Der verdiente italienische Regisseur Sergio Martino, der dem Giallo mit dem herausragenden "Lo strano vizio della Signora Wardh" ("Der Killer von Wien") und dem soliden "Tutti i colori del buio" ("Die Farben der Nacht") bereits zwei nicht unwichtige und atmosphärisch dichte Beiträge geliefert hatte, ließ 1973 einen "Torso" von einem Film auf die Kinoleinwände los. Ja, der Name dieses Films ist ganz treffend gewählt. Wo früher nackte Haut und Gewalt noch etwas bedachter und stilsicherer eingesetzt waren, wird in "Torso" auf eine wenig zielsichere Art und Weise losgeklotzt, die am Anfang die Erwartungen auf einen Strudel aus Atmosphäre und schwüler Erotik spitzt, dann aber den Zuschauer in das Loch seiner Phantasien abstürzen lässt, indem er dem Film einen plötzlichen Spannungseinbruch beschert, von dem an nichts mehr interessantes passiert und nurmehr vor sich hin gewuselt wird.
Zu Beginn, nach einigem belanglosen Wortgewechsel an einer Kunstakademie, bewegen wir uns zwischen dunstigen Kifferversammlungen und siffigen 70er-Jahre-Appartements hin und her. Einer der ersten Morde ist dann auch wirklich sehenswert: Eine recht üppige Hippiedame wird oben ohne durch einen spritzenden Sumpf gehetzt und inmitten einer birkenbewachsenen Idylle mittels einer effektetechnisch nicht allzu gelungenen, aber trotzdem originellen Augenoperation in die ewigen Jagdgründe befördert. Nun ja, so könnte es nun gut und gerne weitergehen. Leider geht es nicht so weiter, sondern vielmehr bergab, wenn auch die drei Studentinnen unseres Interesses bergauf gehen, nämlich in einen einsam gelegenen Prachtbau, wo sie dem "dolce far niente" zu frönen gedenken. Dabei wird mit Nudität auch nicht gespart, allerdings merkt man hier sehr genau, dass es solche und solche Schauspielerinnen gibt... Tina Aumont (mir bekannt aus der westernhaften Carmen-Verfilmung mit dem irreführenden deutschen Verleihtitel "Mit Django kam der Tod") z. B. hatte offenbar eine Vertragsklausel gegen Nacktszenen, weshalb bei ihr die Kamera geradezu prüde wegschaut, wobei ihre beiden Kolleginnen ausführlich und letztlich mehr, als es dem Film guttäte, zur Schau gestellt werden. Die später in den Mittelpunkt tretende Suzy Kendall gehört ebenso wie Fräulein Aumont zur Prüderie-Fraktion.
So ergibt sich eine stilistische Schieflage, zu der auch die wenig gelungenen Gewaltszenen ihren Teil beisteuern. Hier wollte Martino nämlich recht viel, was aber die handwerklichen Kapazitäten absolut nicht hergegeben haben. So erkennt man den Einsatz von Plastikköpfen, Gummi-Torsi und ähnlichem dermaßen deutlich, dass es peinlich ist. Ein schlichter, aber glaubwürdiger Messerstich wäre wirkungsvoller gewesen als diese Schaufensterpuppen-Schluderei. Letztere zeigt sich nicht nur bei der Augen-OP, sondern auch beim ersten Mord (langer Schnitt in einen künstlichen Rumpf, der viel blasser ist als das reale Opfer) und bei einer späteren Szene, in der ein Spielzeug-Kopf an einer Mauer zerquetscht wird, worauf aber in einer folgenden Einstellung der zugehörige Schauspieler - wiederum mit intaktem Kopf - zu sehen ist.
Nachdem so eine Zeitlang vor sich hingepfuscht wurde, entschließt sich Maestro Sergio, die übrigen Morde gar nicht mehr zu zeigen und, nach Art der griechischen Tragödie, von den übrigen Opfern in einem Abwasch lediglich die Leichen vorzuweisen. Ab da geht der Film über in eine vollends uninteressante Verfolgungsjagd, die in einer sinnlosen Mörderenttarnung kulminiert.
Insgesamt ein enttäuschender, wenn auch vielversprechend anfangender Giallo von einem Mann, der es besser kann, wie er unter anderem auch noch in seinem beeindruckenden Spätwestern "Mannaja" zeigen sollte. Gute DVD-Veröffentlichung von NSM bis auf einen nur angeblich vorhandenen Musik-Audioteil und die Ankündigung der nicht zu sehenden Schauspieler David Warbeck und Janet Agren. Naja, ob die den Film besser gemacht hätten...