Die Mexikanerin Flor sieht aus wie Penélope Cruz' hübsche, natürliche Schwester. Sitzengelassen mit kleiner Tochter und ohne ein Wort Englisch kommt sie in die USA, um ihr Glück zu finden und ihrer Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen. Sie landet als Dienstmädchen bei einer wohlhabenden weißen Familie mit zwei Kindern, einer neurotischen Ehefrau samt trinkfester Mutter sowie ihrem ruhigen, irgendwie schicksalergebenen Ehemann John. Zwei Welten prallen aufeinander, materiell und mental.
Demografen sagen voraus, dass in den südlichen USA in einigen Jahrzehnten die Hispano-Amerikaner die stärkste ethnische Gruppe sein werden. Hollywood reagiert seit einigen Jahren auf die Veränderung seiner Heimat-Kundschaft. Immer mehr Filme spielen zumindest teilweise in diesem ethnischen Milieu, immer mehr TV-Serien haben eine oder einen Quoten-Hispanic. In „Spanglish“ gibt es zum Teil sogar ausschließlich spanischsprachige Szenen (ohne Untertitel!), sodass der Zuschauer gleichsam in die Konfrontation mit dem Fremden hineinversetzt wird. Der Film zeigt auf lustige Weise –ausgehend von der üblichen Rollenverteilung der Latina als Haushälterin und der weißen Familie als Dienstgeber– jeweils aus Sicht der Hispanics und der weißen Mittelschicht zumindest ansatzweise das sprachliche und mentale Unverständnis füreinander.
Dafür sind die richtigen Darsteller gefunden worden: Allen voran Téa Leoni, die die Neurosen einer unausgefüllten, nicht eben empathischen Hausfrau toll in Szene setzt – deutlich, komisch, jedoch nicht zu übertrieben.
Paz Vega als das freundliche, aber bestimmte Dienstmädchen, das auch Latina-Stolz aufblitzen lassen darf, ist eine echte Entdeckung.
Adam Sandler mit seinen begrenzten schauspielerischen Mitteln muss dagegen abfallen, nervt aber überhaupt nicht mit albernen Scherzen, sondern passt mit seiner Visage (und seinen Vorlieben für menschelnde Rollen) zum leicht naiv wirkenden John, der nicht arrogant abhebt ob seines beruflichen Erfolgs, sondern auf dem Boden bleibt und die soziale Ader zu behalten versucht.
Witzig in der Nebenrolle als Mutter der Ehefrau tritt Cloris Leachman auf: Trotz der hysterischen Tochter bewahrt sie einen kühlen Kopf und wirft treffende Sprüche in den Raum – unterstützt von einem großen Glas Weißwein 12 Uhr mittags.
Im Laufe des Films verschiebt sich der Fokus vom kulturellen und sprachlichen Clash, aus dem durchaus mehr hätte herausgeholt werden können, immer weiter zur Dreiecksbeziehung Ehefrau – Ehemann – Dienstmädchen. Zunächst kabbeln sich Ehefrau und Haushälterin wegen deren Tochter, die der Ehefrau als bessere Tochter im Vergleich zur eigenen erscheint und die die materielle Freiheit der weißen Vorstadt zu schätzen lernt. Dann geht es um das Nicht-Verständnis der Ehefrau für ihren Mann sowie die zwangsläufig entstehenden Gefühle des Ehemanns zu Flor und umgekehrt. Bevor der Film jedoch vollends in konventionelles Romantik-Kino umschlägt und ein Hollywood-Kitsch-Ende mit Friede, Freude, Eierkuchen droht, schließt sich der Kreis zum Anfang, wenn Flors Tochter erkennt, worauf es wirklich im Leben ankommt. Nun wird die leise gestellte Frage des Films beantwortet, ob materielle Sorglosigkeit denn zu immaterieller Verarmung führen muss. Der Zuschauer weiß allerdings nicht, ob die Ehefrau dies auch begreifen wird.
„Spanglish“ bleibt damit ein zwar nicht überragender, aber sympathischer und nett unterhaltender Film mit mildem Humor und ernsten Untertönen.
7 von 10 Punkten.