die Kameraarbeit fängt das Geschehen dabei hingebungsvoll ein, spielt überraschend viel mit Perspektiven und weist durchgehend den Charme des Handgemachten auf. So muss ein solcher Film auch aussehen. Cool. Die wenigen Effekte, die so etwas wie eine Zukunftsvision vorgaukeln sollen, wirken herrlich schräg oder naiv. Besonders die kurz zu sehende Magnetschwebebahn hat es mir angetan. Cool.
Dazu kommen noch Carradine und Stallone, die dieser filmischen Absurdität eine gewisse Würze verleihen, wenngleich ihre Rollen wenig von ihnen verlangen. Die Synchronisation wurde dankbarer Weise liebevoll umgesetzt und Klaus Kindler verleiht Carradine eine Eastwood nahekommende Lässigkeit. Cool. Tommi Pipers enthusiastisches Krakele als Reporter gibt dem Film und seiner (dünnen) Kritik an der zur Barbarei neigenden Unterhaltungssucht dabei den passenden Tonfall.
Im Vergleich mit dem Remake fällt mehr als deutlich auf, dass das Original wesentlich direkter, aggressiver und befreiter seine Ideen umsetzt und sich keinerlei Fragen zur späteren Rezeption stellt. Corman wollte schlicht einen Film machen, der dadurch Geld in die Kassen spült, dass die Erwartungen des Zuschauers erfüllt und übertroffen werden. Und bei mir hat er das geschafft.
Fazit
„Frankensteins Todesrennen“ hat mich tatsächlich vom Hocker gehauen, weil er in seiner Konsequenz meine Erwartungen an einen vergnüglichen Trash-Film weit übertroffen hat. Hier passt auf eine schräge und verdrehte Art einfach alles zusammen und ich bereue tatsächlich, bis heute mit der Sichtung dieser Perle des Low-Budget-Films gewartet zu haben. Einfach ein durch und durch durchgeknallter Film, der nahezu seine gesamte Spielzeit im roten Bereich dreht. Ein rauschender Fiebertraum.
Und im Vergleich zu „Bocky - Ein Mann steckt einen weg“ ist das hier sicherlich das bessere Frühwerk Stallones.
Zu diesem Film empfehle ich gekühltes Dosenbier, diverses Fingerfood und zwischen den Gängen jeweils einen Tequila. Ich hatte schon die Idee, den Film auf mein Garagentor zu projizieren und aus dem Auto zu schauen, um das Erlebnis perfekt zu machen. Vielleicht im Sommer...