Irgendwo zwischen klassischem Schlitzer-Filmchen und Backwood-Horror pendelt „Blutige Dämmerung" (1981), der auf dem Höhepunkt der Slasher-Welle der jungen 1980er-Jahre entstand. Regisseur Jeff Liebermann scheint dabei eher an der unheimlichen Atmosphäre des abgelegenen Settings, denn an vordergründigen Gore-Effekten interessiert. Gepaart mit den soliden Schauspielleistungen und dem unheilschwangeren Score von Brad Fiedel entstand einer der besseren Vertreter des Genres.Der Mittzwanziger Warren (Gregg Henry) und seine Freundin Constance (Deborah Benson) fahren gemeinsam mit ihren Freunden für einen abgelegenen Campingausflug in die abgelegenen Wälder Oregons. Trotz einer lokalen Geistergeschichte und der Warnungen des Park Rangers Roy McLean (George Kennedy) schlagen sie ihre Zelte auf und geraten schon bald ins Visier eines Killers, der die Gruppe nach und nach dezimiert.
Nachdem „Halloween" (1978) das Horror-Subgenre „Slasher" begründete, überschwemmten in den Folgejahren unzählige Filme, in denen ein maskierter Killer eine Gruppe Jugendliche massakrieren, die Kinoleinwände und das aufkeimende Videogeschäft. Zynisch könnte man sagen, dass in diesem Subgenre in vielerlei Hinsicht Quantität wichtiger ist als Qualität, seitdem „Freitag der 13." (1980) neue Grenzen hinsichtlich der Gewaltdarstellung in Mainstreamfilmen zog. Die Höhe des Bodycounts, die Menge an Kunstblut und die Anzahl an Fortsetzungen geronnen zu zweifelhaften Qualitätsmerkmalen des jungen Genres. Ein paar Jahre vorher lieferten Filme wie „Blutgericht in Texas" (1974) und „Beim Sterben ist jeder der Erste"(1972) die Blaupausen für so genannten Backwood-Horror, der egoistische und arrogante Städter auf degenerierte Hinterwäldler-Familien prallen lässt - natürlich mit einem blutigem Endergebnis. Beide Subgenres sind auch insofern ein filmisches Phänomen, als dass es innerhalb der Fangemeinde als besonders erstrebenswert gilt, sich penibel an alle Konventionen zu halten, die seit „Halloween" (1978) praktisch unverändert existieren. Diese fast schon systematische Innovationsfeindlichkeit passt zur reaktionären Grundeinstellung des Slasherfilm wie die Hockeymaske zum Jason Vorhees. Gleich gab und gibt es immer wieder Produktionen, die qualitativ herausragen, ohne die Grundformel zu verändern und zu diesen Perlen gehört auch „Blutige Dämmerung" (1981) aus der goldenen Ära der Slasherfilme.
Inhaltlich hält sich das Drehbuch sklavisch an die etablierte Slasher-Formel: Das wären das Ereignis in der Vergangenheit als Prolog, die ignorierten Warnungen Einheimischer, das Stalking des Killers, das Campersetting. die repräsentative Gruppe Jugendlicher, das promiskuitive Verhalten der Opfer, die ahnende Nebenfigurer, die zur Rettung aufbricht, das vernünftige Final-Girl, das im Verlauf der Handlung über sich hinauswächst - all diese schon 1981 zum Klischee erstarrten Plot-Elemente bedient auch Jeff Lieberman in „Blutige Dämmerung" (1981). Das ist im Rahmen der Genrekonventionen natürlich zu verschmerzen, aber auch alles andere als spannend. Was „Blutige Dämmerung" hingegen über den Durchschnitt vergleichbarer Produktionen hievt, ist die kompetente Nutzung des Settings eine äußerst straffe Inszenierung und den gelungenen Aufbau von Atmosphäre. Lieberman inszeniert sein Setting als naturschönes, aber gleichzeitig bedrohliches Ambiente, in der nicht nur wildgewordene Rednecks, sondern auch reißende Wasserfälle und der eigene Orientierungssinn zur Gefahr werden können. Insbesondere Jon Boormans „Beim Sterben ist jeder der Erste" (1972) scheint in mehrfacher Hinsicht eine maßgebliche Inspirationsquelle gewesen zu sein. Mehr noch als andere Backwoods-Slasher zitiert Liebermann ganze Szenen des Klassikers und verlagert das unweigerliche Sterben der Protagonisten konsequenterweise teilweise in ein reißendes Fluss-Setting. Verstärkt wird diese Atmosphäre durch den minimalistischen aber unglaublich effektiven Score des späteren Terminator-Komponisten Brad Fiedel. Die Spannungsbögen geraten dabei durchgängig professionell und schnörkellos, die Tötungsszenen bleiben bei einem moderaten Gewaltlevel stets abwechslungsreich und einfallsreich gefilmt. Schauspielerisch gibt es ebenfalls wenig zu bemängeln. Deborah Benson gibt ein passables Final-Girl, das vor allem in der furiosen Schlussszene komplett freidrehen darf und mit Gregg Henry („Payback", „Slithers") und vor allem George Kennedy („Die nackte Kanone") ist sogar so etwas wie Hollywoodprominenz an Bord.Kritik kann man vor allem an einigen arg unterentwickelten Handlungssträngen anbringen, die teilweise unausgereift bleiben bzw. irgendwann einfach fallengelassen werden. Die zentrale Frage, weshalb die Figuren in Slasherfilmen im Angesicht von Tod und Verderben permanent den Drang verspüren, allein loszuziehen, statt die Sicherheit einer Gruppe zu suchen, kann auch „Blutige Dämmerung" (1981) nicht wirklich zufriedenstellend beantworten. Einzelne Figuren wie die Hillbillytochter und der versoffene Redneck aus der Anfangssequenz scheiden irgendwann aus der Handlung, ohne ihre Nebenhandlungsplots zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Recht stimmig gerät hingegen die Charakterentwicklung der Charaktere Constance und Warren. Sowohl der Prolog, als auch die finale Szene, so gut sie für sich auch funktioniert, wirken inhaltlich recht freischwebend ohne direkten Bezug zur restlichen Handlung. Zudem wird die Motivation des Killers niemals wirklich deutlich, außer...dass er ein durchgedrehter Redneck auf der Spur von Diedeldei und Diedeldum aus Alice im Wunderland ist.
Alles in allem überwiegt bei „Blutige Dämmerung" (1981) eher Licht als Schatten. Die schön eingefangene Abgeschiedenheit der Berge bietet genug Atmosphäre, abseits des 80er-Jahre-Kolorit. Die kompetente Regie, gepaart mit soliden Darstellerleistungen und einfallsreichen Tötungsszenen machen ihn zu einem besseren Vertreter des Genres.Daran werden ich mich erinnern: Die finale Magenspiegelung