Endlich! Da ist er! Seit „Blade II“, in meinen Augen noch immer das Nonplusultra unter den düsteren Marvelcomic-Adaptionen, habe ich auf diesen Moment gewartet. Wird es ein würdiges Ende geben?
Der langerwartete Abschluss der „Blade“ – Trilogie hatte schon während des Drehs mit Negativschlagzahlen auf sich aufmerksam gemacht, erhielt später unfreundliche Presse-Kritiken und sah sich dann auch noch einem riesigen Ärger mit Hauptdarsteller Wesley Snipes („Passenger 57“, „Demolition Man“) ausgesetzt. Was darauf folgte war abzusehen: Enttäuschende Einspielergebnisse, die nicht nur hinter den Erwartungen, sondern auch den beiden Vorgängern weit zurückblieben.
Wo liegen die Gründe? Die Stärke und die Schwäche der Trilogie heißt gleichzeitig Wesley Snipes. Snipes ist ein begnadeter Fighter, der sich in fast jedem reinen Actionfilm wohl fühlt und eine enorme Coolness, die er hier auf den Helden übertragen konnte, ausstrahlt. Gleichzeitig ist er jedoch auch ein schwieriger Charakter, den man richtig anfassen muss. Blade war und ist für ihn die Rolle seines Lebens - das weiß er auch ziemlich genau. Seit seinem ersten Auftritt als schwarzer Vampirjäger 1998 war er, abgesehen von „The Art of War“, in keinem einzigen Kinofilm zu sehen und musste zwischendurch mehr schlecht als recht in Low Budget-Streifen wie „Futuresport“ oder „Undisputed“ das nötige Kleingeld zusammenspielen. Gerüchten zufolge soll das Kampfsportass zudem auf zu großen Fuß leben und arge Geldprobleme haben. Nun ja...
Nachdem ihm im ersten „Blade“ – Film Stephen Dorff die Schau stahl, war er penibel darauf bedacht, dass in den weiteren Filmen weit weniger charismatische Gegner präsent waren. Ein ganz großes Problem mit dem sich „Blade: Trinity“ konfrontiert sieht. Dazu später mehr.
Snipes sorgte zudem am Set von „Blade: Trinity“ nicht gerade für ein positives Betriebsklima. Seinem gekränkten Ego passte das Drehbuch hinten und vorn nicht. Nachdem Drehbuchautor und Regisseur David S. Goyer in einem Interview seine mögliche Idee verlauten ließ, um die beiden Charaktere Abigail Whistler und Hannibal King eine eigene Spin-Off-Reihe zu entwickeln, brannte bei Snipes eine Sicherung durch und er schreib an New Line einen entrüsteten Brief, dass er seinerzeit (also als er den Kontrakt für 3 Filme unerzeichnete) davon ausgegangen sei, dass sich die Trilogie nur um seinen Charakter drehe und er ja schließlich auch für den Erfolg verantwortlich sei. Der sich ausgebootet fühlende Snipes sah sich plötzlich nicht mehr allein im Mittelpunkt und sprach von da an am Set kein Wort mehr mit Jessica Biel und Ryan Reynolds. Trotz seiner persönlichen Rekordgage war er unzufrieden und sauer, denn seinen Einfluss als Produzent konnte er gegen Marvel-Gestein Avi Arad nicht geltend machen und so fraß der Ärger sich weiter. Seine nicht vorhandene Bereitschaft, nach Fertigstellung des Films den Film auf irgendeine Weise zu promoten, war da nur noch die Spitze des Eisbergs. Man kann sich aber vorstellen, wie solche nach außen dringende Gerüchte zu Kanonenfutter für die, ohnehin mit fletschenden Szenen auf den Film wartenden, Kritiker wurden. Soviel zur Vorgeschichte...
Wer „Blade“ und „Blade II“ mochte, der kann sich auch ohne Vorbehalte „Blade Trinity“ angucken. Der Film mag seine Schwächen haben, ist nicht der erhoffte, würdige Abschluss, unterhält aber, genau wie die Vorgänger, mit rasanter Action, coolen Helden und erstklassigen Onelinern.
Nachdem New Line Guillermo Del Toro („Mimic“, „Hellboy“), dank der formidablen Einspielergebnisse des zweiten Teils (weltweit immerhin 150 Millionen Dollar), gleich auch noch für den dritten Teil verpflichten wollte, schien schon alles im Trockenen. Doch Del Toro konnte der Möglichkeit, sein lang gehegtes Traumprojekt „Hellboy“ zu realisieren, nicht widerstehen und musste ablehnen. So erhielt der auch in Amerika mit „Das Experiment“ für Furore sorgende deutsche Regisseur Oliver Hirschbiegel die Chance zu seinem Hollywooddebüt. Doch als Bernd Eichinger ihm anbot „Der Untergang“ zu inszenieren, sprang auch er wieder ab und so wurde schließlich aus der Not eine Tugend. David S. Goyer, bisher für die Drehbücher der beiden Vorgänger verantwortlich, nahm auf dem Regiestuhl Platz. Er sollte nun nicht nur als Regisseur debütieren, sondern auch das Skript schreiben und nebenher auch noch als Produzent tätig sein. Das kann gut gehen, muss aber nicht und Goyer hat sich tatsächlich etwas übernommen. Zwar weist „Blade: Trinity“ inszenatorisch keinerlei Mängel auf, doch die Qualität des Drehbuchs hat unter diesem Spagat deutlich gelitten. Ich hätte ehrlich gern die ursprüngliche Idee (eine von Vampiren bevölkerte Endzeitwelt) umgesetzt gesehen.
David S. Goyer entfernt sich mit dem dritten Teil wieder optisch von Del Toros düsterem Gothik-Look und kehrt stattdessen wieder zur weit natürlicheren, etwas unterkühlten Optik Stephen Norringtons zurück. Dessen visuelle Ideen, wie die in einem Zeitraffer ablaufenden Sonnenwanderungen zwischen Skylines und das Ausweichen einer Kugel in Bullett-Time (vergleiche Dorff und Purcell), wurden hier fast 1:1 übernommen. Ich möchte Goyer nicht als Plagiator hinstellen, sondern als einen Mann, der sich die beiden Erstlinge angesehen hat und entschloss dem Stil Norringtons zu folgen – schon allein deswegen, weil hier auch Menschen wieder Beachtung finden. Das bringt auch insofern schon mal Pluspunkte, weil Del Toro es mit seinen mitunter CGI-Spielereien übertrieb und den Kampf vor den Scheinwerfern, wie auch den Endkampf, zu spektakulär aussehen lassen wollte – das ging optisch leider nach hinten los, weil den Szenen die Künstlichkeit aus jeder Pore tropfte und das Ganze wie ein Videospiel wirken ließ.
Im selbstsicheren und deswegen amüsantem Intro räumt Goyer nächst mit der „Dracula“- beziehungsweise „Van Helsing“ – Legende aufgeräumt. Dracula, der hier kurzerhand in Drake (klingt wohl zeitgemäßer) umgetauft wurde, ist nicht vernichtet – er schläft nur. Eine Crew von Vampiren (der Mittelfinger Richtung Sonne zu Beginn ist mal ein cooler Einfall) finden ihn (ausgerechnet!) in der irakischen Wüste und erweckt den sofort am nächstmöglichen Vampir seinen Durst stillenden Fürsten. Er ist der einzige ihrer Art, der unter der Sonne wandeln kann. Nun wollen sie wissen warum.
Leider ist dieser Dracula eines dieser oben erwähnten Probleme. Man castete für die Rolle des finalen Gegners ausgerechnet einen uncharismatischen Muskelprotz wie Dominic Purcell (Mission: Impossible II“, „Equilibrium“). Der Mann hat hinten und vorn kein schauspielerisches Talent und kann demzufolge seinen Filmcharakter nie zu Leben erwecken, ihm Stil und Eleganz verleihen. Das Gefühl, hier einen monumentalen Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Blade und Dracula, beizuwohnen, will während der gesamten Spielzeit nie aufkommen. Purcell ist noch hinter Luke Goss („ZigZag“, „Silver Hawk“) und vor allem Stephen Dorff („Riders“, „FearDotCom“) der schwächste Bösewicht der gesamten Reihe und das kostet „Blade: Trinity“ einiges an Substanz. Schönen Dank, Mr. Snipes!
Dabei besitzt dieser Charakter so unglaublich viel ungenutztes Potential. Nicht nur das er nach Jahren des Schlafes von der jetzigen Rolle der Vampire enttäuscht ist, ihm geht die jetzige Vampirrasse zunächst auch am Allerwertesten vorbei. Zudem sieht er Blade als würdigen Gegner, erkennt dessen Mission an und erweist ihm später sogar seinen Respekt. Da bleiben so viele interessante Aspekte leider einfach ungenutzt.
Blade macht zusammen mit Whistler (Kris Kristofferson, „Semi-Tough“, „Convoy“) dort weiter wo er aufgehört hat. Bei seiner täglich Arbeit erweist sich „Blade: Trinity“ dann, ganz der Linie der Vorgänger folgend, als erstklassiger Fantasyactioner. Der Gewaltfaktor bewegt sich auf dem selben Niveau der Vorgänger, die Einäscherungen der Vampire haben technisch kaum sichtbare Fortschritte gemacht, aber Blade ist präsent und wie. Snipes prügelt, ballert, sticht und schneidet sich wie in den Vorgängern durch die stets flüchtenden und in Asche verwandelnden Vampire. Goyer hat ein Händchen für die richtigen Poser-Einstellungen (Die Gänsehaut von „Blade II“, als Blade aus dem Bloodpool steigt, will sich hier trotzdem nicht einstellen), kennt das Timing für den entsprechenden Oneliner und setzt zudem noch viel auf handmade Action. So sind die Martial-Arts-Fights und Explosionen weitestgehend CGI-frei.
Im Film selbst ist Wesley Snipes dann auch wenig von seinen Launen am Set anzumerken. Snipes ist Blade und Blade ist Snipes. Ein Unterschied ist nicht mehr auszumachen und so liefert er auch hier wieder eine gnadenlos coole Show als smarter, in schwarze Lederklamotten gehüllter, Vampirjäger ab. Der Mann geht in der Rolle richtig auf und beeindruckt mit neuen Waffen, gewohnt gut choreographierten, schnellen Kämpfen und staubtrockenen Onelinern. Nur schade, dass man ihm einen in „Blade II“ etablierten Charakterdimension vorenthält: Das Zeigen von Gefühlen. Mag daran liegen, dass dies ein von Guillermo Del Toro (der das Drehbuch zum zweiten Teil, sehr zum Missfallen von Goyer, umschrieb) hinzugefügter Aspekt war, den Goyer deswegen wieder verwarf. Trotz eines tragischen Vorfalls versagen Blades Gefühle hier nämlich komplett, denn er setzt seine Mission, als wäre nichts geschehen, fort.
Bemerkenswert ist, dass Goyer sich nie dazu hinreißen lässt mit Schnittstakkatos die Kämpfe in unübersichtliches Gewusel zu verwandeln. Ein Trend, der jüngst einige Actionfilme verdarb. Goyer setzt zwar nie auf überlange Sequenzen, schneidet aber sehr bedacht. Vielleicht auch ein Mitverdienst von Kameramann Gabriel Beristain („S.W.A.T.“, „The Ring Two“), der schon bei „Blade II“ mitwirkte und sich mit prächtigen Bildern empfahl.
Die dünne Geschichte von „Blade: Trinity“ ist schnell erzählt. Das klingt zunächst nicht sonderlich negativ, aber von dem Abschluss einer Trilogie erwartet man einfach mehr als das geradlinige Hinauslaufen auf den finalen Zweikampf. Dabei offenbaren sich besonders zu Beginn noch einige gute Ideen, die dann leider sehr schnell keine Beachtung mehr finden. Die Vampire setzen die Menschheit beispielsweise als Werkzeug ein und lassen Blade einen als Vampir verkleideten Menschen töten. Das ihn bei dieser Untat zeigende Videomaterial wird dem F. B. I. zugespielt. Die haben wiederum Vampiranhänger in den eigenen Reihen und so wird der Daywalker zum soziapathischen Staatsfeind abgestempelt, auf die Nummero Uno der Fahndungsliste gesetzt, schnell gefasst und ist dem Ende nah.
Wären da nicht die menschlichen Vampirjäger namens Nightstalkers, die ihn befreien, das Szenario um illustre Waffen (u. a. eine schwer an „Quake 3“ erinnernde Shotgun) erweitern, und zusammen mit ihm in die alles entscheidende Schlacht ziehen.
Unkenrufen zum Trotz bleibt Blade neben Abigail Whistler (Jessica Biel, „The Rules of Attraction“, „The Texas Chainsaw Massacre“) und Hannibal King (Ryan Reynolds, „Van Wilder“, „School of Life“) hier der Star. Der Film heißt zwar „Blade: Trinity“ anstatt „Blade III“ und ist kein reiner Snipes-Film mehr, verrät den Helden aber nicht, sondern unterstützt ihn einfach mit frischem Blut.
Insbesondere Abigail werden zwar ihre Szenen zugestanden, stehen und fallen tut das Geschehen aber nach wie vor mit Blade.
Seine beiden Mitstreiter sind nichtsdestotrotz DIE positive Bereicherung des Films, denn sie bringen das ersehnte frische Blut in das Franchise. Jessica Biel ist dabei im Moment die einzige der aufstrebenden, jungen Hollywoodfrauen, die ich mir in der Rolle von Whistlers Tochter vorstellen kann. Sie bringt nicht nur die nötige Glaubwürdigkeit mit, sondern kommt auch in den Actionszenen sehr natürlich und selbstbewusst rüber. Für das aufdringlichste Product Placement seit Erfindung des Films (vor jedem Kampf lädt sie sich über ihren iPod MP3s herunter...) kann sie ohnehin nichts.
Der ehemalige Milchbubi Ryan Reynolds hat sich seit Van Wilder eine beeindruckende Muskelmasse antrainiert und kaschiert mit seinem Bart zudem das Babyface. Der Comedy-Sidekick fällt mit seinem frechem Mundwerk (sexistische Sätze in fast jeder Szene) ständig auf die Schnauze und vermag zwar in den Kampfszenen nicht so ästhetisch wie Snipes und Biel zu agieren, überzeugt dafür jedoch mit brachialen Prügeleien.
Besonders sein Erzfeind, der Wrestler Paul Michael Levesque, hat es ihm angetan. Der ist im übrigen auch sowas wie ein lebender Vampirwitz. Die Auftritte des charismatischen, aufbrausenden und mitunter etwas unbeholfenen Muskelprotzes sind zum Schießen. Auf Drängen New Lines wurde seine Rolle übrigens größer, als ursprünglich von Goyer angedacht.
Bleiben in weiteren Rollen noch James Remar („Guilty as Charged“, „2 Fast 2 Furious“), eine overactende Parker Posey („You've Got Mail”, „The Misadventures of Margaret”) und „King of Queens” – Tollpatsch Patton Oswalt (!!).
Auch wenn sich vieles in der Rezension negativ anhört, kann ich „Blade: Trinity“ fast ohne Vorbehalte empfehlen. Er hat hinsichtlich seiner Story, die bei weitem nicht in dem kraftvollen Rhythmus des zweiten Teils vorangepowert wird, und dem schwachem Gegner seine offensichtlichen Schwächen, folgt allerdings dennoch der Qualität der beiden Vorgänger. David S. Goyer begeht nicht die Fehler des Kollegen Jonathan Hensleigh, der letztes Jahr mit „The Punisher“ schwer enttäuschte, sondern setzt auf harte, stylishe, coole Actionkost – eben genau das, was man erwartet. Der Film ist vollgestopft mit halsbrecherischen Jagden, Fights, Schießereien und Onelinern. Kein Overkill für die Sinne, aber so großzügig kalkuliert, dass keine Längen auftreten. Ramin Djawadis (Assistent von Hans Zimmer) erste selbstständige Arbeit kann sich zudem hören lassen und wechselt sich mit einigen bekannten, prägenden Musikstücken von RZA ab.
Sicher sind einige narrative Schwächen nicht zu übersehen, aber dem Trio, das, den Problemen am Set zum Trotz toll miteinander interagiert, beim Vampirtöten zuzusehen, fegt diese dramaturgischen Mankos im Nu weg.
Fazit:
Laut Mitte Dezember 2004 das Internet unsicher machenden Gerüchten soll tatsächlich ein vierter „Blade“ – Film realisiert werden – sogar mit Wesley Snipes. Mal abwarten was dran ist, denn, obwohl „Blade: Trinity“ nicht ganz zufrieden stellt, kann man hier einen Schlussstrich ziehen. Der Ausgang des Films erlaubt es.
Sei es drum, ich würde mich freuen, denn der dritte Teil konnte mich genau wie die Vorgängern begeistern. Über den schwachen Dracula-Verschnitt und die enttäuschende Story sehe ich großzügig hinweg. Denn über bleibt immer noch ein verdammt cooler Blade, der etlichen Vampiren den Hintern versohlt und zwei neue Charaktere, die ich gern wiedersehen würde.
David S. Goyer Regiedebüt überzeugt, dank der ausführlichen Studie der Vorgänger. Er zieht Nutzen aus den Fehlern Norringtons und Del Toros, lässt aber leider keinen eigenen Stil erkennen. Das ist in sofern nicht schlimm, denn inszenatorisch gibt es an „Blade: Trinity“ ebenfalls nichts auszusetzen.
So bleibt ein mit coolen Onelinern bestücktes Actionfeuerwerk, das viel mehr Stärken als Schwächen aufweist und aufgrund seiner Vorgeschichte in kommerzieller Hinsicht zu unrecht nicht seinen beiden Vorgängern folgen kann. Rein da, aber hurtig.