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Was kann dabei wohl herauskommen, wenn das Erfolgsduo von Ein Ausgekochtes Schlitzohr, Hal Needham und Burt Reynolds, die beide ihre Karriere als Stuntmen begannen, sich wieder zusammenfindet, um es nach diesem Hit erneut krachen zu lassen und allen Stuntleuten, speziell Jock Mahoney, Stiefvater von Reynolds' damaliger on- und offscreen Freundin Sally Field, Tribut zu zollen? Man muß vielleicht ein bisschen Actionfan sein, um einen Film im Film wie Um Kopf und Kragen zu mögen, denn natürlich wird hier keine Gelegenheit ausgelassen, um eine vielfältige Bandbreite an gefährlichen bis atemberaubend bombastischen Stunts zu zelebrieren.
Im Gegensatz zur klassischen Actionshow im Stil eines Vergnügungsparks geht der Film jedoch etwas mehr in die Tiefe, zeigt die Seele hinter einem Spektakel vom Pferde- oder Postkutschenstunt, dem Wagenrennen, der sich sogar aus Hubschraubern stürzenden Männer, deren Tagesinhalt von Flammen, Explosionen, Crashs und Schmerzen geprägt ist.
Um Kopf und Kragen zeigt diese Stuntmen im Zwiespalt bestehend aus ihrer übermenschlichen, testosteronstrotzdenen Schale, die sie auch im Privaten schonmal im Rückwärtsgang den Highway entlang jagen läßt und der Konfrontation mit der körperlichen Grenze, die besonders Sonny Hooper (Burt Reynolds) beim Dreh eines an James Bond angelehnten Agententhrillers zu schaffen macht.

Sonny ist mit seinem Stuntteam natürlich der heimliche Star eines solchen Films, während der von ihm gedoubelte, softe Hauptdarsteller in der Zeit, wo Sonny für ihn seine Knochen hinhält, fleissig Weiber abschleppen kann. Der Stuntman spürt langsam die Folgen seines Tuns, zieht jedoch Schmerztabletten einem Arztbesuch vor. Als der junge Ski (Jan - Michael Vincent) auftritt und ihm die Show zu stehlen droht, fühlt er sich peinlich berührt und versucht über sich hinauszuwachsen. Nach 70 Meter freiem Fall aus einem Hubschrauber kann er aus dem Kissen steigend noch triumphierend lächeln, immerhin hat er einen Weltrekord aufgestellt (Reynolds' Double in dieser Szene, A.J. Bakunas, stellte hier wirklich einen Rekord auf), doch dann geht es ratzefatz ab ins Krankenhaus, wo es für ihn schlechte Neuigkeiten gibt.
Sonnys Körper, besonders die Wirbelsäule, ist inzwischen so zerschunden, daß ein Ruck auf den Nacken genügen könnte, um ihn für immer zu lähmen oder gar zu töten. Durch den Schlaganfall seines eigenen Stuntvorbilds Jocko Doyle (Brian Keith), Vater seiner Freundin Gwen (Sally Field), nachdenklich geworden, entschließt er, sich zurückzunehmen und seine Karriere nach dem Film zu beenden. Allerdings sorgt Ski für Feuer unter dem Kessel, denn dieser regt die kaltblütige Sensationslust des Regisseurs mit dem Versprechen eines waghalsigen, nie gewagten Stunts an, dem Hundertmetersprung per Raketenauto über eine Schlucht.
Sonny steht sprichwörtlich vor der Wahl seines Lebens, denn dieses steht genauso auf dem Spiel, wie eine Menge Geld, seine Beziehung zu Gwen und sein Ruf. Und der von ihm ins Team integrierte Ski kann den Stunt nicht alleine machen, er braucht einen Partner.

Eigentlich fehlt hier noch ein Lee Majors, der The Unknown Stuntman singt. Doch nicht nur die frühere Produktion hat Um Kopf und Kragen der spaßigen, wenn auch heute etwas die jugendliche Naivität vor Augen führenden Serie Ein Colt für alle Fälle vorraus. Natürlich heroisiert ein Film von Stuntmännern über Stuntmänner die eigene Gilde etwas. Erstaunlicherweise wird das dem Film zu Grunde liegende Drama sogar noch witzelnd überspielt, wie man sich auch die Erzählung eines harten Burschens vorstellt. Aber genau wie die dargestellten Charaktere, die sich ihre Vorbilder in der Realität suchen, passt auch diese verklärte Berichterstattung, die neben des nicht zu leugnenden Unterhaltungswertes im Kern eine Glaubwürdigket bewahrt.
Wer heute mit CGI aufwächst und in Making Offs nur die wenig risikofreudigen Tricks spektakulär geschnittener und manipulierter Filme präsentiert bekommt, kann die Zynik eines Stuntman Mike in Death Proof schwerlich nachvollziehen. Um Kopf und Kragen entstammt einer Zeit, in der es dieser verrückten Männer wirklich bedurfte, um die Fans mit neuer Actionkost zu versorgen. Männer, die Dinge wagten, die vor ihnen noch niemand getan hatte.
Burt Reynolds schafft auf einem seiner wenigen Karrierehöhepunkte mit einer oberflächlich hochnäsigen, jedoch einen liebevollen, verletzlichen Menschen preisgebenden, Rolle, einen Blick hinter die Kulissen des wirklichen Actionfilms, läßt die ihr Leben riskierenden Schattenmänner der großen Stars ins Licht treten und verlangt Respekt für die für den Zuschauer sonst kaum existenten, da von Regisseuren und Produzenten nur als Werkzeug benutzten, Stuntmen. Besser als Um Kopf und Kragen kann eine solche Aufforderung kaum ausfallen, übertrumpft der Film doch sogar seinen Vorgänger Ein Ausgekochtes Schlitzohr und gehört somit neben Kopfgeld: Ein Dollar, Beim Sterben ist jeder der Erste, Der Tiger hetzt die Meute und Boogie Nights zum besten, was die leider von einer Masse an schlechten Filmen und Entscheidungen überschattete reynoldsche Karriere zu bieten hat.

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