Drei Filmstudenten machen sich mit ihrer Kameraausrüstung zu einem Trip in den Wald auf, um eine Dokumentation über die legendäre Hexe von Blair zu drehen. Dabei verschwinden sie spurlos. Ein Jahr später wird das Filmmaterial gefunden, auf dem das Trio jedes Geschehnis bis zu seinem plötzlichen Verschwinden kleinschnittig dokumentierte...
Ein einmaliges filmisches Erlebnis, das die beiden Regisseure Myrick und Sanchez hier auf die Beine gestellt haben. Mit einem Minibudget von gerade einmal 32000 Dollar abgedreht, entwickelte sich die unheimliche Pseudodokumentation dank einer perfekten Internetkampagne in kürzester Zeit zu einem echten Kassenschlager, der allein in den USA sage und schreibe 140 Millionen Dollar einnahm und vielleicht schon jetzt als kleiner Kultfilm bezeichnet werden kann.
Der 74-minütige Horrortrip kommt gänzlich ohne vordergründige Schockeffekte aus und besteht ausschließlich aus scheinbar authentischen Videoaufnahmen, d.h. der Werdegang der drei Hauptdarsteller Heather, Mike und Josh wird ohne eine einzige Ausnahme mit den beiden Handkameras der Protagonisten gefilmt und lediglich aus deren Sicht geschildert - heftige Kamerawackler inbegriffen. Dadurch erreicht “The Blair Witch Project” eine einzigartige Authentizität und läßt den Zuschauer fast glauben, daß die zu sehenden Geschehnisse tatsächlich passiert sind - ganz so, als wäre man live dabei. Heather Donahue, Michael Williams und Joshua Leonard, mit denen man sich auf eine Reise ohne Wiederkehr begibt, spielen ihre Rollen - obgleich alles andere als namhafte Schauspieler - ausgezeichnet und tragen ihren Teil zu dem Gelingen dieses filmischen Experiments bei.
Abgesehen davon ist “The Blair Witch Project” jedoch trotzdem ein großes Stück davon entfernt, als Meisterwerk dargestellt werden zu können. Zu langsam kommt die gewiß nicht uninteressante Story in Gang - die Interviews zum Auftakt treiben die Handlung nur schleppend voran -, und wenn sie dann schließlich ins Rollen gekommen ist, ist der Film auch schon zu Ende. Letztendlich verhalten sich die Protagonisten auch etwas unglaubwürdig: Sie sind junge erwachsene Menschen, von denen man noch etwas jugendliche Frische und ein kleines bißchen Besonnenheit erwarten kann. Allerdings benehmen sich die Drei allzu schnell reichlich naiv und beginnen sehr früh mit gegenseitigen verzweifelten Schuldzuweisungen. Innerhalb von wenigen Stunden verwandeln sich die ambitionierten Filmstudenten in aufgescheuchte Hühner, was psychologisch wohl nahezu unmöglich sein dürfte. Wenn schon diesbezüglich Fehler aufgezählt werden, darf freilich nicht fehlen, daß es jedweder Logik entbehrt, die ganze Zeit - auch in Todesangst - mit einer Kamera in der Hand herumzulaufen, während man um sein Leben rennt. Doch würde man hierbei auf die Logik Rücksicht nehmen, hätte “The Blair Witch Project” niemals entstehen können.
Das ständige Geschreie von Heather kann ebenfalls gehörig auf die Nerven gehen, wenn man besonders intensiv darauf achtet. Dennoch kann diese Tatsache nicht wirklich als Schwachpunkt ausgelegt werden, weil wohl jeder auf seine Weise genauso handeln würde, wenn er am Rande eines Nervenzusammenbruchs steht. Ohne ihr fortwährendes Gekreische verlöre der Film wohl an Wirkung.
Dies alles verhindert aber nicht, daß dem Betrachter möglicherweise in der ein oder anderen Szene, gerade wegen der ungemeinen Echtheit, kleine Schauer über den Rücken laufen - etwa wenn sich die drei Abenteurer gewahr werden, daß sie wieder an exakt derselben Stelle gelandet sind, von der sie einen halben Tag zuvor gestartet sind, obwohl sie immer gen Süden wanderten; oder der herrlich beklemmende Schluß in dem alten verlassenen Waldhaus ist atmosphärisch ein ‘Genuß’.
Fazit: Etwas überschätzter, aber dennoch guter und vor allem neuartiger, mit billigsten Mitteln, aber zugleich höchstmöglicher Wirkung produzierter Pseudodokumentationsfilm mit Horrorfaktor, der atmosphärisch locker an viele höher budgetierte Werke herankommt. Ein interessantes und zum Ende hin auch spannendes Experiment. Man sollte sich “The Blair Witch Project” zumindest einmal im Leben angesehen haben, um sich von der Ungewöhnlichkeit zu überzeugen.