Review

Brust oder Popcorn?

Giovanni Lombardo Radice, zu sehen in u.a. Fulcis "Paura nella città dei morti viventi", Soavis "The Church"/ "La Chiesa", Lenzis dämlichem "Cannibal Ferox" und Scorseses Hollywood-Spektakel "Gangs Of New York" heißt hier allen Ernstes "Charles Bukowski" und gibt, mit gewohnt leidendem oder wahnsinnigem Blick, den fresstriebgesteuerten "Asphalt-Kannibalen", der in einer Gefangenengrube des Vietkong, wie auch Kamerad Tom Thompson (Tony King), zum Menschenfresser wurde. Ursache albernerweise ein Virus, das sich in bester Zombiemanier via Biss überträgt...
Antonio Margheritis "Apocalypse domani" aus dem Jahr 1980 hat in manchen Szenen mit den "The Riffs"-Filmen von Castellari, in anderen Sequenzen mit einem x-beliebigen US-Krimi/ Thriller weit mehr gemein, als mit den grenzgängerischen Kannibalen-Genrebeiträgen von D'Amato, Lenzi, Girolami, Franco oder Deodato (mit seinem, mit Abstand besten Genrebeitrag).
Wobei - gemein ist er auch, aber weniger eine Aneinanderreihung von Tabubrüchen vor Dschungel-Kulisse, sondern vielmehr ein harter Horror-Actionthriller vor dreckiger Großstadtkulisse.
Wer will, kann hier eine weitere filmische Aufarbeitung des Vietnam-Traumes sehen. Vor allem ist es aber zeigefreudige Exploitation mit genüsslich ausgemalten Gore-Szenen und Margheriti-typischen Actioneinlagen (Motorrad-Stunts, heftige Kloppereien, mittelprächtige Explosionen, wild um sich ballernde und dabei laut aufschreiende Mannsbilder).
Ab und an (viel zu selten) kommt auch etwas heimelige Italo-Zombie-Atmosphäre auf. Das etwas holprige Drehbuch stammt übrigens von Dardano Sacchetti (Italo-Horror-Freunden sicherlich bekannt) und lässt so manche Frage offen, etwa zum Hintergrund des Virus.
Einige bekannte Gesichter sind zu sehen - die Hauptrolle neben Radice hat John Saxon, und Venantino Venantini hetzt als Polizist die kannibalistischen Vietnam-Veteranen durch die ganze Stadt, inklusive Kanalisation.
Die Regie ist - wie von Margheriti gewohnt - solide, manchmal springt die Handlung aber verwirrend zwischen den Schauorten und der Film ist auch streckenweise etwas langatmig. Ein kleinen Genre-Klassiker, wie seinen gotischen Italo-Western "Satan der Rache", hat Margheriti hier nicht zustande gebracht. Und seine Lewis Collins-Söldnerfilme (Margheriti hat in fast jedem B-Genre gewildert) wissen, ob ihrer größeren Schauwerte, illustren Besetzung und dichteren Inszenierung, auch besser zu gefallen.
Einige Szenen, wie die, wo ein Pärchen sich, direkt vor Augen Bukowskis, in einem vollbesetzten (!) Kino und während ein wüster Kriegsfilm läuft, sehr deutlich annähert, wirken selbst für Italo-Exploitationfilmverhältnisse (ich schreibe hier nicht von D'Amato, dem dafür JEDE Situation geeignet erschien) etwas weit hergeholt. Wen wundert es, dass Bukowski da nicht mehr nur an seinen Popcorn knabbern will...
Für Italo-Schmodder-Freunde interessant, für alle anderen wohl eher ein Graus.

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