Tja, ich muß gestehen, ein gut Teil meiner Sympathie für diesen Film hat damit zu tun, daß er einer der ersten richtigen Horrorfilme war, die ich mir seinerzeit zu Gemüte führte, wie es sich gehört in Gesellschaft einiger Klassenkameraden/-innen und dem einen oder anderen Bier. Im Gegensatz zu der jungen Dame, die neben mir auf dem Sofa saß, fand ich großes Gefallen an den Geschehnissen in der alten Kathedrale - und daran, daß ich von ihr für jenen Abend als starker männlicher Beschützer vor den Gräueln der Finsternis auserkoren ward... Knapp zehn Jahre später erwarb ich dann aus nostalgischen Motiven (und weil ich ein Faible für Dario Argento entwickelt hatte) die LaserParadise-Kopie für einen Spottpreis und war, obgleich diesmal ohne Damenbegleitung, beim erneuten Anschauen wieder hellauf begeistert. Was mich damals wie heute an diesem Film fasziniert, ist die unglaubliche Mischung von Musik und Bild; ich bin mir nicht sicher, ob Philip Glass weiß, was Goblin mit seinem FLOE angestellt haben, aber um ehrlich zu sein, höre ich von dem Stück viel lieber die durchgeknallte Synthie-Version der Goblins als den braven Minimalismus-Pop von Herrn Glass.
Es gibt durchaus Längen in THE CHURCH, und wenn man eine logische Handlungskette erwartet, wird man bitter enttäuscht. Wieso z.B. der Küster, der sich gerade erst mit dem Presslufthammer ins Jenseits gesplattert hat (großartige Szene!) plötzlich wieder im Kirchenschiff herumgeistert und finster um irgendwelche Ecken blickt, bzw. Lehrerinnen mit Eisenstangen durchbohrt, wird an keiner Stelle irgendwie erklärt. Ominös bleibt ebenso, wieso die Ruinen der Kirche "zur Warnung für die Nachwelt" am Ende stehen bleiben, wie ein Fremdenführer seiner Reisegruppe mitteilt, und wo die High Tech-Metropole drumherum auf einmal herkommt. Aber wen kümmern solche logischen Kapriolen, wenn der Rest des Films ein einziger großartiger Alptraum ist!? Eine apokalyptische Stimmung durchzieht die ganze Szenerie von Anfang bis Ende, zwischendurch mischt sich etwas Religionskritik mit hinein, und so spürbar war das Böse in einem Film seit OMEN I nicht mehr. Die Szene, in der der Protagonist (der sich irgendwann zum Antagonisten wandelt) in der Krypta das Siegel zu den geheimen Räumen unterhalb der Kirche erbricht, sich daraufhin ein kreuzförmiges Stück aus dem Kellerboden löst und in eine schier unendliche Finsternis stürzt, gehört zum Unheimlichsten, was je auf die Leinwand gebracht wurde - vergleichbar höchstens mit der Blindenhund-Sequenz in SUSPIRIA. Michele Soavi versteht es wie sein Mentor Dario Argento (dessen Handschrift in THE CHURCH bisweilen etwas zu deutlich durchscheint) irritierende, beängstigende Räume und Szenen zu erschaffen, wobei die Ursachen für das Unbehagen, das sie bereiten, nicht immer logisch herzuleiten ist.
Die Schauspieler haben durchaus gehobenes B-Movie-Niveau, die Splatterszenen haben es echt in sich und die Kulissen sind einmalig. Gedreht wurde übrigens in der Matthias Kirche in Budapest, der "Kirche der Jungfrau Maria", die durchaus einen Besuch wert ist.
Fazit:
THE CHURCH ist für den "normalen", kritischen Horror-Fan nicht unbedingt rückhaltlos zu empfehlen, dafür gibt es trotz spannungsreicher Momente zu viele Unstimmigkeiten in der Story, für den Genre-Kenner ist der Film jedoch ein echter Leckerbissen.