In den 80er Jahren arbeitete Frank Miller („Sin City“) für Marvel an den „Daredevil“-Comics, bevor er (u.a.) die Spin-Off Miniserie „Elektra: Assassin“ sowie die graphische Novelle „Elektra lives again“ konzipierte. Als man „Daredevil“ 2003 schließlich verfilmte, nutzte man die Figur der Elektra Natchios als „Romantic Interest“ bzw Gegenspielerin des Hauptcharakters – doch die charismatische Jennifer Garner („Pearl Harbor“) stahl nicht nur wegen ihres angenehm auffallenden Kostüms so ziemlich jede gemeinsame Szene von ihrem Filmpartner Ben Affleck, weshalb es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit war, bevor man ihr (trotz ihres Filmtodes) eine eigene Plattform bieten würde (ähnlich wie etwa „Catwoman“). Bereits 2004 ging das Projekt dann unter der Regie von Rob Bowman („X-Files: Fight the Future“) nach einem Drehbuch des Autorengespanns Zak Penn („X-Men 2“), Stuart Zicherman und Raven Metzner in Produktion…
In Laufe des ersten Akts erfährt der Zuschauer, dass Elektra nach ihrem vorzeitigen Ableben von dem blinden Meister „Stick“ (Terrence Stamp) wiedererweckt sowie im Anschluss einem harten Kampftraining unterzogen wurde. Zwar erweist sie sich dabei als beste Kämpferin der Gruppe, aufgrund einiger fehlgeleiteten inneren Einstellungen wird sie von Stick jedoch irgendwann darum gebeten, das Camp zu verlassen, worauf sie aber nicht zu Matt Murdock zurückkehrt (Ben Affleck, der im eigentlichen Film zwar nicht auftaucht – dafür aber in einer auf der DVD enthaltenen Deleted Scene), sondern aus irgendwelchen Gründen zu einer Attentäterin/Profikillerin des Geheimbundes „the Hand“ avanciert…
Während der Vorbereitung ihres neusten Auftrags lernt sie den charmanten Mark Miller (Goran Visnjic) und dessen 12-jährige Tochter Abby (Kirsten Prout) kennen: Er ist ihr auf Anhieb (trotz ihrer Reserviertheit) sympathisch, Abby erinnert sie an sich selbst als Kind – umso größer die Verwunderung, als sie erfährt, dass es sich bei ihnen um ihr eigentliches Ziel handelt. Natürlich bringt sie es nicht fertig, den Auftrag auszuführen – stattdessen rettet sie die beiden vor den nachgeschickten „Replacement Killers“ und entlässt sie in die Obhut von Stick. Trotzdem ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie auch dort von „the Hand“ aufgespürt werden, dessen Anführer (Cary-Hiroyuki Tagawa) ihnen seinen Sohn Kirigi (Will Yun Lee) mitsamt dessen Gefolgsleuten Tattoo (Chris Ackermann), Stone (Bob Sapp) und Typhoid (Natissa Malthe) hinterhergeschickt hat, welche allesamt übernatürliche Fähigkeiten besitzen. Irgendwie scheint Abby dabei die Schlüsselfigur aller Ereignisse darzustellen…
„Elektra“ ist als Film weder richtig gut noch schlecht ausgefallen. Positive Ansätze sind zweifellos vorhanden, fallen aber fast allesamt dem schwachen Drehbuch zum Opfer, welches möglichst viele Aspekte und Handlungselemente mit einbeziehen will, die sich aber nicht im gewünschten Umfang in 96 Minuten Film unterbringen lassen. Auf diese Weise entsteht das Gefühl von Oberflächlichkeit zugunsten eines straffen und recht zügigen Filmverlaufs.
Die Hintergründe der Geschichte werden zwar allesamt angerissen, jedoch nie wirklich zufrieden stellend dargelegt, was vor allem bezüglich der Organisation „the Hand“ deutlich ins Auge fällt: Die gesamte Struktur und Bedeutung verbleibt im Dunkeln, denn der einzige Einblick beschränkt sich auf wenige Sitzungen der Oberhäupter. Wo liegen die Verbindungen zur Familie Natchios? Warum mussten Elektras Eltern sterben, aus welchen Gründen wurde sie zu einer eiskalten Killerin in deren Auftrag? Als Zuschauer möchte man zwangsläufig mehr darüber erfahren – und leider treten Fragen wie diese ständig hervor.
Neben der ungeschickt (meist in Form von kurzen („Hulk“-ähnlichen) Rückblenden) eingewobenen Hintergrundgeschichte, zu welcher bedauerlicherweise ebenfalls Elektras Training im Camp von Stick gehört (kompakter wäre jener Bereich besser aufgehoben gewesen), stellt sich die Uneigenständigkeit als ein weiteres Negativmerkmal heraus, wie auch die offensichtlich verschenkten Möglichkeiten: Der Film eröffnet mit einem „Hit“ von Elektra auf eine Zielperson (netter Kurzauftritt von Jason „the Patriot“ Isaacs), welche sich in einer Villa verschanzt hat und die mystische Einführung der Figur vornimmt, während das Sicherheitsteam einer nach dem anderen ausgeschaltet wird. Eigentlich ein guter Einstieg sowie an sich coole Szene – wäre sie nicht fast eins-zu-eins Luc Bessons „Leon“ entnommen worden. Das gilt genauso für einen Teil des Showdowns, bei dem es in einem Saal der Villa (in welcher „alles begann“) zu einem Zweikampf kommt, während überall weiße Laken durch die Luft wirbeln – das sieht wie eine zweitklassige Version eines Zhang Yimou Werks aus, wobei ich aber gegen das allgemeine asiatische Flair des Films (Ninjas etc) nichts einzuwenden habe. Die Idee mit dem Hauptquartier von „the Hand“ als traditionelle Pagoda auf der Spitze eines Wolkenkratzers in Tokio fand ich klasse, im Inneren dagegen immer nur den Standard-Konferenztisch zu zeigen, ist schon enttäuschend. Elektras Figur leidet zudem an „OCD“ (Obsessive Compulsive Disorder), was sich aber nur in bestimmten Momenten im Zählen ihrer Schritte äußert (also nicht so schlimm wie etwa bei Howard Hughes), weshalb man sich automatisch fragt, warum es nicht gleich ganz weggelassen wurde…?
Jennifer Garner (TV´s“Alias“) mag als Elektra zwar nicht wirklich ihrem Comic-Ebenbild entsprechen, macht ihre Sache jedoch ganz gut und verleiht der Figur ihre eigene Note – wer sie in „Daredevil“ mochte, wir auch hier zufrieden sein. Trotzdem hat sie in der Hauptrolle einige Schwierigkeiten, den Film alleine zu tragen – was jedoch eher ein Verschulden des Skripts ist. Goran Visnjic (TV´s“ER“) wirkt in seiner Rolle äußerst sympathisch, doch leider lässt man ihn etwa nach der Hälfte fast völlig aus der Handlung verschwinden, nur um am Ende noch kurz aufzutauchen, was angesichts seiner Leinwandpräsenz eine echte Schande ist. Um diese Besetzung zu garantieren, wurden die Dreharbeiten übrigens genau in die Sommerpausen beider Hit-TV-Serien gelegt. Der Charakter „Stick“ tauchte ursprünglich in den „Daredevil“-Comics auf (als jener Mann, der Murdock das Kämpfen beibrachte) und wird hier von Altstar Terrence Stamp („the Limey“) verkörpert. Mal abgesehen davon, dass die Rolle des blinden Meisters schon arg Klischee-behaftet ist, wird sie aufgrund der recht geringen Screen-Time zusätzlich begrenzt. Cary-Hiroyuki Tagawa („Art of War“) spielt seine Standard-Bösewichtrolle gewohnt solide, wird hier aber völlig verschenkt – Will Yun Lee („Torque“) ergeht es da als Haupt-Gegenspieler besser. Kirsten („Mindstorm“) Prout´s Abby hielt ich anfangs bloß für Elektras sentimentalen Anknüpfpunkt – doch nach einer Wende erhält ihr Charakter tatsächlich noch einen eigenständigen, zufrieden stellenden Part.
Okay: Das zugrunde liegende Drehbuch mitsamt der Handlung, Dialoge und Charakterzeichnung ist schwach – warum sich also den Film überhaupt ansehen, wenn man sich nicht nur mit dem Anblick der hinreißend-lasziven Jennifer Garner zufrieden gibt?
„Elektra“ ist ein sehr visueller Film: Die Optik schmeichelt in den meisten Einstellungen geradezu das Auge – sei es in Form von Landschaften oder intensiven Farbgebungen (wie etwa das Blattgrün bei der Kampfszene im Wald). Die F/X des Films arten nie wirklich aus und schwanken zwischen „beeindruckend“ (die Spinne, der Greifvogel oder Typhoids Tod-bringende Wirkung auf die Vegetation) und „nicht ganz so gut gelungen“ (es wirkt etwas albern, dass sich die Killer nach dem Tod in grünen Rauch auflösen). Wenn Tiermotive der Yakuza-Tattoos zu Leben erwachen und sich vom Körper ablösen, sieht das in der gezeigten Art schon ziemlich klasse aus. Zudem ist Rob Bowman, dessen „Reign of Fire“ mir persönlich sehr gefiel, ein versierter Action-Regisseur – die Kampfszenen sind gut choreographiert und schön anzusehen, leider aber manchmal einen Tick zu kurz geraten. Zwar siegt letztendlich eindeutig „Style over Substance“, doch Langeweile kommt dabei nie auf.
Fazit: „Elektra“ ist eine unterhaltsame sowie visuell ansprechende Comic-Verfilmung, die jedoch am schwachen Drehbuch krankt und daher nie übers Mittelmaß hinauskommt … 5 von 10.