Türkei: Die Philologin Ayse verschlägt es zusammen mit ihrem Archäologie-Professor Hodja sowie einigen weiteren Kollegen in ein verlassenes Berg-Dorf, wo einige bedeutsame Ausgrabungs-Arbeiten anstehen. Der Ort an sich ist insofern berüchtigt, als dass die Dorf-Bewohner im Mittelalter allesamt einer bösen Hexe gehuldigt und ihr damals sogar die eigenen Kinder geopfert hatten. Klar, dass seitdem ein Fluch auf der Gegend liegt. Da passt es auch vom Timing her hervorragend, dass Ayses missgünstige "Freundin" Zeynep just nun einen bösen Zauber über die junge Frau ausspricht, um diese endgültig aus dem Weg zu räumen. Durch die schwarze Magie reaktiviert sich dann auch der Fluch und der Geist der besagten Hexe ergreift Besitz von einem Team-Mitglied, das einen Anwesenden nach dem anderen niedermetzelt... Wenn man es nicht besser wüsste und ein paar läppische Details wie die Rollen-Namen oder die Umlaute im Titel nicht wären, würde man Stein und Bein darauf schwören, dass man es bei "Büyü - Der Fluch" mit einem vergessenen Spaghetti-Splatter aus den frühen 80ern zu tun hat... und nicht mit einer türkischen Produktion von 2004! Berührungsängste mit der türkischen Kino-Kultur, die man aufgrund solcher echt abgefahrenen Trash-Klopper wie "Turkish Star Wars" (und anderer irrer Rip-Offs amerikanischer Kino-Hits) ja durchaus haben könnte, sind demnach hier völlig fehl am Platz, denn als eingefleischter Genre-Fan findet man sich in Orhan Oguz’ Film wirklich problemlos zurecht. Tatsächlich ist hier alles so, als ob die Zeit 30 Jahre lang stillgestanden hätte und Lucio Fulci immer noch das Regie-Zepter schwingen würde: Die farbsatte Fotografie (inklusive Zooms und bläulich ausgeleuchteten Nacht-Aufnahmen) sorgt im Verbund mit der stimmungsvollen Dorf-Kulisse für die typische Atmosphäre, die Gore-F/X sind sudelig und handgemacht, und die Handlung beginnt zwar lahm, steigert sich mit zunehmender Laufzeit allerdings zur furiosen Fingerübung in Sachen sinnbefreiter Phantastik. Wer in Anbetracht des Entstehungs-Landes auf einen ähnlich exotischen Genre-Beitrag hofft, wie man ihn ab und an aus asiatischen Gefilden zu sehen kriegt, sieht sich da unweigerlich enttäuscht, mit seiner regelkonform durchexerzierten Body Count-Masche ist "Büyü - Der Fluch" nämlich ebenso verträglich geraten wie ein durchschnittliches, amerikanisches B-Movie. Religiöse Untertöne spielen da nicht mal eine untergeordnete Rolle und auch die attraktiven Darstellerinnen laufen statt mit Kopftüchern lieber mit Tank-Tops durch die Gegend und lassen sogar wenig prüde die Hüllen fallen. Nur in seiner formalen Ästhetik ist das Ganze halt vollkommen retro, die Vorbilder, auf die sich Regisseur Oguz beruft heißen darum auch nicht "Scream - Schrei!" oder "Final Destination", sondern eben "Ein Zombie hing am Glockenseil" und "Tanz der Teufel" (dem sogar ganz speziell in einer dämonischen Vergewaltigungs-Sequenz gehuldigt wird). Das kann man entweder charmant finden, oder als altbacken und völlig unzeitgemäß abtun... ich entscheide mich für ersteres. In der Auswahl der nicht mehr ganz taufrischen Motive, die beinahe allesamt der Mottenkiste entstammen, beweisen die Drehbuchautoren aber immerhin Stilbewusstsein, da fügen sich die einzelnen Elemente wirklich prima zusammen und keine Anbiederung an irgendeinen aktuellen Trend stört das Gesamtbild. Dass die Macher aber nicht nur ihre Klassiker studiert, sondern halt auch mal woanders reingeschaut haben (der Schluss-Akt kommt beispielsweise rüber wie eine Abwandlung des britischen Besessenheits-Horrors "Long Time Dead - Du bist der Nächste!"), tut da absolut nichts zur Sache und verpasst dem Streifen demnach auch keinen modernen Anstrich mehr. Insgesamt betrachtet finde ich Orhan Oguz’ sauber produzierten Okkult-Schocker trotzdem allemal stimmiger und reizvoller, als die üblichen US-Teenie-Slasher oder japanischen Geisterfilmchen. Wenn das also das Gesicht des modernen türkischen Genre-Kinos ist, dann soll mir das Recht sein... denn nur um es noch mal in aller Deutlichkeit zu sagen: "Büyü - Der Fluch" verbreitet mehr authentisches Italo-Feeling, als die fünf letzten Argento-Streifen zusammengenommen.
7/10