Review

„Blade 3“ ist eine schicke, hohle Nuß, soviel schon mal vorweg.
Es sollte eigentlich keine Todsünde sein, den Autor von zwei sauberen und vielversprechenden Vorgängern auf den Regiestuhl zu lassen, aber was in Gottes Namen hat die Macher auf die Schnapsidee gebracht, eine Franchise ausgerechnet im dritten Teil einer Trilogie neu erfinden zu wollen? Sollte Wesley Snipes erklärt haben, er hätte erwiesenermaßen keinen Bock mehr auf diesen Film, dann seien sie alle entschuldigt, aber sein Verhalten am Set spricht dagegen....wem also die Schuld geben?

Es fängt doch auch gar nicht schlecht an, praktisch wie in guter alter Bestform. Eine Reihe von Gegnern aufmischen, Blade präsentiert sich, ordentliche Kampfszenen, lecker Verfolgungsjagd, Stakkatomusik aus dem Action-Comic-Bausatz des neuen Milleniums, Whistler als Zuckerguß, genau wie es die Fans wollen.
Dann allerdings entstehen die schiffsgroßen Logiklöcher aus dem Nichts. Die Wiederkehr des „ersten“ Vampirs „Drake“ wollen wir ja mal noch hinnehmen, aber die von den Blutsaugern propagierte „Endlösung“ bezüglich der Menschen wird angesprochen, doch dann dramaturgisch nie weiterverfolgt. Was ist das für ein Grüppchen von saugenden Verschwörern, angeführt von einer gleichzeitig angepißt und gelangweilt aussehenden Parker Posey? Niemand weiß es, eine Armee von Gesichtslosen, keine wirkliche Größe im Hintergrund.
Stattdessen wird Whistler Opfer einer FBI-Verschwörung und Blade verhaftet – Vorhang auf für die „next generation“: Whistlers Tochter Abigail und einen kalauerreißenden Schönling namens Hannibal King, der notwendigerweise drei Viertel seiner Auftritte mit nacktem Oberkörper absolviert, damit die Damen nicht das Knutschen anfangen und die gelangweilten Herren nicht auf das Angebot eingehen.

Tatsächlich wird Blade nach gut einem (flotten) Drittel zur sogenannten „second banana“, als dann auch noch ein Unterstützungsteam Marke „Waffenlabor des Q“ meets „The A-Team“ dazustößt. Meistens uneffektiv im Hintergrund rumstehend, scheint Snipes nur auf seinen Schlußkampf zu warten, weil er keine persönliche Motivation hat, mehr zu tun. Denn hier beweist sich die Hohlheit des Drehbuchs: die Möglichkeit eines ultimaten Serums gegen die Vampire wird einer (blinden, wie realistisch!!!) Wissenschaftlerin übergeben, ein Kind spielt auch noch mit, bleibt also dem Recken nur am Ende der tumbe Riese.

Alles kommt vom Reißbrett: schön so vorsortiert, daß jeder Hauptfigur ein Gegner für den Showdown bleibt, doch mangelt es an allen Ecken und Enden an dem nötigen Unterbau, damit ich als Zuschauer überhaupt erst mal Interesse für die Figuren entwickele. Die Kamera streichelt so betont Jessica Biels knackige Amazonen-Outfits, daß sie gar nicht dazu kommt, mal fünf Minuten um ihren Vater zu trauern. Und auch Ryan Reynolds, dem teenierunderneuerten Sprücheklopfer geht baldigst die Puste aus, denn er ist der lebende Beweis, daß man wohl der mystischen Aura der Titelfigur nicht mehr traute. Die ständige Klugscheißerei ist dermaßen zielgruppenfixiert und betont runderneuert, daß man nur glücklich sein darf, daß das Milchbubigesicht wenigstens ein brauchbarer Vollbart ziert.
Da paßt es ja fast gut ins Bild, daß der große Gegner auch noch eine Enttäuschung ist: Dominic Purcell stapft als Inkarnation Draculas so seelen- und charismalos durch seine Szenen, daß er schon beim ersten Auftritt als Niete durchgewunken wird. Ein Hulk von der Optik, aber keine Ausstrahlung, keine dämonische Präsenz. Was er in dem Film tun soll, ist auch die Frage, denn offenbar ist er nur als grober Schläger gegen Blade ins Rennen geworfen. Wenn er zwischendurch mal einen Vampir- und Gothic-Store aufmischt, dann wirkt dies nicht nur albern, sondern kleinkrämerisch. Und über die Sequenz mit dem entführten Baby wollen wir mal ganz schweigen...

Alles in allem folgt also nach gutem Beginn ein fürchterlicher Restfilm, gekrönt von einem langweiligen und uneffektiven Höhepunkt, ein müder Showdown, mehr eine Leistungsschau der Effekte, als die Krönung des Films. Es fehlt die ultimative Bedrohung, das Ablaufen der Zeit, der Angriff auf die Vampire erfolgt mehr, weil sie zufällig da sind (und zwei Figuren entführt haben, ohoho, wie grausam....), als aufgrund einer zwingenden Notwendigkeit.
Gerüchten zufolge soll der Film vor den Nachdrehs noch alberner gewesen sein, ein unerfreulicher Gedanke durch und durch, denn auch so wirkt das Ergebnis unfreiwillig albern und Blade überlebt in seinem Ikonenstatus das nur, weil er sich aus dem ganzen Teenagergezuppel wortkarg raushält. Angekratzt ist der Heiligenschein aber trotzdem.

Insgesamt hat hier so ziemlich jeder Schaden genommen: die Franchise, die Trilogie, die Figuren, die Darsteller und besonders der Regisseur, dem wohl schlicht und ergreifend nichts Brauchbares mehr eingefallen ist. Da sollte man doch besser bei Spielberg nachlesen und dessen gefeierter Indy-Trilogie: der inszenierte nach dem gewöhnungsbedürftigen zweiten Film (auch hier eine Parallele) den dritten Film mehr oder weniger nach der Blaupause des ersten und ergänzte ihn lediglich durch eine weitere Figur, die noch mehr ironische Distanz ins Spiel brachte, den atmosphärischen Bogen des Plots aber nie brach. Hier fällt gleich eine Horde von Jungspunden über den Helden her, als sei das ein Kindergeburtstag und feiert seine eigene Party, ein schwerer Fehler.

Anhänger hirnloser Unterhaltung (Van Helsing, Underworld etc.) können sich auch diesen Film schönsaufen, recht flott ist er ja, aber der Kenner bemerkt den Unterschied (riesig schon, aber auch fein). Ihr Fans, bleibt lieber bei Teil 1! (4/10)

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