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Im Hause der befreundeten Produzenten und Regisseure Roger Corman und Cirio H. Santiago kam nichts so einfach weg – vielleicht kann man es ja noch einmal verwenden. Etwa den Plot von „Bloodfist“, denn immerhin hatte das Original ja eine B-Filmreihe gestartet. Im Jahr 1993 gingen gleich zwei Aufgüsse an den Start: Die Streetfight-Version „Full Contact“ und die Damenvariante „Angelfist“, bei der Santiago gleich selbst Regie führte.
„Angelfist“ erlaubt sich etwas größere Freiheiten als „Full Contact“ und besitzt Einflüsse von Santiagos „TNT Jackson“ (den dieser bereits als „Firecracker“ noch einmal neu aufgelegt hatte), es ist aber im Grunde der gleiche Plot, der zu „Bloodfist“-Zeiten freilich schon begrenzt originell war. In fernen Landen wird der Protagonistin Geschwisterkind gemeuchelt, hier ist es die fotographierende Kickboxerin Kristie Lang (Sibel Birzag), die einen Meuchelmord durch einheimische Terroristen in Manila auf Bildern festhält. Davon sind diese wenig begeistert, weshalb Kristie bald mordbedingt aus dem Kubate-Turnier, an dem sie teilnimmt, ausscheiden muss. Damit wäre dann also der Anlass für Rache gelegt, wobei „Angelfist“ im Gegensatz zum Vorbild schon direkt klarmacht, warum der angehende Champ sterben muss.
Kristies Schwester ist L.A.-Cop Katara (Catya Sassoon), die ihre Toughness schon gleich zu Beginn beweisen darf, wenn sie ein von Gangstern besetztes und der Polizei umstelltes Haus mit der Uzi in der Hand stürmt, während die Kollegen noch zögern. Nach überbrachter Mordnachricht geht es natürlich stante pede nach Manila, wo die Terroristen bereits mächtig antiamerikanische Stimmung machen und die Leute von der US-Botschaft ebenso freundlich wie unhilfreich sind. Katara, auch Kat genannt, quartiert sich nach ersten Recherchen bei dem Zocker Alcatraz (Michael Shaner) ein, der auf das Kubate wettet, damit wohl als Ansprechpartner gilt und außerdem das obligatorische Love Interest abgibt, hier halt nur unter umgekehrten Gender-Vorzeichen.

Der Plotlogik von Kickboxfilmen folgend hat Kat natürlich nur eine Chance die Mörder Kristies aufzuspüren: Sie muss am Kubate teilnehmen. Nach ein, zwei Testfights gelingt ihr das auch und damit ist der Weg frei für Ermittlungen plus Kloppe…
„Angelfist“ war der erste von fünf Filmen, welche die Hauptdarstellerin und Tochter von Starfriseur Vidal Sassoon für Corman abdrehen sollte. Es folgten Parts in „Bloodfist IV“ und „Bloodfist VI“, dann kam Sassoons zweite Heirat und das damit verbundene An-den-Nagel-Hängen der Schauspielkarriere dazwischen, ehe sie in der Silvesternacht 2001/2002 an einer Überdosis Drogen starb. Zur ernsthaften Konkurrenz für Cynthia Rothrock und Co. reicht es bei der mit ordentlich Silikon und Botox behandelten Hauptdarstellerin auch nicht, obwohl die Credits sie als angeblichen North American Champion of Forms and Weapons der World Karate Association ausweisen, was eine dreiste Marketinglüge ist – Sassoon wollte wohl mal für den Titel antreten und trainierte Martial Arts, zum Champion hat es dann aber nicht gereicht. Nach einer Kickboxexpertin sieht sie in ihren eher steifen Kampfszenen auch nicht aus, als Schauspielerin ist sie allerdings ein noch größerer Ausfall und damit schon ein ziemliches Fanal dieses um sie gestrickten Films.
Nicht, dass der Rest vom Fest viel besser wäre. Die Nebendarsteller sind durch die Bank vergessenswert, was gerade bei den Schurken ein Problem ist, denn diese entwickeln daher nicht einmal einen Hauch von Charisma. Kurz ist Santiago-Spezi Ken Metcalfe als Botschafter und potentielles Anschlagsziel zu sehen, aber neben Sassoon haben nur zwei Leute etwas mehr zu tun. Der eine ist Michael Shaner, dessen Gesicht man noch am besten als Selbstmordkandidat aus „Lethal Weapon“ kennt – das bekam er aber wesentlich besser hin als seine hiesige schmierige Overacting-Performance. Dann ist da noch Melissa Moore als Kickbox-Konkurrentin, deren Figur ein Geheimnis zu hüten scheint und die zwar auch keine Preise mit nach Hause nimmt, aber besser spielt und besser kickt als die Hauptdarstellerin. Beide müssen aber für diverse Duschszenen herhalten, Sassoon noch dazu für einen Oben-ohne-Fight und eine Liebesszene zu Fahrstuhlmusik, die eigentlich nur aus wenigen Einstellungen besteht, die mittels Superzeitlupe auf eine gefühlte Ewigkeit gestreckt werden. Das hebt den Exploitation-Faktor des Films, ist aber alles extrem langweilig und zeitraubend, mal ganz abgesehen von dem vollkommenem Untergraben möglicher Botschaften bezüglich starker Frauen, die der Film vielleicht irgendwann mal gehabt haben könnte.

In Sachen Action gilt das für die meisten Santiago-Filme zutreffende Urteil von Masse statt Klasse. Alle paar Minuten ist die nächste Klopperei oder Ballerei angesagt, dummerweise ist nahezu jede dieser Szenen extrem kurz und noch dazu wenig packend inszeniert, sodass auch die Actionmenge den Zuschauer kaum versöhnlich zu stimmen weiß. Vor allem beim Turnier wird es nahezu peinlich: Stellten „Bloodfist“ und Co. die Wettkampf-Kloppe in den Mittelpunkt, so werden hier bis auf den Finalfight alle Kämpfe, auch jene der Protagonistin, in Montagen verhackstückt oder auf kurze Ausschnitte reduziert – angesichts ist es angesichts der beschränkten Fähigkeiten der Hauptdarstellerin auch nicht das schlechteste. Überraschend gelungen inszeniert ist Lordas (Melissa Moore) Ausbruch aus der von Schurken besiedelten Eisfabrik.
Das Drumherum um die Actionszenen sieht dann auch nicht besser aus. Zwar musste Drehbuchautor Anthony L. Greene eigentlich nur Plotelemente aus „Bloodfist“ und „TNT Jackson“ recyceln und versucht sogar mit dem Terrorplot noch ein eigenes Element in den Film zu bringen, doch „Angelfist“ stolpert hilflos durch die mehr schlecht als recht verbundenen Szenen: Auf die nächste Runde Turnier folgt der nächste Mord(versuch) der Schurken folgen Ermittlungsarbeiten, die zu kaum etwas führen, weil die Schurken am Ende eh während des Turniers zuschlagen, wo gerade auch alle Helden sind. Sinn machen die Mordpläne eh selten, doch viel schwerer wiegt die Tatsache, dass Drehbuch und Regie keiner Szene Ruhe lassen, sondern sie hektisch und ohne Gefühl für Rhythmus aneinander ketten, dass man schnell das Interesse verliert dem Film zu folgen.

Im eh schon nicht meisterlichen Schaffen Cirio H. Santiagos gehört „Angelfist“ somit zu den schwächeren Arbeiten: Der eh schon aus Bekanntem zusammengestoppelte Plot erzeugt nie Interesse, die Darsteller sind schwach und die Action ist zwar in großer Menge vorhanden, leidet aber unter dem mangelnden kämpferischen Können der Beteiligten und der schwachen Inszenierung – vom peinlich-bemühten Sleazefaktor des Ganzen mal ganz zu schweigen.

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