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Wer bei diesem Filmtitel glaubt, dahinter verberge sich ein Film, der auf der Erfolgswelle von „Sakrileg – Der Da Vinci Code“ schwimmen will, der irrt sich. „Der Venedig Code“ entstand 2004, also 2 Jahre vor Ron Howards Film mit Tom Hanks. Der Filmtitel ist wieder einmal eine deutsche Kreation, und hier steht klar das oben angebrachte Argument. Man wollte wegen Howards erfolgreicher Verfilmung Kohle machen. Dabei hat der Streifen überhaupt keine Ähnlichkeit mit „Sakrileg“, im Original heißt er „Tempesta“, benannt nach einem Bild des italienischen Malers Giorgione.
Patrick Donovan wird von seiner Firma, einem Versicherungsunternehmen, nach Venedig geschickt um drei Bilder zu begutachten und auf ihre Echtheit hin zu prüfen. Der Experte macht sich gleich nach seiner Ankunft an die Arbeit und innerhalb kurzer Zeit hat er zwei Bilder erfolgreich überprüft. Zum dritten, der Tempesta von Giorgione, kommt er jedoch nicht, denn dies wird eines Abends gestohlen. Von seiner Firma bekommt Donovan den Auftrag das Bild wieder zu beschaffen. Gelingt ihm dies, bevor ein Sonderermittler eintrifft, winken 100.000 Dollar Belohnung. Der junge Mann macht sich auf den Weg und auf eine Ermittlungstour, die immer gefährlicher wird, je weiter er der Wahrheit kommt.
Ich hatte seinerzeit, als die DVD auf den Markt kam, gelesen, dass der Film nichts mit Ron Howards Film zu tun hat, deswegen wusste ich was auf mich zukam. Es wurde auch geschrieben, es sei ein sehr gelungener Film, was ich nun wieder nicht in allen Einzelheiten bestätigen kann. In einem Punkt entspricht es der Wahrheit. „Tempesta“ ist ein optisch sehr beeindruckender Film. Das liegt allein schon an der Kulisse, Venedig. Daneben zelebriert Regisseur Tim Disney aber auch ein interessantes Spiel der Optiken. Er arbeitet viel mit Überblendungen und setzt das sehr kunstvoll ein. Sekundenlang lässt er die Bilder übereinander laufen, einmal waren es sogar drei Bilder gleichzeitig. In einer Szene macht er den Himmel zur wallenden Wasserfläche, was ich sehr gelungen finde. Solch optischer Einfallsreichtum gefällt mir sehr, wenn er entsprechend eingebracht wird. Tim Disney ist es jedenfalls gelungen und auch mit sehr preiswerten Mitteln. Aufwändige Effekte konnte ich nicht ausmachen. Alles, was besonders ist, wird durch Überblendung und geschickte Ausleuchtung erreicht. Dabei nutzt man auch die vorhandenen Lichtquellen, wie einen herrlichen Sonnenuntergang, oder man nimmt eine völlig im Dunkeln liegende Ecke, die fast wie eine Mauer wirkt und sich dann allein durch das Aufflammen einer eingedrehten Glühbirne enttarnt.
Nach diesen optischen Kunstgriffen vermutete ich natürlich eine gute Story und Storyumsetzung. Leider ist dies ein großer Schwachpunkt von „Tempesta“. Man bemüht sich, doch der Krimifaden ist nicht sehr glücklich gemacht. Der Regisseur streut die Indizien nicht sorgfältig und auch nicht richtig. Vielleicht um von der dünne der Geschichte abzulenken. Auch die eingebrachten Wendungen können nichts ändern. Hinzu kommen Schwächen in der Inszenierung. So ist der Erzählstil von Tim Disney holprig und die Charaktere auch nicht richtig eingebracht. Dadurch verpufft einiges von der Wirkung und durch unglückliche Dialoge und den ein oder anderen Übertreibungen greift man sich gelegentlich an den Kopf. Die Darstellerriege tut ihr übriges, dabei kann sie auf zwei bekannte Darsteller zurückgreifen. Malcolm McDowell und Rutger Hauer gefallen ganz gut, können aber nicht brillieren. Zudem haben sie einfach zu wenig Screentime. „Tempesta“ liegt vornehmlich in den Händen von Scot Williams, der den Part des Donovan übernimmt. Er ist bemüht, besitzt aber nicht die erforderlichen Qualitäten, die eine solche Rolle mit sich bringt. Gleiches gilt für die übrigen Rollen.
Nach der kleinen Enttäuschung über die Darsteller und die etwas größeren über Geschichte und Storytelling, war die gebotene Musikuntermalung wieder etwas erfreulicher. Richard G. Mitchell komponierte sie und ich muss sagen, sie ist durchaus ansprechend. Offenbar hat er sich von den Bildern und der Location inspirieren lassen. Jedenfalls passt es sehr gut dazu.

Zusammenfassend war ich begeistert von der optischen Präsentation. Etwas so gelungenes hat man in der heutigen Zeit, wo alle auf Wackelkameras und Schnittorgien aus sind, selten. Da hinzu gesellt sich die ansprechende musikalische Untermalung. Schade, dass „Tempesta“ inhaltlich etwas enttäuscht. Dem Film gelingt es recht gut zu unterhalten, man sollte sich aber auf den einen oder anderen Hänger einstellen. Sonderlich blutige oder brutale Szenen und auch übermäßige Action sollte man zudem nicht erwarten, das ist auch nicht die Ausrichtung.
Den deutschen Filmtitel kann ich nicht ausstehen, denn es ist nur der dumme Versuch mehr Kohle herauszuschlagen, bzw. mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Wer weiß, vielleicht hätte er in den 60ern ja „Frankenstein in Venedig“ geheißen. Ziemlich blöd. „Tempesta“ trifft es da um einiges besser.

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