Von „Der Killer von Wien" war ich recht angetan, da sämtliche Genrezutaten handwerklich sauber und überdurchschnittlich aufbereitet wurden und der Film trotz des herrlich trashigen Plots inhaltlich gelungen ist. „Torso" kommt leider nicht an das frühere Werk heran.
Im Deutschen „Die Säge des Teufels" betitelt, liegt der Verdacht nahe, dass der Verleih bei Erfolg auf Fortsetzungen hoffte:
„Der Schraubenzieher des Teufels",
„Der Zollstock des Teufels"
und später dann die Sammelbox:
„Die Werkzeugkiste des Teufels".
Und ebenso lässt der deutsche Titel mit Fokus auf das Corpus Delicti schon erkennen, auf welchem Weg das europäische Kino war, wenn das dramatische Maximum bereits im Titel angelegt wurde. Da wurde aus Mario Bavas eigentlicher „Kettenreaktion“ dann eben „Im Blutrausch des Satans“.
Bei solchen Titeln will man dann auch die Säge im Einsatz und das Blut rauschen sehen und der Giallo ist gemeinhin auch nicht zimperlich, wenn es um die explizite Darstellung körperlicher Verletzungen geht. Aber ein Splatterfest ist „Torso" nicht, obwohl hier und da etwas Blut fließt.
Die obligatorischen Morde werden teils nett in Szene gesetzt, wenngleich man hier keine Bilderorgien à la Argento erwarten darf. Dieser konnte in seine früheren Filmen inhaltliche Schwächen, die es im Giallo wohl immer gibt, durch optische Stärken ausgleichen. Dies gelingt Martino folglich nicht so gut und das Rätseln, wer denn nun strangulierend den weiblichen Teil der Bevölkerung terrorisiert, hält lediglich die üblichen Ablenkungsmanöver bereit, wobei man hier recht schnell auf den Mörder kommt. Vorteil beim Giallo: Man rechnet nicht damit, dass die erdachte Lösung auch zutrifft, weil am Ende wieder etwas aus dem Hut gezaubert wird und insofern war ich zumindest überrascht, dass man mich nicht überraschen wollte.
Das klingt jetzt alles zwar nicht wirklich verlockend, aber dennoch findet sich Martinos Film zurecht auf etlichen Listen sehenswerter Gialli und auch ich würde ihn dort stehen sehen wollen. Im Grunde laufen alle Gialli nach demselben Muster ab und bedienen brav die Erwartungen. Lediglich in den Mordszenen sind oftmals Versuche zu erkennen, den Eindruck einer Eigenständigkeit der Inszenierung zu hinterlassen. Das gelingt Martino dann auch.
Was aber „Torso" vom Durchschnitt positiv abhebt, ist eine Sequenz, in der ein potenzielles Opfer ihre drei toten Freundinnen in einem abgelegenen Gutshaus vorfindet, sich vor dem Killer versteckt und bezeugt, wie dann eben, post mortem, die teuflische Säge zum Einsatz kommt. Die Perspektive ergibt sich dabei aber nicht dem reinen Voyeurismus und hält eben nicht voll auf das blutige Geschehen, sondern sie bleibt bei der weiblichen Figur und lässt den Zuschauer so recht gelungen mit ihr leiden, wenngleich hier und da blutige Details aufblitzen. Dieser Teil des Films, der durch verzweifelte Versuche, auf sich aufmerksam zu machen, ein Versteckspiel und eine beinahe Umkehrung des Aschenputtel-Themas angereichert wird, ist wirklich mal recht spannend geraten und prägt die zweite Hälfte des Films, der sich so mit einem Handstreich von der Durchschnittlichkeit befreit.
Fazit
„Torso" lebt vor allem durch seine atmosphärische zweite Hälfte, die mit dem Verlassen urbaner Gefilde bei mir punkten konnte. Diese sommerliche Schwüle um das abgelegene Herrenhaus wertet einen bis dahin soliden aber auch recht prototypischen Giallo deutlich auf und verschafft ihm eine Eigenständigkeit, die er bis dahin weder durch Handlung (Hust!) noch durch besonders beeindruckende Morde oder technische Schmankerl hat erreichen können. Für die Schaulustigen fließt etwas Blut und es gibt viel nackte Haut, womit Martino nochmals deutlich macht, dass der Giallo und Feminismus so gut zusammenpassen wie Nutella und Lachs.