Charlie Harper, gespielt von Charlie Sheen, seines Zeichens Jingle-Komponist und Playboy liegt eines nachts wie so oft neben einer flüchtigen, gut aussehenden Bekanntschaft, ohne zu ahnen, dass sein Leben bald eine unverhoffte Wendung nehmen wird. Sein Bruder Alan, gespielt von Jon Cryer, ruft ihn an, nachdem seine Ehefrau ihn vor die Tür gesetzt hat und bittet ihn, vorerst bei ihm wohnen zu dürfen. Charlie willigt ein, ohne zu ahnen, dass nun auch Alans Sohn Jake gelegentlich in seinem Strandhaus wohnen wird. Damit ist der ewige Junggeselle zunächst etwas überfordert, bis er seinen Neffen ins Herz schließt.
Sieht man sich die erste Staffel von „Two and a Half Men“ nach all den Jahren noch einmal an, werden die Entwicklungslinien deutlich, der so ziemlich jede erfolgreiche Sitcom, die über die dritte oder vierte Staffel hinauskommt, unterliegt. Damit sich die Zuschauer nicht langweiligen, kamen neue Figuren hinzu, hier stehen dagegen nur Alan, Charlie und Jake im Vordergrund, Charlies Stalkerin Rose, die egozentrische Mutter Evelyn, Alans Ex-Frau Judith und die resolute Haushälterin Berta kommen bereits vor, andere Nabenfiguren noch nicht, Ashton Kutscher zum Glück noch lange nicht.
Aber die erste Staffel kommt mit diesem überschaubaren Personenkreis hervorragend aus, weil anders als im weiteren Verlauf der Serie hier noch die Charaktere entwickelt werden. Alans Scheidung, seine anfängliche Hoffnung, er könnte wieder mit seiner Frau zusammenkommen, werden thematisiert. Der Sorgerechtsstreit um Jake, Judiths Befürchtungen, Charlie könne einen schlechten Einfluss auf den Jungen haben, stehen über weite Strecken im Fokus und die Stationen der Scheidung sind es letztendlich auch, die die Sitcom inhaltlich vorantreiben. Charlies Weibergeschichten stehen dagegen noch nicht so sehr im Vordergrund, wie es in den späteren Staffeln der Fall ist.
Außerdem treten die Eigenheiten und Allüren der Figuren noch nicht so weit hervor, wie in späteren Staffeln. Diese Entwicklung kennen wir aus den „Simpsons“, worin Homer immer dümmer wird oder eben aus „Two and a Half Men“, worin Alan immer geiziger, Charlie immer sexbesessener und Jake immer begriffsstutziger wird. Dass dies hier noch der Fall ist, macht die erste Staffel auf menschlicher Ebene glaubwürdiger und auch herzlicher wie liebenswerter als die nachfolgenden. Vor allem die Annäherung zwischen dem ungebundenen Lebemann Charlie, dem Familie und zwischenmenschliche Beziehungen bisher nichts bedeutet haben und seinem kleinen Neffen, der in der ersten Staffel zudem noch recht drollig ist, macht diese zur liebenswertesten.
Dazu passt auch, dass der Humor zwar durchaus bissig, aber noch nicht so beleidigend und fäkalhaltig ist, wie bei den späteren Staffeln. Dafür ist die Gagdichte vielleicht ein wenig niedriger, aber doch so hoch, dass jede einzelne Folge der Sitcom gute bis sehr gute Unterhaltung bietet. Ob das Sockengolf von Charlie und Jake, die erste Begegnung mit der ruppigen Haushälterin Berta, Alans emotionale Beziehung zu der verrückten Fremden und ihrer kleinen Tochter, Charlies folgenreiche Liaison mit der Scheidungsanwältin seines Bruders, diese Staffel beinhaltet bereits viele Highlights der Serie, die jedem Fan in lebhafter Erinnerung geblieben sein dürften. Ansonsten ist alles so, wie es im weiteren Verlauf der Serie bleiben sollte, das Setting immer gleich, die Darsteller großartig.
Fazit:
Verglichen mit den später erschienenen Staffeln ist die Gagdichte bei Staffel 1 vielleicht noch nicht ganz so hoch, dafür gibt es aber noch echte Charakterentwicklungen. Alans langwierige Scheidung, Charlies Annäherung an seinen Neffen, den er zuvor fast gar nicht kannte, geben einen dramaturgischen roten Faden vor, dem die einzelnen Episoden folgen. Die Staffel ist durchweg witzig, jederzeit unterhaltsam, der Humor noch nicht so bissig und mitunter auch beleidigend, wie in den späteren Staffeln. Damit ist die erste Staffel in jedem Fall die sympathischste.
80 %