Marie von Ebner-Eschenbachs 1883 erschienene Novelle "Krambambuli" bot sich für diverse Interpretationen geradezu an, denn ihre Geschichte über eine bedingungslose Treue, ließ sich mit wenigen Veränderungen ideologisch nutzen. Entscheidend dafür ist die Gewichtung unter den einzelnen Parteien, die stellvertretend für sehr unterschiedliche Charaktere und gesellschaftliche Haltungen stehen.
Bei Ebner-Eschenbach steht die Figur des Jägers im Mittelpunkt, der einem Landstreicher einen Hund für 12 Flaschen Wacholderschnaps der Marke "Krambambuli" abkauft, wodurch der Hund erst seinen Namen erhält. Die Beziehung zwischen Hund und Jäger erfährt eine Vielzahl von Beanspruchungen - erst der harte, disziplinierte Erziehungsprozess, bis der Hund sich dem Jäger unterordnet, dann die Wegnahme durch die Gräfin, die den Hund für ihren Mann beansprucht, die Rückkehr von Krambambuli zu dem Jäger, weil er beim Grafen jedes Futter verweigerte, bis zum Duell des Jägers mit dem wildernden Landstreicher.
Dass sich Krambambuli - zwischen den beiden Männern hin und her gerissen - wieder für seinen früheren Herrn entscheidet, der ihn für Schnaps verkauft hatte, wirkt bei Ebner-Eschenbach besonders prägnant, da es dafür keinen nachvollziehbaren Grund gibt. Liebe und Treue sind bedingungslos, so die Aussage, mit der Ebner-Eschenbach den eigenen, frühen Verlust ihrer Mutter verarbeitete. Selbst die liebevollste Stiefmutter konnte später nicht mehr dieselbe instinktive Nähe herstellen. Nachdem Krambambuli bei dem erschossenen Wilderer verweilt, lässt der Jäger enttäuscht von ihm ab - eine Entscheidung, die er gegen seine eigenen Gefühle fällt. Später, nach langen Irrwegen, stirbt Krambambuli auf seiner Türschwelle, bevor der Jäger, der ihn inzwischen zu finden versuchte, ihn retten kann. Bei Ebner-Eschenbach gibt es am Ende nur Verlierer.
Über diese Konsequenz verfügt keine der Verfilmungen, weshalb es überrascht, dass die erste, während der Zeit des Nationalsozialismus 1940 entstandene, Filmversion, nicht nur dem literarischen Original noch am nächsten kommt, sondern die hier vorgenommenen Veränderungen stilbildend für die späteren Verfilmungen blieben. Entscheidender Unterschied ist die stark betonte Gewichtung der Figur des Landstreichers, die bei Ebner-Eschenbach bewusst funktional, ohne tiefere emotionale Ausarbeitung, angelegt war. Durch die starke Diskrepanz – hier der zwar strenge, aber sehr liebevolle und anständige Charakter des Jägers, dort der Landstreicher und Wilderer, der seinen Hund für Alkohol verkauft – entsteht erst der tiefe Eindruck einer Treue, die über menschlichen Regeln von Recht und Moral steht. Diesem Konzept unterwarf sich keine der Verfilmungen, die im Gegenteil alle betonen, welch inniges Verhältnis der Landstreicher zu seinem Hund entwickelte.
Entsprechend vermittelt eine der ersten Szenen in „Krambambuli“ das Gegenteil von Ebner- Eschenbachs Novelle. Nachdem Thomas Werndl (Rudolf Prack) sich des jungen Hundes angenommen hatte, den er jaulend auf der Straße antraf, geht er mit ihm hungrig in ein Wirtshaus, ohne über Geldmittel zu verfügen. Nachdem er sich zuvor schon heimlich eine Wurst eingesteckt hatte, nutzt er das Interesse des Wirtes an dem Hund, um noch weiteres Essen abzustauben. Der Wirt bietet ihm fünf Gulden für „Krambambuli“ – wie ihn Werndl kurz vorher taufte, nachdem er an dessen Schnapsglas leckte – lässt sich sogar auf sechs Gulden hoch handeln, aber Werndl schlägt das Geschäft nach einem Blick in das Gesicht des Hundes aus, obwohl das Geld für ihn ein Vermögen darstellt. Der Film greift damit das Motiv des Verkaufs zwar auf, wandelt aber die Sympathien zugunsten des Landstreichers und Gelegenheitsarbeiters.
Die zweite stilbildende Veränderung betrifft die Rolle des weiblichen Geschlechts. Anders als in der Novelle, in der die Frauen nur eine Nebenrolle innehaben, wird der Konflikt zwischen Jäger und Landstreicher noch dadurch erhöht, dass sie um dieselbe Frau werben. Thomas Werndl lernt Anna (Viktoria von Ballasko) kennen, als diese seinen Hund dabei ertappt, wie er eine Wurst stiehlt. Spontan bewirbt er sich um eine Stelle als Knecht in dem Bauernhof, die er auch von Annas Mutter (Elise Aulinger) erhält. Diese sieht es allerdings nicht gern, wie Thomas um Anna wirbt, denn sie hat ihre Tochter dem Jäger (Sepp Rist) versprochen, der im Gegensatz zu dem Herumtreiber eine anständige Partie darstellt. Anders als die Verfilmung von 1955 „Heimatland“, begeht „Krambambuli“ noch nicht den Fehler, die Rolle des Hundes zugunsten der Auseinandersetzung um die Frau zu vernachlässigen. Zu einer echten Konfrontation wegen Anna kommt es entsprechend gar nicht, da diese einerseits frühzeitig eine klare Entscheidung fällt, andererseits die Männer nicht zu echten Rivalen aufgebaut werden, sondern nur zu Gegenspielern unter unglücklichen Umständen.
Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Figur des Gelegenheitsarbeiters nicht dafür genutzt wird, ihn als Störenfried einer bürgerlichen Gesellschaft zu kennzeichnen, als die er in „Heimatland“ eindeutig stilisiert ist. Interessanterweise wechselte Rudolf Prack in der späteren Version in die Rolle des Jägers, während er hier - noch keineswegs so populär wie in den 50er Jahren - den Vagabunden spielt, der zwar ein Außenseiter bleibt, aber dessen Werdegang als Verkettung tragischer Ereignisse dargestellt wird. Ähnliches, nur mit umgekehrten Vorzeichen, lässt sich auch über seinen Gegenspieler, den Jäger, feststellen. Von ihm hört man kein böses Wort über den Nebenbuhler, wie er sich auch sehr geduldig zeigt in der Beziehung zu Anna, deren kurze Irritation er akzeptiert. Anders als in der Novelle, in der der Hund eine sofortige Anziehungskraft auf den Jäger ausübt, kümmert er sich erst um diesen, weil Anna ihn in ihre Obhut bekam, als Thomas ins Gefängnis musste. Dieses Motiv wurde auch in „Heimatland“ wiederholt, da die Trennung zwischen Krambambuli und seinem Herrn so den Charakter höherer Gewalt erhält.
Die negative Rolle obliegt hier dem weiblichen Geschlecht. Besonders Annas Mutter als diktatorische Bäuerin, die auch ihren sympathischen Bruder unterdrückt, erfüllt das Klischee einer herrischen Alten, die einem braven Kerl nicht die Luft zum Atmen gönnt. Entsprechend gestaltet sich auch die Szene, die zum Bruch zwischen Anna und Thomas und damit letztlich zu dessen Niedergang führt. Während Mutter und Tochter am Sonntag zur Kirche gehen, nutzen der Onkel und Thomas den friedlichen Moment, um gemeinsam ein Glas Most zu trinken, den die Bäuerin ausnahmsweise aus dem Keller holen ließ. Vom ungewohnten Glück berauscht, trinken die Männer ein Glas nach dem anderen und werden entsprechend angetrunken angetroffen. Dass dieser harmlose Moment den Anlass für die Bäuerin bietet, Thomas vom Hof zu weisen, macht deutlich, wer hier als Auslöser für dessen Unglück angesehen wird.
Die Geschlechterrollen verweisen am deutlichsten auf den Entstehungszeitraum während des Nationalsozialismus. Sämtliche männliche Rollen behalten trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere einen sympathischen Gestus, während das weibliche Geschlecht nur in der Figur der blonden Anna das Klischee der guten Ehefrau erfüllt. Selbst das Thomas zu Wildern beginnt, weshalb er überhaupt mit dem Jäger in Konflikt gerät, wird der verführerischen, selbstverständlich dunkelhaarigen Kathrein (Paula Pfluger) unterstellt, die den armen Kerl dazu bringt, ihr billiges Wildbret für ihr Restaurant zu schießen.
Trotz dieser unterschwelligen Ausrichtung, die sicherlich einem allgemeinen, auch noch in den 50er Jahren vorhandenen Zeitgeist entsprach, bleibt „Krambambuli“ vor allem in der Betonung der Rolle des Hundes erstaunlich nah an Von Ebner-Eschenbachs Vorlage, konfrontiert den Jäger ebenso mit der Tatsache, dass eine strenge Erziehung kein Garant dafür ist, Vertrauen und Liebe zu erwerben und wird gezwungen seine eigenen Wertevorstellungen in Frage zu stellen. Das hat nicht die rigorose Konsequenz der Novelle, da die Rolle des Vagabunden sympathisch bleibt und damit letztlich auch die Entscheidung des Hundes, aber der Film verzichtet auf ein billiges Happy – End und vermittelt so auch eine Ebene des Scheiterns (7/10).