Der amerikanische Krimiautor Peter Neal fliegt nach Rom, um sein neues Buch vorzustellen. Der Bestseller stösst auf geteilte Begeisterung, ein Leser scheint sich sogar mit dem fiktiven Mörder zu identifizieren. Die Polizei vermutet zu Recht einen Zusammenhang zwischen einem Mord und dem Roman, dessen Seiten dem Opfer in den Mund gestopft wurden. Schließlich bekommt der Schriftsteller auch noch einen anonymen Brief vom Täter, doch nach anfänglicher Panik um sein eigenes Leben reizt es ihn, selbst Nachforschungen anzustellen. Die Möglichkeit des Unmöglichen als Leitfaden verrät nur etwas von dem Spiel mit der Polizei im Film und mit dem Zuschauer von außen, "Jede Erniedrigung in seinem Leben konnte er durch Mord wettmachen" steht als Zitat aus dem Roman im Raum. Der unbekannte Killer ist selbst nie zu sehen, lediglich seine blutigen Taten und albtraumhafte Visionen sowie Teile seiner Umgebung, die auf eine nervlich zerrüttete Person schließen lassen. Zu sehen sind nur selbstgeschossene Fotos von seinen Opfern, wie es spätere Thriller wie "Sieben" kopierten. Argento baut das übliche Giallothema in Form des Buches "Tenebrae" in seinen Film ein und reflektiert inhaltlich die Auswirkung solcher Geschichten auf bestimmte Personen. Dieses als Kritik gegenüber dem Genre zu sehen läuft sicher am Thema vorbei, vielmehr zelebriert der italienische Meister jede Minute seines Werkes mit einer genau aufeinander folgenden Rhythmik mit exzellenten Verfolgungs- und anderen Kamerafahrten, die zunächst recht ruhig und später immer rasanter durch diesen Krimi-Thriller führen. Typisch für solche Storys streut das Drehbuch haufenweise verdächtige Details unter die Beteiligten, die sich in durchgestylten Kulissen an der Nase herumführen lassen. Neben Anthony Franciosa in der Hauptrolle können auch Daria Nicolodi als seine Sekretärin und John Saxon als sein Agent gefallen, nebenbei gibt es die noch ziemlich unbekannte Lara Wendel als jugendliches Mädchen, einige andere Nebenrollen sind leider etwas mies, teils overactend heruntergespielt. Wie auch schon Mario Bava vor ihm setzt Argento rot als Signalfarbe für die drohende Gefahr ein, weiss hingegen ist neutral, fast unschuldig. "Tenebre" wirkt nicht mehr so auffällig, was die farbliche Gestaltung angeht, wie seine früheren Werke, dafür realistischer, selbst die halluzinatorischen Sequenzen kommen ohne bunte Ausleuchtung aus. Rote Pumps leuchten in den Albträumen des Killers, abgesehen von Konflikten mit Frauen tun sich noch als mögliche Motive strenger Katholizismus und Außenseiterrollen auf. In der Mitte gibt es für den nicht nur auf architektonische Schönheit und einen charismatischen Score von Goblin fixierten Zuschauer ein paar kleine Längen, doch das Finale macht den besten Psycho-Slashern Konkurrenz. Denn die Morde sind am Anfang noch recht verhalten, steigern sich im Mittelfeld in ihrer grafischen Darstellung und bescheren gar splatterige Ansichten in einem Finale, wie man es sich nur wünschen kann, nämlich spannend, dass es einem den Atem verschlägt.
Fazit: Ohne Frage ein Giallo-Klassiker, der schön anzusehen ist, ein typischer Argento eben. 8/10 Punkten