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Viel Gerenne, wenig Spannung. Ich denke, dass sich unser Verständnis von Suspense in den letzten 40 Jahren erheblich verändert hat und DER MARATHON-MANN darum als Klassiker viel von seiner Faszination einbüßen musste. Der ausgiebige Nebenplot mit den internationalen Agenten und den Diamanten hat mich jedenfalls nicht gereizt und Dustin Hoffmans Flucht vor seinen Verfolgern kommt erst ab der Mitte in die Gänge. Zwar ist der sadistische Nazi-Zahnarzt charismatisch, doch unter den oft als unerträglich und sehr intensiv angepriesenen Folterszenen habe ich mir ganz andere Sachen vorgestellt. Mal abgesehen davon, dass die Polizei in dieser Filmwelt scheinbar gar nicht existent ist, z.B. beim Finale im Wasserwerk unverständlicherweise nie eintrifft, treffen die Figuren hier teils haarsträubende Entscheidungen, wenn man mal genauer darüber nachdenkt, und beschreiten irrsinnig umständliche Umwege.
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"Marathon Man" ist zweifellos einer der intensivsten und besten Thriller der 70er Jahre. Die Story des ahnungslosen naiven Studenten, der von der einen zur anderen Minute in einen Alptraum von Folter und Bedrohung gezogen wird, ist besonders von den beiden Hauptdarstellern Hoffman und Olivier (als diabolischer KZ-Arzt eine Meisterleistung) außergewöhnlich dargestellt. In einigen Szenen, wie die berühmte Zahnarzt-Sequenz oder die, als Levy in der Badewanne sitzt und plötzlich Geräusche wahrnimmt, erreicht Schlesingers Film Hitchcock-Qualitäten. Trotz meines Lobes muss ich anmerken, daß der Film es nicht mit der Romanvorlage von William Goldman aufnehmen kann, die die Atmosphäre der Bedrohung noch viel intensiver rüberkommen lässt. Mein Rat: Zuerst Buch lesen, dann Film sehen! Bewertung: 8/10