Review

Debra und Dermot, who?

Nein, natürlich hat man die beiden Gesichter schon gesehen. Besonders Dermot Mulroney hat zuletzt durchaus Aufmerksamkeit erhalten, z.B. als Nebendarsteller in „Family Stone“ und „Frau mit Hund sucht....“

Hier versuchen sich er und Debra Messing als Hauptdarsteller in einem Film, der zum Genre der romantischen Liebeskomödie zählen soll und dafür auch die Grundvoraussetzung mitbringt, nämlich eine rect originelle Grundidee :

Die Engländerin Kat Ellis arbeitet in New York und hat ein Problem. Als sie jetzt zur Hochzeit ihrer jüngeren Schwester nach England eingeladen wird, fehlt ihr dazu der männliche Begleiter. Denn vor 2 Jahren hatte Jeffrey, mit dem sie selbst schon fast verheiratet war, mit ihr Schluß gemacht und dieser Jeffrey ist jetzt auch noch der Trauzeuge des Bräutigams.

Um sich nicht der Lächerlichkeit als Dauersingle preiszugeben, aber auch mit dem Hintergedanken ,Jeffrey, dem sie noch heimlich nachtrauert, eifersüchtig zu machen, mietet sie sich einen Callboy, der sie dorthin begleitet und als ihr neuer Freund auftreten soll....

Um es kurz zu machen , der Film ist richtig schlecht !!!

Natürlich nicht in seiner handwerklichen Machart. Es gibt hübsche Menschen, die ordentlich agieren und teilweise einen gewissen Charme haben. Dazu spielen die Szenen des Films ausschließlich in edler Umgebung - schöne Locations, teure Autos usw.- ,die auch sauber umgesetzt sind.

Und genau an dieser glänzenden Machart muß sich dieser Film auch messen lassen. Er verspricht und behauptet viel zu sein ,aber er hält NICHTS davon.

Wer sich ein eigenes Bild davon machen will, sollte jetzt nicht weiterlesen, denn zur Unterstützung meiner Argumentation muß ich ins Detail gehen. Zuerst heißt es ja, es sei eine....

1. KOMÖDIE :

Woraus entstehen komödiantische Stoffe? – Aus Gegensätzen, aus schwierigen Situationen, denen man zu entkommen versucht, aus skurrilen Persönlichkeiten usw.

In diesem Film gibt es dazu viele Ansätze : wenn eine Frau mit einem Callboy, den sie erst im Flugzeug kennenlernt, bei ihrer wohlhabenden englischen Familie auftaucht und diesen auch noch als ihren Freund vorstellt, dann kann man sich schon so manches Chaos vorstellen. Hier gibt es nichts davon.

Dermot Mulroney gibt den Callboy von Anfang an als idealen Mann : gebildet, mit besten Manieren, jeder Situation gewachsen und sehr gut aussehend .Dazu immer natürlich selbstbewußt, ohne Überheblichkeit oder Arroganz. Ein völlig eindimensionaler, klischeehafter Charakter, dem man den Callboy keine Sekunde anmerkt.

Es gibt nur wenige Szenen, in denen das Thema Callboy überhaupt berührt wird,z..B.wenn beide über seine Preise verhandeln oder sie ihm Geld gibt. Aber diesen Konflikt gibt es im Film nicht - es gibt keine Szene, in der irgendwann dieses Konstrukt herauskommen könnte, niemand kommt ihnen auch nur als Verdacht auf die Schliche. Und so bleibt dieses Thema bis zum Schluß nur zwischen Nick und Kat bestehen.

Damit verschenkt der Film jedes komödiantische Potential, denn gerade aus der Mißbilligung z.B. der zukünftigen Schwiedereltern gegenüber dem neuen ,vielleicht in feiner Gesellschaft etwas unbeholfenen ,Freund, hat es schon viele witzige Filme gegeben. Hier dagegen wird Kat von Allen nur um Nick beneidet.....

Auch mit der skurrilen Verwandtschaft kann es bekanntermaßen richtig lustig werden.

Kat behauptet gegenüber Nick zwar auf dem Hinflug, wie verrückt ihre Verwandtschaft ist – sie mag nur ihren Stiefvater – aber dann stellen sich alle als normale, gesittete Menschen heraus , die eher brav und langweilig wirken ( Nix Shirley mcLaine oder Jane Fonda).
Ja, man fragt sich, warum Kat überhaupt einen Mann mitbringen mußte. Im Gegensatz zu „Frau mit Hund sucht...“, wo die Hauptdarstellerin ständig damit konfrontiert wird, einen neuen Freund haben zu müssen, wirken die Eltern keine Sekunde so, als ob sie von ihrer Tochter irgendetwas verlangen.

Und selbst wenn dieses Verhalten für Kat überraschend und neu wäre, dann fragt man sich, wieso sie sich den Callboy nicht wenigstens einmal vorher angesehen hat. So ein Risiko geht man doch bei solchen Ängsten nicht ein.

Aber da gibt es ja noch Jeffrey ,ihren Ex, der unmotiviert mit ihr Schluß gemacht hat und am Anfang Andeutungen macht, daß er das bereut haben könnte. Aus einem solchen Mißverständnis hätten sich peinliche, lustige Situationen ergeben können. Aber als die (brutale)Wahrheit später herauskommt, hat Kat schon jegliches Interesse an ihm verloren, auf Grund ihres neuen Traumprinzen an ihrer Seite.

Aber nur dieses verschenkte Potential macht noch keinen schlechten Film, man hätte sich das als leicht plätschernden Familienfilm zu Gemüte führen können. Ärgerlich und geradezu unangenehm wird der Film durch seinen behaupteten...

2.ANSPRUCH :

Sämtliche Gespräche werden ernsthaft und emotionslos geführt, es gibt weder witzige noch kontroverse Dialoge. Gerade zwischen Kat und Nick hätte es auch auf Grund des unterschiedlichen Status – sie ist ja immerhin seine Auftraggeberin – provozierende oder zweideutige Dialoge geben können, nichts davon. Im Gegenteil, sie wird angesichts dieser männlichen Idealverkörperung völlig unsicher und wirkt eher wie ein verstörter Teenager.

Dadurch verschenkt der Film auch die einzige originelle Idee, eben das sich eine Frau selbstbewußt einen Mann nimmt und bezahlt.Tatsächlich zeigt der Film gerade dadurch ein völlig klischeehaftes ärgerliches Frauenbild, denn trotz der eigentlich überlegenen Position, errötet sie im Angesicht des starken souveränen Mannes....

Weiterhin kommt es zwischen den verschiedenen Personen immer wieder zu ernsthaften Gesprächen über Kat’s aktuelles Liebesleben (Motto „Du bist selbst schuld, ändere deine Einstellung“).

Da Nick, neben den schon genannten Qualitäten, auch ein guter Berater in allen Lebenslagen ist, heilt er nicht nur Kat von ihrer Verunsicherung, indem er sich in sie verliebt, sondern er rettet auch noch die Ehe zwischen Kat’s Schwester und derem Bräutigam dank eines guten Ratschlags. Dabei werden die Probleme, die kurz zuvor beinahe zu einem größeren Familiendrama geworden wären, einfach weggewischt. Das ist völlig unglaubwürdig.

Ich liebe Hollywood Filme dafür, daß hier Menschen Entwicklungen machen können, für die sie in der Realität Jahre bräuchten, denn das gibt Mut und ist irgendwie tröstlich. Aber hier werden nur oberflächliche Pseudo-Ratschläge gegeben. Dabei hinterfragt der Film keine Sekunde das eigentliche Thema :

Warum ist dieser geniale Typ Nick eigentlich ein Callboy ?

Bei Nick gibt es keinerlei Brüche, keine versteckten Aggressionen, nicht die geringste Verunsicherung als er sich doch in seine Klientin verliebt. Er beendet daraufhin einfach seine Tätigkeit und geht eine Beziehung mit ihr ein, wie uns glücklicherweise nur der Nachspann erzählt (Eine Umsetzung dieser verlogenen Konstellation hätte ich nicht ertragen).

Dabei hätte man daraus durchaus etwas machen können – irgendein Grundproblem hat jeder, der den Job des Strichers einnimmt - eher ein Zeichen für Passivität - auch wenn es nur harmlosere Dinge sind wie eine ehemalige enttäuschte Liebe (um sich an den Frauen zu rächen) oder einfach Geldknappheit oder Schulden.....aber an einem solchen menschlich nachvollziehbaren Charakter hat der Film kein Interesse und er verteidigt dieses mit dem Argument der...

3.ROMANTIK :

In der Werbung zum Film wird gerne die Nähe zu „Pretty Woman“ angedeutet, auch nicht gerade ein filmisches Meisterwerk.
Aber an Qualität diesem Machwerk weit überlegen, denn Julia Roberts wirkt eben doch etwas einfach gestrickt als Prostituierte und der Freier ist auch in der dominanten Position. Dazu gibt es hier eine Vielzahl von Brüchen und Fehlverhalten, die zum klassischen Hin und Her führen bis es dann zum schlußendlichen Happyend kommt.

Das ist dann romantisch. Aber hier ?

Alles wird völlig linear erzählt ohne Überraschungen, Selbstzweifel oder Mißverständnisse. Selbstverständlich will Nick schon für die erste Liebesnacht kein Geld mehr von ihr....der Film dauert dann auch nur 75 Minuten, was angesicht des Inhalts leider immer noch zu lang ist.

Aber Moment : das gibt es noch einen Punkt ,den ich als Mann vielleicht nicht nachvollziehen kann.

Der weibliche Wunsch – hier von einer Regisseurin erzählt – nach dem Traummann, um den man nicht einmal werben muß. Der einen vor allen Unbillen bewahrt, jede peinliche Situation umschifft und dazu noch zur vollständigen Anerkennung der Familie und sonstigen Umgebung führt. Und noch den besten Sex seines Lebens verschafft. Dazu die „verruchte“ Ausgangsposition, die natürlich angesichts des angebeteten weiblichen Wesens ins Nichts zerfällt, sie gleichzeitig aber aus der großen Masse (dieser Mann könnte ja schließlich alle haben) heraushebt.

Nichts für ungut, meine Damen, auch bei größtem Verständnis für diesen Wunsch, ein bißchen Raffinesse, ein wenig Abwechslung und einen Hauch mehr Menschlichkeit sollte doch auch eine solche Traumsequenz haben (2/10).

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