Früher ließ man Sidney J. Furie noch erzkonservatives Krawallkino wie „Der stählerne Adler“ drehen, mittlerweile ist der Mann für direct to video Filme wie „The Rage“ verantwortlich.
FBI-Agent Nick Travis (Lorenzo Lamas) will eine Serie bestialischer Sexualmorde aufklären, die schon an die 60 Opfer gekostet hat. Diese werden stets ihrer Hände und Zähne beraubt, um eine Identifizierung schwerer zu machen, vom Täter fehlt jede Spur. Der Zuschauer erfährt hingegen direkt, dass der Psychopath Art Dacy (Gary Busey) dafür verantwortlich ist, aber als Whodunit ist „The Rage“ auch definitiv ausgelegt.
Travis steht zudem vorm Karrierestillstand und sein Boss John Taggart (Roy Scheider) wartet nur auf die Gelegenheit ihn feuern zu können. Taggart ist zudem für die Waco-Tragödie verantwortlich, die Travis als Verhandlungsführer friedlich lösen wollte. Das Ganze ist zwar nur Randnotiz und Rückblende, doch in der zweiten Hälfte der 90er arbeiteten diverse Produktionen wie „Standoff“, „A.T.F.“ oder „Die Tragödie von Waco“ den Vorfall mehr oder minder direkt auf.
Als Vorgesetzte bekommt Travis die Agentin Kelly McCord (Kristen Cloke) zugeteilt, da er bisher keine Ergebnisse vorweisen kann. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten finden die beiden heraus, dass die Mordserie nur der Auftakt zu einem Attentat ist...
Zu den wirklich raffinierten B-Actionthriller zählt „The Rage“ sicher nicht. Schon allein die Prämisse, dass der Psychopath Sexualmorde begeht, weil ihm einst eine Vietcongprostituierte auf hinterhältigste Weise das Gemächt zerschnetzelte, und dies noch als Vorlauf für ein möglichst geheimes Attentat, ist nicht gerade glaubwürdig. Auch die extrem lasche Vorsicht der FBI-Agenten und die heitere Konsequenzlosigkeit des dauernden Übertretens von Vorschriften entfernen „The Rage“ weit von Realismus und Glaubwürdigkeit. Hinzu kommt die obligatorische Lovestory zwischen den ungleichen Partnern, die „The Rage“ leider etwas sehr auswalzt, obwohl sie an sich nur als schmückendes Beiwerk gedacht sein sollte.
Von den eklatanten Logiklücken mal abgesehen ist der Mainplot dafür recht brauchbar. Großartige Überraschungen darf man sicher nicht erwarten, jedoch ist die Story äußerst temporeich und kurzweilig erzählt und flechtet nebenbei noch genug Actionszenen ein, um den klaren Innovationsmangel auszubügeln. Etwas störend ist allerdings, dass sich „The Rage“ etwas wiederholt (mehrfach boxt der Sheriffkumpel Travis frei, zweimal muss die Heldin entführt werden).
Hauptattraktion des Films sind jedoch die Actionszenen und da kann „The Rage“ definitiv Boden gutmachen. Vor allem Verfolgungsjagden mit Booten, LKWs und Autos werden geboten, wobei Nettigkeiten wie ein durch die Luft fliegender Van für eye candy sorgen. Highlight der Jagden ist sicherlich das ausgiebige Duell von Baumlaster und FBI-Wagen, das mit schick gefilmten Fahrmanövern aufwarten kann, wenngleich man hier nicht mit Logik drangehen sollte. Ansonsten wird noch ein wenig geballert, jedoch erst im Showdown gibt es dann ein wirklich ausgiebiges Feuergefecht, unterstützt von etwas Pyrotechnik, das in der erwähnten fulminanten Bootsjagd endet. Hier merkt man mal wieder, dass Furie im Actiongenre zuhause ist, denn inszenatorisch holt er einiges aus dem sichtbar schmalen Budget heraus.
Lorenzo Lamas gibt zum x-ten Mal den smarten Helden, aber man muss es ihm lassen: Er beherrscht diese Rolle einfach sehr gut. Dagegen ist Kristen Cloke als ständig zwischen Kompetenz und Weinerlichkeit schwankende Partnerin nicht gerade vom Drehbuch begünstigt und kann gerade ob dieser Rollenprobleme nicht so positiv auffallen. Roy Scheider gibt den Klischeearsch von einem Chef auf Autopilot, während Gary Busey mal wieder in der Psychorolle voll aufgeht, wenngleich er gelegentlich etwas overactet. Als Zausel mit Bart hat auch David Carradine eine kleine Gastrolle, aber die ist kaum der Rede wert.
Das Script ist nicht sonderlich originell und auch mit der Logik hat es „The Rage“ nicht besonders – und doch kann Sidney J. Furies Film einigermaßen überzeugen. Nicht zuletzt die recht flotte Erzählweise, vor allem die mal wieder ziemlich gut inszenierten Actionszenen hieven den Film etwas über das Mittelmaß hinhaus.