Auch Erfolgsproduzent Joel Silver hat längst den amerikanischen TV-Markt entdeckt und schon länger die Griffel bei diversen Serien mit drin. Sein „Next Action Star“ für NBC kann mit Fug und Recht als innovativen Beitrag zur Reality Show-Welle bezeichnet werden.
Das typische Casting für die Show suchte diesmal nicht nach Gesangstalenten, sondern nach dem, wie der Titel bereits sagt, nächsten Actionstar. Dem weiblichen und männlichem Gewinner winkte kein Geld, sondern die Hauptrolle in „Bet Your Life“, einem 85minütigen Actionfilm, zudem ich gleich noch komme.
Die 14 Finalisten der Auslese mussten sich durch eine körperlich extrem fordernde Ausbildung quälen, zusammen leben, gefährliche Stunts wagen, Schauspielunterricht unterziehen - eben das volle Programm. Das Beste wurde in insgesamt zehn einstündigen Shows festgehalten und ausgestrahlt. Als Richter, der die Spreu vom Weizen trennte (wöchentlich ein Paar), fungierte dabei niemand anderes als Louis Morneau, der dank erstklassiger Low Budget-Thriller wie „Retroactive“ und „Made Men“ in Insiderkreisen einen exzellenten Ruf genießt und später bei „Bet Your Life“ auch Regie führte.
Die interessante Serie wurde bei uns allerdings nie ausgestrahlt, aber zumindest beglückt man uns relativ zügig mit dem fertigen Actionfilm und der besitzt, wie immer bei Morneau, Qualität.
Die Gewinner hießen letztlich Sean Carrigan und Corinne Van Ryck de Groot (Ex-Profiboxerin) und sie bieten sich mit diesem Film in der Tat für zukünftige Projekte an.
Zusammen mit Stammkameramann George Mooradian, quasi DIE Kamerakoryphäe auf dem B-Movie-Sektor, taucht Morneau den Film in eine edle, farbenfrohe, etwas grelle, aber hochglänzende, süchtig machende Optik, die das atemberaubende Lichtermeer von Las Vegas erst richtig ausreizt, denn dort beginnt „Bet Your Life“. In visueller Hinsicht schaut der Streifen wirklich extrem lecker nach McG oder Michael Bay aus.
Sean Carrigan spielt den dort gestrandeten Loser und Ex-Footballer Sonny Briggs, der sich als Chauffeur über Wasser hält, aber aufgrund seiner Spielsucht die Schuldeneintreiber im Nacken hat. Als er nichts ahnend die heiße Braut Carmen Rawlins (Corinne Van Ryck de Groot) einsteigen lässt, weiß er noch nicht, dass er eine Sekunde später eine Kanone an der Schläfe spüren soll, weil die Gute nämlich für jemanden arbeitet, bei dem er zu viele Schulden hat. Panisch fabriziert er einen Unfall, klettert aus dem Wrack und bekommt gerade noch mit, wie ein unbekannter Mann von einem Schützen aus einem Helikopter erschossen wird und auf offener Straße tot zusammenbricht. Als er in dessen Hand die Eintrittskarte zu einem exklusiven Spielsalon findet, flüchtet er ihn den selbigen, ohne zu ahnen bald in ein mörderisches Spiel einzusteigen. Der exzentrische Besitzer Joseph (Billy Zane, „Titanic“, „Vlad“) hat ihn als lohnenswerte Beute auserkoren und bietet ihm einen Deal an. Wenn er sich als Jagdtrophäe zur Verfügung stellt und 24 Stunden lang überlebt, darf er mit 1,2 Millionen Dollar aus dem Casino marschieren. Der verzweifelte Sonny nimmt, da ihm dieser Mord ansonsten in die Schuhe geschoben wird, nach kurzem Zögern an, bekommt 15 Minuten Vorsprung und sieht sich bald Joseph und seiner Mini-Armada von Killern ausgesetzt. Aus der Lust am Spiel, dem Adrenalinkick, wird für ihn ein Kampf ums nackte Überleben.
Ja sicher, das Konzept klingt ein wenig nach John Woos „Hard Target“, „The Running Man“ oder „Surviving the Game“, hat aber nicht so furchtbar viel mit ihnen zu tun, als das man „Bet Your Life“ als Plagiat abtun könnte. Die Hetzjagd durch Las Vegas wird auf Cleveland ausgedehnt und bietet nach der etwa die ersten 20 Minuten des Films ausmachenden Exposition geradliniges, actiongeladenes Entertainment vom Feinsten.
Morneau gibt sich wie gewohnt keine Blöße und liefert einen, für TV-Verhältnisse, erstaunlich spektakulären Actionfilm ab. Begleitet von der heruntertickenden Countdown-Uhr muss Sonny nun zusehen, dass er überlebt, zumal sich auch noch Carmen an seine Fersen heftet.
Sean Carrigan und Corinne Van Ryck de Groot spielen solide ihren Part herunter, ohne zu glänzen. Der ein oder andere Kommentar ist ganz witzig und die Entwicklung ihrer Beziehung zueinander wird vom Drehbuch schon sehr früh gefördert. Aber so eine Casting-Show macht definitiv noch keinen guten Schauspieler, was wiederum Billy Zane beweist.
Der Mann dümpelt bekanntlich nun schon seit etlichen Jahren in billigen Machwerken herum, die er auch mit entsprechender Lust angeht. Der ein oder andere Cameo in Kinofilmen lässt aufhorchen, ansonsten hört man von ihm leider nicht mehr viel. Es scheint hier allerdings so, als hätte Morneau ihn zu motivieren gewusst, denn so gut wie hier war er schon ewig nicht mehr.
Joseph ist ein Adrenalinjunkie, für den diese tödliche Hetzjagd ein simples Spiel ist. Nicht nur seine Sprüche passen, sein gesamtes Auftreten (mit Sonnenbrille und Mundharmonika), das coole Outfit in Verbund mit Hightechüberwachungsequipment und jeder Menge moderner Waffen diverser Kaliber, sowie zig Fortbewegungsmittel (Hubschrauber, Jet, Hummer) machen ihn zum idealen Bad Guy des Films. Sein ihm vorgegebenes Image des durchgeknallten Jägers scheint Zane richtig auskosten zu wollen. Probleme und Sonnys Mut sich seinem Schicksal entgegenzustellen, lassen ihn erst richtig auf Betriebstemperatur kommen.
Die Actionpalette ist reichlich und, weil es nun mal eine TV-Produktion ist, auch nicht von einem sonderlich hohen Härtegrad, weswegen sich Morneau auch in erster Linie auf das Inszenieren von Verfolgungsjagden und Explosionen verlässt und in dieser Hinsicht lässt sich „Bet Your Life“ wahrlich nicht lumpen. Da werden Autos von Hebebrücken und Zügen zerquetscht, in die Luft gejagt oder so lange beschossen, bis sie sich überschlagen – alles in imposanten Feuerbällen. Da Joseph seinem Hobby nicht sonderlich diskret nachgeht, darf man sich über halbentflammte Brücken und umherfliegende, hochexplosive Fässer freuen. Der Kollateralschaden interessiert den Mann nämlich weniger und die Kamera ist immer dicht am Geschehen, mitunter auch in unkonventionellen Perspektiven. George Mooradian bestätigt seine klasse jedenfalls einmal wieder.
Natürlich nimmt die Geschichte den erwarteten Lauf. Sonny kann sich Zugang zu Waffen verschaffen und versucht den Spieß umzudrehen, hat aber diverse Klauseln in seinem vorher mit Joseph abgeschlossenen Vertrag übersehen und muss daher improvisieren. Neue Überraschungen warten auf ihn und der finale Twist ist dann auch noch ein ungewöhnlich direkter Tritt in die Fresse der Gesellschaft, die von Reality-Shows nicht genug kommen kann. Insofern clever, weil der Film das Ergebnis dieser zurzeit angesagten Unterhaltungssparte ist. Sollte so die Zukunft aussehen, dann gute Nacht...
Fazit:
Der Freund gepflegter Actionware und insbesondere Louis Morneau-Fans können hier absolut bedenkenlos zugreifen. Der Film hat ein sehr hohes Tempo und eine tolle Optik, die den Film mit Sicherheit teurer aussehen lässt, als er eigentlich war. Autoverfolgungsjagden und bildschirmfüllende Explosionen waren Louis Morneau das Wichtigste. Dazu gesellt sich viel High-Tech-Schnickschnack, vielfältige Waffen und ein enorm spielfreudiger Billy Zane, der als Semi-Maniac die beste Rolle seit langem spielt und für den nötigen Humor sorgt. Auch wenn die beiden Hauptdarstellern eher akzentfrei agieren und nicht wirklich zu glänzen vermögen, so kann man ihnen ihr Talent nicht absprechen. Aufgrund des relativ vorhersehbaren Verlaufs dann auch nur eine gute Bewertung. Dennoch hat das Teil echt verdammt viel Drive und wurde extrem attraktiv wie ästhetisch inszeniert. Ein weiterer guter Film des Gespanns Morneau/Mooradian, der den hervorragenden Ruf der beiden bestätigt.