Gutes Polizeikino aus Frankreich…23.07.2008
Es ist immer auch eine Frage der Erwartungshaltung, wenn es um die Beurteilung eines Films geht. Zudem ist es auch eine Frage der Vorkenntnis oder der gelesenen Vorabinformationen, denn diese führen nicht selten zu einer gewissen Voreingenommenheit. So manchen Film habe ich mir nicht angesehen, weil die Kritiken überall schlecht waren – weiß ich, ob ich etwas verpaßt habe? Und andererseits habe ich so manchen Film gesehen, der gute Kritiken eingeheimst hat, um dann enttäuscht das Kino zu verlassen…wer hat daran Schuld? Hier nun redet man allenthalben von einem Film in der Tradition von „Heat“, und das ist schwierig, denn „Heat“ ist ein sehr guter Film, indes „36“ hat mit diesem Streifen bis auf einen Raubüberfall gar nichts gemein. Ist der Film nun gut oder eine Enttäuschung?
Man muß ein Freund des französischen Polizeifilm sein, um diesen Film zu mögen. Man sollte früher für die Herren Delon und Belmondo ein Herz gehabt haben, auch sollten die Namen Lino Ventura oder Michel Piccoli dem Filmbetrachter nicht fremd sein. Gerade Ventura mit seiner knorrigen Art mag als Vorbild für die in diesem Film verwendeten Charaktere dienen. Es stehen sich gegenüber die Kommissare Vrinks und Klein, beide Kandidaten für den Chefposten, beide ermitteln getrennt voneinander in einer Serie brutaler Überfälle auf Geldtransporter. Beide verwenden Methoden, die nicht ganz hasenrein sind, aber Vrinks geht es um Aufklärung, Klein indes um Macht. Und während Vrinks aufgrund seiner Ehre ins Gefängnis muß, steigt Klein auf…doch das Schicksal hat für beide noch einige harte Karten im Stock, denn kleinere Nebenschauplätze werden seitens der Regie bis zum bitteren Ende geführt.
Es ist eine düstere Welt, in der französische Polizisten arbeiten. Alle rauchen, derart exzessiven Zigarettenkonsum habe ich seit Jahren nicht auf der Leinwand gesehen. Man trinkt, man verprügelt schon mal einen bösen Buben, man konspiriert…es wirkt alles ziemlich realistisch und ist weit entfernt von den sauberen Polizeifilmen, die aus Übersee zu uns kommen, aber auch meilenweit weg vom deutschen Krimieinheitsbrei. Die Franzosen erzählen hier mehrere Geschichten, die stimmig ineinander geführt werden, deren Ausgang nicht das typische Happy-End ist, und in denen auch vermeintlich unverzichtbare Nebenfiguren nur bedingt überleben. Getragen wird das ganzen von zwei sehr guten Darstellern, die Herren Auteuil und Depardieu sind als Kontrahenten eine Klasse für sich. Die Dialoge sind teils spärlich, die Actionsequenzen sauber und realistisch inszeniert, und der einzige Vergleich mit „Heat“ mag dergestalt aussehen, daß es hier wie dort nicht zu viele Actionszenen gibt. Braucht es auch nicht, denn es ist ein Polizeifilm in alter Tradition – und so etwas mag ich…9/10.