Review

Eine Mordserie, bei der den Opfern der Kopf abgetrennt wird, erschüttert die Stadt Minneapolis. Parallel dazu trifft der junge Grafiker David die minderjährige Aura, rettet sie vor dem Selbstmord, verliebt sich in sie, kümmert sich um sie, nachdem ihre Eltern Opfer der Mordserie geworden sind und wird gleichzeitig in jene hineingezogen.

Handlung

Ein junger Mann (Christopher Rydell), der mit seinem Auto unterwegs ist, sieht auf einer Verkehrsbrücke ein Mädchen (Asia Argento), das gerade in Begriff ist, sich von jener ins Wasser zu stürzen. Er stoppt, überredet sie, ihm ihre Hand zu reichen und verhindert so ihren geplanten Selbstmord. An ihrem Arm erkennt er sofort merkwürdige Einstiche, die wie Male exzessiven Drogengebrauchs mittels Spritzen aussehen.
Er lädt sie zum Essen ein und versucht, ihre anscheinenden Probleme anzusprechen. Das Mädchen blockt jedoch ab und flüchtet erst einmal auf die Toilette, wo sie das zuvor nur widerwillig Gegessene erbricht. Anschließend läuft sie auf die Straße, ohne sich von ihrem „Retter“ zu verabschieden. Zwei Männer, Sicherheitsbeamte in Zivilkleidung, sprechen sie an und nehmen sie in ihre Gewalt, um sie „zurück in die Fairyday- Klinik“ zu bringen.
Jedoch bringen die Männer sie zuvor nach Haus zu ihren Eltern. Ihre Mutter, Adriana Petrescu (Piper Laurie) empfängt das Mädchen warmherzig, aber sobald die Tür geschlossen ist, zeigt sie ihr wahrhaft strenges Gesicht. Ihr Mann Stefan (Dominique Serrand) hält da nicht dagegen. („Du hast den Bogen überspannt, Aura.“) Er rät Aura etwas zu essen, um ihre Mutter zu versöhnen. Ansonsten müsse sie in die Klinik zurück.
Noch in der selben, regnerischen Nacht führt Adriana, die sich als clevere Schwindlerin entpuppt, eine Ceánce durch. (eine sehr schön selbstironische und ironisierende Sequenz, in der Piper Laurie fein überzogen agieren durfte) Die anwesenden alten Leute und „Hockus- Pockus“- Anhänger sind sehr schockiert und ergriffen von Adrianas düsterer „Vorstellung“. Schließlich löst sich die Gesellschaft aufgeregt auf, Adriana rennt hinaus in die angrenzende Gartenlandschaft, Stefan hinterher, Aura beobachtet dies beunruhigt, steigt durch das Fenster aus ihrem verschlossenen Zimmer und folgt den beiden ins Dunkel. Sie findet schließlich eine Kopf- lose Leiche und erkennt im Blitzlicht, das den Donner begleitet, eine Person, die offenbar die abgetrennten Köpfe ihres Vaters und ihrer Mutter in den Händen hält.
Einer der Männer (der sich bald als Dr. Leopold Judd entpuppt), welcher der Ceánce beiwohnte, überrascht die schreiende Aura und fragt sie nach der eben vermeintlich erkannten Identität der Person. Aura ist völlig perplex und wird darauf ohnmächtig.
Die folgenden polizeilichen Untersuchungen bringen das Ergebnis, daß Auras Eltern tot sind. Ihr ehemaliger Arzt in der „Fairyday Klinik“, Doktor Leopold Judd (Frederic Forrest), ist am Tatort zugegen, als die Polizei diesen untersucht und möchte sie mitnehmen. Man verweigert ihm dies. Während jener Unterhaltung kann Aura aus dem Polizeiwagen fliehen.
David Parsons, Auras „Retter“ vor dem Selbstmord und Grafiker für eine Zeitung, erhält einen Anruf von ihr, die seine Geldbörse samt Ausweis im Restaurant klaute. Sie treffen sich. David ist verunsichert von der psychischen Labilität Auras, erfährt er aus dem Fernsehen noch zusätzlich, neben ihrem Namen, von dem Schicksal der 16- jährigen beziehungsweise dem ihrer Eltern, die des „Kopfjägers“ Opfer Nummer drei und vier wurden.
Sie fahren zu dem Haus ihrer Eltern, um ein paar ihrer Sachen zu holen. Als David die Sicherungen anstellt, die sich bei dem Gewitter ausschalteten, startet ein merkwürdigen Tonband, das die Ceánce nochmals als „falsch“ darstellt. Daraufhin fahren sie zu ihm nach Haus, wo sich bereits die gegenseitige Faszination und Anziehung zwischen den beiden entwickelt.
Mitten in der Nacht ruft Grace Harrington (Laura Johnson), Davids Chefin und Geliebte an. Sie mag vorbeikommen, doch erteilt ihr David eine Abfuhr. Aufgeschreckt geht er in die Küche und findet seinen Kühlschrank geplündert und die Küche selbst mit Lebensmittelresten „geschmückt“ vor. Aura hängt über der Kloschüssel und erbricht sich heftig.
Am nächsten Morgen redet er mit einem seiner Arbeitskollegen über Auras Magersucht, was ihm neue Informationen bringt, ihn aber auch vor Probleme und weitere Fragen stellt.
Eines Nachts überrascht Aura David beim Liebesspiel mit Grace. Sie schleicht sich davon, doch bemerkt David dies und läuft ihr nach. (auch diese Szene und natürlich die anschließende, romantisch bebilderte verdeutlichen, daß sie ihm „mehr“ bedeutet...)
Dann bringt Dr. Judd Aura in seine Gewalt. (Grace rief ihn, aus, wie sie sagt, Verantwortungsbewußtsein an und gab ihm den Hinweis auf Auras Aufenthaltsort.) Er zwingt sie, sich zu erinnert und als dies mißlingt, wird sie in die Klinik gebracht. Auch der „Kopfjäger“ ist dort zugegen und bringt (es regnet draußen in Strömen!) eine Schwester um. (Eine großartig gemachte Passage, besonders die des eigentlichen Mordes in einem Patientenzimmer. Jener muß zusehen, wie die Schwester enthauptet wird und winkt, geistig umnachtet, dem, Täter zum Abschied hinterher!)
David verhilft Aura zur Flucht
Aura und David versuchen, dem Täter auf die Spur zu kommen. Ihre Suche führt sie zu Dr. Lloyd (Brad Dourif), der einst ein Hospital leitete und nun auf der Straße lebt. Zurecht will er nicht an die Vergangenheit erinnert werden...

Kritik

Der Inhalt von einem Dario Argento- Film ist oft besonders schwierig zu beschreiben. Entweder, man handelt ihn angesichts seiner Einfachheit in drei Sätzen ab, oder man versucht, den ausschmückenden, spannenden Handlungsverlauf in Details wiederzugeben. Hier ist es die Verbindung eines herkömmlichen Giallo- Plots mit Ausschmückungen wie Magersucht, Mutterkomplex und Selbstzweifel, welche ein zugegebenermaßen eigenwilliges und krudes Grundgerüst bildet.

Für seinen elften vollständigen Spielfilm (Arbeiten wie die Erstellung der Europa- Fassung von
„Dawn Of The Dead“/“Zombie“ und die Episode zu „Two Evil Eyes“ nicht mitgezählt) begab sich der italienische Regisseur Argento in das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, die USA. (War er damit auf der Suche nach einem finanziellen Erfolg in Übersee, der ja nicht gerade geringen Einfluß auf die Handhabung in den europäischen Lichtspielhäusern hat sowie einem Ausbruch aus einengenden Produktionsbedingungen ?)
Viele Anhänger nahmen ihm allein diesen Schritt übel, was man einerseits nachvollziehen kann, hat jenes Land in der jüngeren Filmgeschichte doch schon einige Talente aus dem „Ausland“ aufgesogen, amerikanisiert und ihrer Eigenarten beraubt, teilweise regelrecht eklat. (John Woo, Ringo Lam, Tsui Hark aus Hongkong / China, George Sluizer aus den Niederlanden, Guillermo Del Toro aus Mexiko oder Ole Bornedal aus Dänemark)
„Kann Amerika an sich was dafür“, ist dabei die Frage, die zu stellen gestattet sei. Daß man dies einerseits nicht pauschalisieren kann (Paul Verhoeven aus den Niederlanden, David Cronenberg aus Kanada), andererseits dem Film und seinem Schöpfer Unrecht tut, bedenken diese Kritiker jedoch anscheinend nicht.

So gesagt, ist und wäre es wohl auch sehr unfair und unangebracht, den nicht sehr umwerfenden Inhalt, an dem Argento neben dem altbekannten Franco Ferrini („One Upon A Time In America““Es War Einmal In Amerika“, „Phenomena“/“Creepers“, „Demoni“/“Demons“, „Opera“/“Terror In Der Oper“) natürlich auch selbst mitwerkelte, mitsamt seiner Holzhammer- Motivation des Täters und des geschmacklich gewöhnungsbedürftigen Einsatzes der Krankheit „Magersucht“ in Verbindung mit einem Mutterkomplex als Kritik- Ansatz zu nutzen.
Die originellsten und ausgefuchstesten Handlungsgerüste und wohlwollendsten und verdaulichsten Ideen tischte uns der gute Mann ja sowieso eher selten auf, sondern vielmehr inszenatorische Finesse, ausschraffierte Obsessionen und entfesselten Irrsinn jenseits des guten Geschmacks, wobei dieser erst einmal zu definieren sei. Und Finesse findet sich auch hier mehr als ein Mal.
Gleich mit der sehr schön, typisch geschmackvoll geschmacklos gefertigten Eingangssequenz (klassische Musik, die zwischen geschnittene Eidechse, das blutige Abtrennen eines Kopfes ist wohl letzteres) wird klargestellt, daß es hier böse und ernst zugeht und Ironie fehl am Platze ist. Auch die Szene im Wald des Grundstückes (nach der Ceánce) ist sehr gut gelungen und wohlig atmosphärisch. (Regen ist immer ein sichere Mittel, aber hier zudem auch konsequent motiviert eingesetzt, nämlich handlungsgebunden ...)
Die Kamera wurde durchweg gut und präzise, aber ungleich ruhiger als in den meisten vorhergehenden Filmen Argentos geführt. Verantwortlich zeichnete sich auch nicht Ronnie Taylor, wie so oft zuvor, sondern Raffaele Mertes, der indirekt bereits zuvor für Argento arbeitete und Michele Soavis „La Setta“/„The Sect“ (1991) fotografierte und ansonsten meist für das italienische Fernsehen, auch als Regisseur, tätig ist.

Abgesehen von seiner, besonders für des Italieners Verhältnisse, ziemlich konventionellen Erzählweise, des recht dünnen Inhalts und der großteils amerikanischen Besetzung, stellt auch diese, sicher nicht beste Arbeit Argentos einen gelungenen Beitrag zum Giallo- Genre dar. Er wird zudem durch eine schön umgesetzte Liebesgeschichte aufgelockert und gefällt mit seiner düsteren, in braun- Tönen gehaltenen Fotografie, seiner kraftvollen, mal melancholischen, mal Spannung- schaffenden, etwas an Bernard Herman´s Klänge zu „Psycho“ (1960, Regie Alfred Hitchcock) erinnernden, jederzeit dem Geschehen angepassten Musikuntermalung aus der Feder Pino Donaggio´s. („Carrie“, „Don´t Look Now“/Wenn Die Gondeln Trauer Tragen“, „Dressed To Kill“). Besonders schön ist dabei das abschließende, wunderbare Gesangs- Titelthema und dessen Variationen und Instrumentalversionen zuvor.
Außerdem steht der Film mit seinen durch Bennett Goldberg geschickt montierten, recht perfiden Morden sowohl über dem US- Durchschnitt, qualitativ und optisch, als er letztlich auch erneut Argentos Einzigartigkeit beweist.

Auffallend ist, daß die Morde an sich nicht ganz so als Höhepunkte und ästhetische Brutalitäten inszeniert worden sind, wie zum Beispiel in früheren Werken wie „Profondo Rosso“/Deep Red“/“Rosso- Farbe Des Todes“, „Tenebrae“ oder „Opera“/“Terror At The Opera“/“Terror In Der Oper“, obwohl die Enthauptungsszene mit dem Fahrstuhl oder jene im Hotelzimmer an der lesbischen (kennen wir doch aus „Tenebrae“) ehemaligen Krankenschwester, bei der zur Schaffung der richtigen Bedingungen die Sprenkleranlage bemüht wird, durchaus jenen Charakter tragen.
Auch wurden sie nicht so rasant und ausgefallen geschnitten oder mit einer abgefahrenen Musik untermalt, die einen bizarren, poetischen Charakter impliziert, sondern wirken eher als trockene Schocks, die somit auf einer Ebene wohl emotionaler und nachvollziehbarer für den Zuschauer wirken.
An dieser Stelle noch eine Anmerkung zur erwähnten Fahrstuhlszene: Daß Dr. Lloyd den ersten „Mordversuch“ mit der Draht- Maschinerie überlebt, ist besonders böse und perfid, da er danach denn genau weiß, was ihm passieren wird und das genüßliche Schleifen zum Fahrstuhlschacht bei vollem Bewußtsein, aber ohne Chance sich zu wehren erlebt.

Natürlich gehe ich auch diesmal speziell auf die Effekte ein, die hier zwar relativ zurückhaltend eingesetzt wurden, was Argento mehrfach vorgeworfen wurde (Wie deplaziert ! liebt man Argento etwas wegen der Brutalität ? Da gibt es ja wohl andere Kandidaten für !), wirken dafür aber jederzeit vollständig gut und glaubhaft, wurden sie doch von einem verdienten Meister seiner Kunst kreiert, nämlich Tom Savini. Er war es auch, der die Draht- Maschine entwarf und selbst baute. (Den Shaolin- Film „The Flying Guillotine“ als Quell der Inspiration wies er zurück, ebenso Argento.)
Savini ist eben das, was man ein Multi- Talent nennt. Schließlich schauspielert er auch („Dawn Of The Dead“/“Zombie“, „Knightriders“, „From Dusk Till Dawn“).

Für Asia Argento war die Rolle der „Aura“ nicht nur die erste direkte Zusammenarbeit mit ihrem Vater Dario, der ja zum Beispiel „Demoni 2“/“Demons 2“/“Dämonen“ von Lamerto Bava und „La Ciesa“/„The Church“, in denen Asia mitspielte, produzierte, sondern außerdem ihre erste Hauptrolle. Sie meisterte ihre Aufgaben sehr gut, glaubhaft und bringt die Verletzlichkeit der Figur gut zum Ausdruck, auch wenn man ihr mitunter anmerkt, daß es ihr etwas an Erfahrung mangelt. Die daraus resultierende Unsicherheit geht allerdings wiederum eine Verbindung mit der Rolle ein und ist folglich geradezu hilfreich.
Auch die restliche Besetzung spielte durchweg ordentlich, sicher durch den Perfektionisten Argento gut geführt.

Die Deutsche Videofassung (Empire, ab 18) ist etwas an Handlung gekürzt.
Die kürzlich erschienene DVD von „Laser Paradise“ (ab 18) ist soweit ungeschnitten und in der Summe durchaus zu empfehlen, auch wenn sie leider zwei Wehrmutstropfen hat. Der eine bezieht sich auf das Cover, daß leider nicht dem der Videofassung entspricht. Statt des geschmackvoll geschmacklosen „Kopf im Eimer“- Motivs hat man sich für ein konventionell anmutendes Design entschieden, daß im Gesamtbild (besonders die Rückseite) fast billig wirkt und kaum die edle Ausstrahlung des Filmes einfängt. Dieser Punkt ist verschmerzbar, doch hat der andere doch leider etwas mehr Gewicht.

Fazit

Ein spannender, sauber inszenierter Giallo, dessen gute Dramaturgie und Figurenzeichnung zum mitfiebern einlädt, zu Unrecht im Schatten vieler anderer Argento- Filme steht und vielen Anhängern des Italieniers mißfällt, da er eher untypisch ist.

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