Blutiger und teilweise ziemlich spannender Giallo von Altmeister Dario Argento, der allerdings unter dem schwachen Beginn krankt.
Dabei fängt der Film an sich recht routiniert an: Peter Neal (Anthony Franciosa), erfolgreicher US-Autor von derben Krimiromanen im Giallostil, fliegt nach Rom, um dort sein neuestes Werk „Tenebre“ anzupreisen. Argento nutzt das Medium Roman, um über diese Parabel die Vorwürfe gegen seine eigenen Werke zu diskutieren, nämlich dass sie sich lediglich an der Gewalt gegen junge Frauen weiden würden. Allerdings schafft Argento es in diversen Interviewszenen bloß die Debatte anzuschneiden, aber nicht ernsthaft zu verhandeln.
Auftritt des obligatorischen Mörders, der hier von Neals Roman „Tenebre“ in mehrfacher Hinsicht beeinflusst wird: Er tötet das Opfer nicht nur wie im Roman beschrieben, er stopft ihr vorher noch die entsprechenden Seiten in den Mund und lässt Neal ein Zitat aus dem Buch zukommen. Sicherlich eine ordentliche gemachte Sequenz, aber dennoch könnte die Spannung höher sein, da täuscht auch der reichliche Kunstbluteinsatz nicht so ganz drüber hinweg.
Natürlich besucht die Polizei auch Neal, denn der Bezug zwischen Täter und Autor bleibt auch ihnen nicht verschlossen. Neal mangelt es zwar an Hinweisen, aber als der Täter erneut zuschlägt, macht er sich auf eigene Faust auf Mördersuche, auch wenn das einige Gefahr bedeutet…
„Tenebre“ ist ein ziemlich derber Giallo, was vor allem in den sehr derben Mordszenen klar wird. Die meisten davon bieten aber nicht nur herbe, recht gut gemachte Effekte, sondern sind zudem ziemlich spannend gemacht (der Auftaktmord gehört tatsächlich zu den schwächsten). Vor allem die Szene, in welcher der Mörder die beiden Lesben anfällt, ist ziemlich spannend gemacht und zudem kommt der herrlich rockige Soundtrack in dieser Szene voll zum Tragen.
Die Handlung wird mit zunehmendem Filmverlauf immer spannender und präsentiert gegen Ende ein paar sehr clevere Wendungen, die den Zuschauer noch mal richtig überraschen und zeigen, dass „Tenebre“ mehr zu bieten hat als nur derbe Mordszenen. Das Tempo steigt ebenso an und entschädigt dafür, dass der Film zu lange braucht, um wirklich in Fahrt zu kommen. Inszenatorisch ist der Film ebenfalls gut gemacht, auch wenn Argento hier doch bei weitem nicht so kunstvoll wie in „Suspiria“ arbeitet, sondern eher solide Wertarbeit abliefert.
Was „Tenebre“ dann allerdings dann etwas den Hals bricht, ist das ziemlich lahme erste Drittel. Es wird zwar recht geschickt ein Kreis von Verdächtigen eingeführt, aber Argento lässt hier viel zu wenig Spannung aufkommen und ärgert mit vielen unnötigen Szenen, vor allem die pornig anmutenden Tittenszenen wirken unfreiwillig komisch und peinlich. Ein paar Straffungen in diesem Bereich hätten sicherlich Wunder gewirkt und das Ergebnis qualitativ deutlich aufgewertet.
Anthony Franciosa macht sich in der Hauptrolle prächtig und bekommt halbwegs prominenten Beistand von Italo-Star Giuliano Gemma als Polizist und dem späteren B-Filmveteran John Saxon, die ebenfalls ziemlich überzeugend agieren. Auch der Rest der Darsteller macht sich für einen Italostreifen aus dieser Zeit ziemlich gut; lediglich ein paar bloß aufgrund ihrer Oberweite gecasteten Darstellerinnen sind Totalausfälle (sind zum Glück nicht so viele).
Insgesamt ein netter Giallo mit einer später ziemlich spannenden Story, aber leider mit einem enttäuschend unspannenden Beginn.