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Kanon oder nicht Kanon, das ist hier die Frage. Nicht, dass es Anfang des Jahrtausends irgendwelche Quality Gates mit allzu engem Nadelöhr bei Full Moon gegeben hätte, erst recht nicht nach dem völlig nichtssagenden „Puppet Master: The Legacy“ (2003), der die Messlatte für zukünftige Sequels einfach mal auf dem Boden abgelegt hatte. Und obwohl es von dort an nur aufwärts gehen konnte, wird „Puppet Master vs Demonic Toys“ offiziell zu keiner der beiden etablierten Reihen gezählt, die im Titel genannt werden. Bei dem Killerpuppen-Crossover handelt es sich nämlich um eine TV-Produktion für den Syfy-Channel, die dort im Dezember 2004 als Weihnachtsspecial ausgestrahlt wurde.

Das hindert aber weder Charles Band daran, beratend in die Produktion einzugreifen, noch ist es ein Hindernis für C. Courtney Joyner, nach Teil 3 und 8 der Puppensaga zum dritten Mal als Drehbuchautor in Erscheinung zu treten. Ganz zu schweigen von Ted Nicolaou, der nach diversen Full-Moon-Auftragsarbeiten gefolgt von einer vierjährigen Pause mehr als bereit war, mal wieder einen Regieposten zu übernehmen, ganz egal was für einen. Es tummelt sich also reichlich Full-Moon-DNA im Vorspann.

Das Nicht-Kanonische wird aber spätestens dann sichtbar, wenn wir die Puppenwerkstatt betreten, in der Ex-Kinderstar Corey Feldman als verschrobener Nachkomme des großen André Toulon versucht, seine kleinen Freunde per Injektion zum Leben zu erwecken. Ein kurzer Blick auf Blade, Jester, Pinhead und Six Shooter verrät, dass wir es hier nicht mit den Originalmodellen zu tun haben, sondern mit Nachbauten, die aber, anders als zum Beispiel die Puppen aus „Retro Puppetmaster“, stark genug an die Originaldesigns angelehnt sind, um einen befremdlichen Zerrspiegel-Effekt auszulösen. Irgendwas wirkt in diesem Bild falsch, und es sind nicht nur die Puppen: Es ist auch Feldman selbst, der mit seinen 33 Lenzen viel zu jung ist für den Mad-Professor-Typus, geschweige denn, um den Vater von Danielle Keaton zu spielen, die gerade mal fünfzehn Jahre jünger ist als er selbst. Und sprechen wir lieber gar nicht von der surrealen Weihnachtsatmosphäre ohne Schnee und Schmuck und Cola-Trucks, aber mit einer ordentlichen Portion bulgarischer Sonne, die den alten Santa auf seinem Schlitten mächtig zum Schwitzen gebracht haben dürfte.

Man fühlt sich also ein bisschen so wie im Kinder-TV-Programm der 90er Jahre, das oft populäre Kinofilme als Grundlage nutzte, um völlig kindisches Zeug daraus zu basteln, das nicht mehr viel mit der Vorlage zu tun hatte… man denke etwa an „Robocop“, „Beetlejuice“ oder „Toxic Crusaders“. Wenn Feldman und seine (fast einen Kopf größere) Filmtochter an der Werkbank stehen, ein Feuer auslösen und plötzlich eine Polizistin (Silvia Suvadova, ebenfalls einen Kopf größer) mit im Raum steht, ohne dass ihr die Haustür geöffnet wurde, fühlt man sogar gewisse Sitcom-Vibes aufkommen, denn da waren die Haustüren auch niemals verschlossen. Vielleicht macht sich ja hier sogar ein wenig die Handschrift des Regisseurs bemerkbar, denn der hat mit „TerrorVision“ schließlich die ultimative Sitcom-Satire geschaffen. Oder es rührt einfach von der unsäglich grauenhaften Scharade, die vor allem Feldman sein Schauspiel nennt. Sie verrät aber gleichzeitig auch eines: Die unfreiwillige Komik ist vielleicht gar nicht so unfreiwillig.

Es entwickelt sich nämlich, man kann es nicht anders sagen, eine schrullige Weihnachts-Farce über die Spielzeugindustrie. Vanessa Angel darf als skrupellose Firmenchefin die Teufelin im Businesshemd verkörpern, die armen Kindern vor der Presse Spielzeug schenkt und in ihrer fensterlosen Zentrale des Bösen Jungfrauenblut an einen Dämonen opfert. Als dann TV-Werbung für die „Christmas Pals“ läuft, in der glückliche Jungs und Mädchen ihre Baby Oopsie Daisys, Jack Attacks und Grizzly Teddys knuddeln, denkt man gleich an die „Chucky“-Fortsetzungen und vielleicht auch ein klein wenig an den Turbo Man aus „Versprochen ist versprochen“, nur dass die beißende Konsumkritik diesmal in der Schachtel bleibt.

Obwohl „Puppet Master vs Demonic Toys“ so unterirdisch geschrieben, gespielt und inszeniert ist, dass man streckenweise mehr Vergnügen bei diesem Sonntagmorgen-Desaster empfindet als bei den letzten drei Puppet-Master-Filmen zusammen, wird es im erweiterten Mittelteil doch recht zäh. Ein bisschen Industriespionage hier, ein paar Unterhaltungen mit dem Gehörnten aus der Unterwelt dort, kurz, die ohnehin von Anfang an klaren Fronten werden elend lange aufgezogen. Feldman darf sich derweil zum Hampelmann machen (und in der Konsequenz entsteht eine feste Freundschaft mit der großen Polizistin… vielleicht ja am Ende auch mehr?), Angel genießt es in der Zwischenzeit, ein Gefäß für reinste Arroganz zu sein und irgendwann vergräbt Baby Oopsie Daisy auch mal sein speckiges Gesicht im Vorbau einer kreischenden Dame, ohne aber ganz die bizarre Mischung aus ordinär und niedlich nach Vorbild von Baby Herman aus „Roger Rabbit“ hinzubekommen. Die Dame wird übrigens kurz darauf in einer Eisernen Jungfrau versenkt, deren Stacheln passend zur Franchise natürlich aus billigem Plastik bestehen, so wie überhaupt die komplette Einrichtung im Spielzeugimperium.

Hochgradig frustrierend ist es, dass man die ganze Zeit über vergeblich darauf wartet, dass endlich die Puppen von der Leine gelassen werden. Wenn man das „Versus“ in den Filmtitel bringt, möchte man doch bitte auch mit Duellen überhäuft werden, bis der ganze Boden mit Konfetti und ausgestöpselten Mini-Gliedmaßen übersät ist. Tatsächlich kommt es erst in den letzten fünf bis zehn Minuten zum versprochenen Kampf zwischen Gut und Böse. Da wird dann immerhin mal gerupft, bis die Zipfel reißen. Gerade Jack-in-the-Box ist mit seinem langen Hals und seinem In-Your-Face-Gehüpfe in die Comfort Zone immer für ein lautes Spektakel gut. Tatsächlich hält er seine Gegner fast im Alleingang gut im Schach, man hätte sich ob der optischen Ähnlichkeiten zu Jester auf der anderen Seite jedoch eine besser ausgearbeitete Rivalität gewünscht. Eine solche wird zwar angedeutet, bleibt aber unterentwickelt, obwohl man Jester im Zuge eines Upgrades vor dem Kampf eine fette Eisenkugel als Waffe in die Hand gedrückt hat und damit alle Argumente für einen ausgeglichenen Kampf. Blade liefert immerhin in einer Szene einen fetten Spinning Move, der andeutet, welch bisher ungenutztes Potenzial in dem Klingenschwinger steckt. Was Pinhead und Six Shooter angeht, hat der Puppenmeister wohl vorher ein paar Runden „Mortal Kombat“ gezockt, denn unserem Cowboy wurde eine Metallplakete (eigentlich ja Plastik, aber wir wollen mal nicht so sein) ins Gesicht getackert, was ihn wie eine Schmalspurversion von MK-Charakter Kano wirken lässt, während unser Spatzenhirn neue bionische Arme verpasst bekommen hat wie sein Pendant Jax. Aber was stellt man mit dem ganzen coolen Zeug schon groß an, wenn man gerade mal fünf Minuten Zeit hat, sich in Szene zu setzen?

„Puppet Master vs Demonic Toys“ scheitert keinesfalls an seiner billigen Ostblock-Optik, auch nicht an den schäbigen Produktionswerten oder dem heillosen Overacting der Schauspieler. Das erwartet man von einer solchen TV-Produktion gewissermaßen sogar. In erster Linie scheitert sie daran, dass sie die Erwartungen an eine actionreiche Crossover-Sause nie erfüllt. Wichtige Stammkräfte fehlen auf beiden Seiten (Tunneler, Leech Woman, Torch, Mr. Static), es gibt zu viel Leerlauf in der Mitte, die Puppen bleiben zu lange in ihrer Kabine. Ein ähnliches Problem hatte schon „Dollman vs Demonic Toys“ aus hauseigener Full-Moon-Produktion. Gelernt hat man daraus nichts; ein Kind im Sandkasten hätte das Spektakel vermutlich druckvoller arrangiert und pompöser choreografiert.

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