Dario Argento hatte bereits öfter mit US-Schauspielern und -Regisseuren (vor allem George Romero) kooperiert, doch mit „Aura – Trauma“ drehte 1993 einen komplett in den USA spielenden Film.
In Minneapolis geht ein Killer um, der seinen Opfern die Köpfe mittels einer selbstgebastelten Maschine runtersäbelt, die aus einer Drahtschlinge besteht, welche von einem Motor unbarmherzig zusammengezogen wird. Um dieses desolate Weltbild noch zu verstärken präsentiert Argento kurz darauf noch die junge Aura Petrescu (Asia Argento), die sich von einer Brücke stürzen will. Hinter den stilvollen Stadtkulissen lauern also Abgründe, das erzählt „Aura – Trauma“ von Beginn an.
Aura wird von dem jungen Graphiker David Parsons (Christopher Rydell) vom Suizid abgehalten, doch die an Anorexie leidende junge Frau bleibt verschlossen und entschwindet bald – um von zwei Männern zu ihren Eltern zurückgebracht zu werden. Auras Mutter, das Medium Adriana (Piper Laurie), spürt die Präsenz des Mörders – kurz darauf findet Aura ihre Eltern enthauptet vor, was von Argento in einer wunderbaren, verregnet-surrealen Szene eingefangen wird.
Aura flieht und trifft schließlich David wieder, der sich schnell in die junge Frau verliebt. Gemeinsam versuchen die auf die Spur des sogenannten Head Hunters zu kommen und finden erste Verbindungen zwischen den Opfern…
„Aura – Trauma“ kann man fast als den Konsens-Argento bezeichnen, was die Fan-Meinungen angeht. Stets wird er als netter, nicht wirklich schlechter Film des Regisseurs bezeichnet, aber zu seinen Topfilmen zählt ihn trotzdem kaum jemand. Dabei ist „Aura – Trauma“ geringfügig weniger experimentell als andere Filme Argentos, das teilweise proklamierte Fehlen des Argento-Stils ist aber nicht zu verzeichnen: Erneut gibt es interessante Kamerafahrten zu bewundern (u.a. aus der Sicht eines abgetrennten Kopfes), die Hauptfigur erinnert an die Protagonistinnen aus „Suspiria“, „Phenomena“ und „Opera“ und auch Tiere spielen wieder eine Rolle (hier: Eidechsen). Die Musik hat den typischen Argento-Touch, ist allerdings nicht von Goblin oder Ennio Morricone, sondern von Pino Donaggio. Im Abspann bringt der experimentierfreudige Argento sogar etwas Reggae unter, nachdem er zuvor öfter mit Metal geliebäugelt hatte. Zudem präsentiert Argento die Lösung mal wieder zu Beginn, doch erneut kann man das Gesehene erst nicht richtig deuten.
Wie so häufig bei Argento ist das Wie der Erzählung wichtiger als das Was, denn von der Story her ist „Aura – Trauma“ nicht mehr ein guter Thriller, ein wenig Serienkillerfilm, ein wenig US-Giallo. Das Motiv für die Morde ist mal wieder psychologisch motiviert, leicht abstrus, aber doch insgesamt ganz stimmig, die Recherche der Hauptfiguren unterhaltsam erzählt, wenngleich „Aura – Trauma“ hin und wieder mehr Tempo vertragen könnte. Die Mordszenen treiben den Spannungspegel aber immer wieder nach oben, wenn sich mal eine Länge einstellt.
Leider hat „Aura – Trauma“ auch so seine Schönheitsfehler. Zum einen die Szenen mit dem Nachbarskind des Mörders, die etwas unmotiviert wirken. Der Sinn erschließt sich zwar am Ende, wenn es eine Last Minute Rescue Marke „Phenomena“ gibt, die durch diese Szenen vorbereitet werden soll, aber trotzdem passen sie nicht ganz in den Guss des Films. Zudem ist das Finale etwas kurz, etwas holprig und wirkt als Abschluss des sonst relativ stimmigen Films nicht ganz rund.
Asia Argento spielt die zurückhaltende, zerbrechliche Aura wirklich gut, während Christopher Rydell OK ist, aber doch neben ihr abfällt. Piper Laurie spielt die Mutter sehr überzeugend und Brad Dourif darf mal wieder den Schmieriack raushängen lassen – leider nur mit wenig Screentime.
Alles in allem ist „Aura – Trauma“ tatsächlich ein Argentofilm des gehobenen Mittelfeldes, aber teilweise doch etwas unterschätzt. Man erkennt seine starke Handschrift auch hier, relativ spannend ist der Film auch und mit einigen blutigen Mordeinlagen. Ohne das schwache Finale und die out of context wirkenden Nachbarskindszenen wäre vermutlich sogar mehr als der solide Thriller, der er ist, aus „Aura – Trauma“ geworden.