„Wir kommen immer nur zu spät, wenn wir jemanden verhaften wollen!“
Der vornehmlich im komödiantischen Fach beheimatete italienische Regisseur Luigi Comencini („Genosse Don Camillo“) verfilmte 1975 den erfolgreichen Roman „Die Sonntagsfrau“ des Autorenduos Carlo Fruttero und Franco Lucentini, der drei Jahre zuvor erschienen war. Die Krimikomödie mit gesellschaftssatirischem Anstrich entstand in italienisch-französischer Koproduktion.
Der Turiner Architekt Garrone (Claudio Gora, „Sacco und Vanzetti“) hat sich nicht sonderlich viele Freunde gemacht, was man ihm eines Tages damit quittiert, ihn mit einer großen steinernen Penisskulptur zu erschlagen. Der sizilianische Kommissar Santamaria (Marcello Mastroianni, „Allein mit Giorgio“) nimmt zusammen mit seinem Partner de Palma (Pino Caruso, „Suspected Death of a Minor“) die Ermittlungen auf. Die erste Spur führt zur gelangweilten Industriellengattin Anna Carla Dosio (Jacqueline Bisset, „Mord im Orientexpress“) und ihrem offensichtlich homosexuellen, dies jedoch nicht offen zugebenden Bekannten Massimo Campi (Jean-Louis Trintignant, „Leichen pflastern seinen Weg“): Der Polizei wurde von ehemaligen Bediensteten Annas, die nicht gut auf ihre Ex-Chefin zu sprechen sind, ein Brief zugespielt, in dem Anna sich gegenüber Adressat Massimo über das Mordopfer auslässt und ihm den Tod wünscht. Doch die beiden bleiben nicht die einzigen Verdächtigen, denn so zahlreich Garrones Gegner waren, so zahlreich sind auch die möglichen Motive und so löchrig sämtliche Alibis. Anna und Massimo sehen die Chance auf ein aufregendes Abenteuer und schalten sich in die Ermittlungen ein; auch Massimos heimlicher Lebensgefährte Lello (Aldo Reggiani, „Die neunschwänzige Katze“) beteiligt sich schließlich, um die Unschuld Massimos zu beweisen…
„Er trägt ein sehr warmes Jäckchen und steht auf Böcke.“ – „Worauf…?“ – „Auf Böcke: Er ist handgestrickt schwul!“
Diese Romanverfilmung wurde zu einem hochkarätig besetzten, sehr geschwätzigen Whodunit?-Krimi mit mehr als nur einem komödiantischen Touch. Der sizilianische Kommissar erlebt in Turin zwar nicht unbedingt einen ausgemachten Kulturschock, beobachtet das Treiben insbesondere der vermögenden Oberschicht jedoch mit einigem Befremden. In der Turiner Bourgeoisie kennt jeder jeden, hält jeweils nicht viel voneinander oder ist sich spinnefeind und degeneriert zunehmend in seiner Dekadenz vor sich hin. Ein ungewöhnlich besetzter Trintignant in einer von zwei überzeichneten Schwulenrollen, einige pikante und schlüpfrige Details, viel Turiner Lokalkolorit und italienische Lebensart dominieren den Film, der sein Puzzle aus Giallo-, Poliziesco- und Komödien-Elementen zusammensetzt und erst ganz am Schluss löst. Leider versäumt man es dabei, Spannung oder Dramatik aufzubauen, sodass der eigentliche Fall komplett in den Hintergrund tritt und den zahlreichen inneritalienische Befindlichkeiten karikierenden Dialogen den Vortritt lässt. Die herausragende Besetzung hält derweil bei der Stange und das lieblich sommerliche Turin, das der „Suspiria“- und „Tenebrae“-Kameramann Tovoli in warmen Farben einfängt, ist eine Augenweide. Letztlich ist „Die Sonntagsfrau“ aber mehr eine Gesellschaftssatire denn Kriminalfilm, die für nicht in Italien gelebt habende und mit damaligen gesellschaftlichen Verhältnissen Italiens nicht vertraute Zuschauerinnen und Zuschauer bisweilen unverständlich zu bleiben droht.