"Straßen der Nacht" ist ein akzeptabler Krimi mit noir-Ausrichtung, der ab und zu kleine Seitenblicke in moralische Abgründe verschiedener Art werfen lässt. Es geht im großen und ganzen um die Versuche der Polizei und eines verzweifelten Vaters, die letzten Tage seiner tot am Strand angespülten Tochter zu rekonstruieren und die Frage zu klären, ob es Selbstmord oder doch Mord war.
Burt Reynolds gibt einen Polizeidetektiv, der mit einer Edelprostituierten, gespielt von der umwerfend aussehenden Catherine Deneuve, liiert ist. Schon mal eine seltsame Konstellation, die um so mehr ins Zwielicht gerückt wird, als der Detektiv auf die Ankündigung seiner Freundin, ihren Beruf nicht aufgeben zu wollen, mit einem unerwarteten Gewaltausbruch reagiert. Aber alles bleibt im Bereich des Vorzeigbaren und man merkt dem Film an, dass er es nicht übers Herz bringt, seine Figuren auch mal weniger gut aussehen zu lassen. Catherine Deneuve, für die Filmhandlung völlig irrelevant, hat nichts zu tun, als sich lasziv auf irgendwelchen Kissen zu räkeln und für garantiert jugendfreie Schauwerte zu sorgen. Die ständigen, fast schon nervenden sexuellen Motive in den Gesprächen zwischen Polizist und Prostituierter werden durch eine recht prüde bildliche Darstellung der Beziehung konterkariert.
Auch die Wasserleiche der Tochter wird brav im Bikini angespült und sieht nicht wirklich tot oder gar nach Wasserleiche aus. Dass dann später noch mal ein paar Brüste zu sehen sind, dürfte wohl der Grund sein, weshalb der Film anno Tobak eine FSK18 erhalten hat. Aus heutiger Sicht ist das lächerlich, wenn man mal die Relationen zu aktuellen 16er-Streifen bedenkt. Gewaltszenen werden bei weitem nicht so konsequent dargestellt, wie das Mitte der 70er Jahre anderweitig durchaus üblich war. Auch hier kein wirkliches 18er-Potential.
Dafür wird der Polizeialltag relativ hart dargestellt. Wenn ein Verdächtiger mal nicht mit dem rausrückt, was die Bullen hören wollen, dann gibt es ziemlich schnell was an den Hals. Betroffen sind davon meistens arme Schlucker, während der reiche Oberfiesling aufgrund seiner Beziehungen verschont bleibt. Zu dieser Gesellschaftskritik kommt noch eine ambivalente Darstellung von Selbstjustiz. Den Polizisten kommen in jedem Fall ziemlich schnell die Sympathiewerte abhanden. Mehr davon kann noch der Vater der Toten, sehr überzeugend von Ben Johnson gespielt, auf sich vereinen. Burt Reynolds verbleibt während des größten Teils des Films ziemlich blass, ebenso sein dunkelhäutiger Kollege, der mit seinem müden, ausdruckslosen Spiel auch nicht viel mehr Biss in den Film bringt.
Ein paar Pluspunkte fährt die Geschichte dann noch mit dem überraschenden Ende ein, mit dem er in einer bis dahin nicht zu erwartenden erzählerischen Eigenwilligkeit darauf hinweist, dass im Leben nicht alles so läuft, wie man es gerade im Film erwartet.
Trotzdem ist der Film im ganzen kein Muss, sondern höchstens annehmbar.