Was Marketing doch so alles ausmachen kann: Bei "Verschwörung im Berlin Express" handelt es sich wohl um den am meisten unterschätzten Film den ich kenne. Was heißt "unterschätzt" !? Das ginge ja noch, würde es doch heißen dass der Film erwähnt wird. Doch genau das ist das Problem mit dem "Express". Keiner kennt ihn, und auch ich habe ihn nur durch einen großen Zufall in die Hände bekommen.
Im Grunde handelt es sich bei dem schwedischen Film um einen Thriller-Noir, versucht doch ein Arzt (grandios böse gespielt) mit Religiöser Verblendung, die einem Beinahe-Gott-Komplex gleichkommt, mit Hilfe seiner Geliebten die eigene Ehefrau aus dem Weg zu räumen. Die Handlung folgt (in diesem Bereich) den bekannten Strukturen der alten Kriminal- und Thrillerplots - finaler Twist inklusive. Der schwarz-weiß-Stil des Films unterstreicht all das noch. Womit jedoch weder der Arzt noch dessen Betthäschen gerechnet haben, das ist er: die Nemesis, der Racheengel von Gott persönlich geschickt um Chaos, Leid und Verzweiflung zu stiften: Gunnar. Seines Zeichens Literaturkritiker und größter Pechvogel den man sich vorstellen kann. Im Laufe der Zugfahrt nach Berlin tritt er in so gut wie jedweiges Fettnäppfchen das man sich vorstellen kann und stellt eine harte Zerreißprobe für die Lachmuskeln des Zuschauers dar. Um es kurz zu machen: Die Fauxpas des Protagonisten steigern sich in exponentieller Form, so daß die eigentliche Geschichte um den Mord an der Ehefrau zunehmend in den Hintergrund gerät, jedoch immer als Grundgerüst klar erkennbar bleibt.
"Verschwörung im Berlin-Express" ist ein weiterer Beweis für die Ideenvielfalt und die Qualität des nordischen Kinos. Schöne Bildkompositionen, glaubwürdige und nichtsdestotrotz urkomische Charaktäre, zahlreiche Anspielungen auf Thriller, Noir und Schlitzerfilme und ein grandios komischer Humor, der sich immer weiter steigert bis zur genialen Endsequenz (diesmal sogar in Farbe). Unbedingt ansehen und weiterempfehlen, denn diese Filmperle sollte wirklich niemandem vorenthalten werden !