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Bereits Anfang der Achtziger begann Burt Reynolds („Gator“, „Raven“) Stern langsam aber stetig zu sinken, bevor er nach einer längeren Durststrecken und mittelprächtige One-Man-Shows („Heat“, „Malone“) endgültig in den TV-Sektor einbrach und dort bis „Boogie Nights“, trotz kleinerer Kinoauftritte, sein Dasein fristete.
„Stick“ hingegen war noch ein Versuch es mit eigener Kraft (Regie und Hauptrolle in Personalunion) aus der Misere zu schaffen, wobei er sich immerhin der Unterstützung von Elmore Leonard sicherte, der insbesondere später in den Neunzigern mit den Vorlagen zu „Get Shorty“ und „Jackie Brown“ Kultstatus erlangte und auch hier das Drehbuch mit seinen typischen Motiven ausstattete.

Nur leider ist Burt Reynolds nicht der Mann, der so eine Vorlage auch würdig und stilvoll umzusetzen versteht. Obwohl wieder im Gangstermilieu angelegt und reichhaltig mit einem Haufen verbrecherischer, halbseidener Skurrilitäten gefüllt, fehlt Reynolds das Händchen, um eben jenen Stoff leichtfüßig, originell und wortwitzig umzusetzen, denn das Potential lässt sich leicht erkennen.

Ernest „Stick“ Stickley, eben Reynolds, ist ein Ex-Knacki, der nach Verbüßung seiner Strafe wieder in das sonnige Miami heimkehrt und dort eigentlich geplant hat, illegalen Geschäften fern zu bleiben. Nichtsdestotrotz wird er bereits kurz nach seiner Ankunft widerwillig durch einen alten Kumpel in eine Geldübergabe in den Everglades verwickelt, die für ihn fast tödlich endet. Betrogen um den Lohn für den Job und ganz offensichtlich reingelegt, fordert Stick darauf von der zwielichtigen Schwabbelbacke Chucky („Breakheart Pass“, „Sharky's Machine“) nun die 5000 Dollar Lohngeld ein, ohne dabei zunächst zu wissen, dass der auch nur Geschäfte mit einem südamerikanischen Drogenbaron macht, der sich Skorpione als Haustiere hält und durchaus gewillt ist bei Notwendigkeit von ihnen Gebrauch zu machen. Ab sofort steht Stick auf der Abschussliste.

Dank des dezenten Miami Vice – Flairs und Burt Reynolds, der sichtlich gealtert zunächst im unrasierten Penner-Look besser, weil komplett gegen den Strich gebürstet, in die glänzende Metropole passt, können sich zumindest seine Anhänger ganz passabel unterhalten lassen. Seine Sprüche sind nicht kultverdächtig, entspringen seinem Mundwerk aber in den richtigen Momenten und für Tatkräftigkeit in der Not ist dank seines Einfallsreichtums auch gesorgt.

Leonards Skripte sind meist von mäßigem Tempo, was die irrwitzige Handlung und seine eigenen Charaktere dann jedoch in den meisten Fällen wieder wett machen können. Bei „Stick“ klappt das leider nicht so ganz, weil der nötige Funken Kreativität fehlt, der den Film richtig zum Laufen bringt müsste.
Der schlitzohrige Stick peilt die Lage und lässt sich dank seiner dreist unter Beweis gestellten Autoknackerqualitäten bei dem exzentrischen Filmproduzenten Barry Braham (George Segal, „Rollercoaster“, „Joshua Tree“) einstellen und zum Chauffeur kleiden, um sich Chucky, der in das Business einsteigen will und sich bei Braham anbiedert, in aller Ruhe zurecht zu legen, wobei er auch mit ein paar köstlichen Kommentaren glänzt. Zu absurden Situationen kommt es dabei allerdings nie, wobei die Verabschiedung seines Vorgänger, als der ungebeten auf einer Party seines neuen Chefs auftaucht, amüsierten Beifall rechtfertigt.

Diese gelungenen Momente lassen aber nie darüber hinwegsehen, dass der Ablauf einfach zu viel Leerlaufmomente abzuharken hat, in denen wenig Interessantes fabriziert wird und leider nichts Alltägliches sich plötzlich in Ungewöhnliches verwandelt. Dabei sind abgedrehte Wendungen und Reaktionen oft Leonards Stärke.
Insbesondere Sticks Dienst bei Braham, wo er dann auch eine Romanze mit Kyle (Candice Bergen, „Gandhi“, „View from the Top“) eingeht, ist wenig erinnernswert, während sich seine Kontrahenten rund um den Albino-Killer und den kolumbianischen Drogenboss, der auch gern einmal Nase inklusive Hand getöteter Opfer präsentiert, sich dank ihrer Taten als wesentlich einprägsamer erweisen.

Der Actionanteil ist kaum erwähnenswert, auch wenn Stick final mit der Verbrecherbande aufräumt, zumal die seine Tochter, sein ein und alles und der Grund, warum er ein legales Leben führen möchte, kidnappen, um ihn in eine Falle zu locken und der doppelte Sturz vom Balkon einen halsbrecherischen Stunt parat hält.

Auch deswegen bleibt „Stick“ hinter seinen Möglichkeiten zurück. Eindrucksvolle Charaktere, wie Moke, der Albino-Killer in den schwarzen Cowboy-Klamotten, kommen bis zum Schluss nicht über sporadische Auftritte hinaus und die Hauptfigur selbst zeigt sich viel zu geduldig und zu wenig impulsiv. Fraglos hat Reynolds, wenn er trocken, todernst und nüchtern droht, oder auch mal einen flotten Spruch über die Lippen kommen lässt und kompromisslos seine Ziele verfolgt, seine Auftritte, aber um den gesamten Film mit Spritzigkeit zu versehen, reicht das hinten und vorn nicht aus.


Fazit:
Leider enttäuschende Verfilmung eines Elmore Leonard – Romans, die, angelegt im Gangster – Milieu, alle seine grundlegenden Elemente beinhaltet, mit denen er sich nur wenige Jahre später auch unter Filmfans einen Namen machen sollte, allerdings von Burt Reynolds nicht fachgerecht umgesetzt wurde. „Stick“ besitzt ohne Frage ein paar gut getimte Situationen, verschleppt aber auch das Anliegen der Hauptfigur lange selbst, vernachlässigt sträflich potentielle Enfant Terribles und verfügt nicht über den knackigen Wortwitz geschweige denn, die enorme Coolness. Mit Sicherheit kein Totalausfall, aber deutlich von dem entfernt, wofür der Name Elmore Leonard normalerweise steht.

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